Essen/Lyon. . Die portugiesische Elf gewinnt durch Tore von Ronaldo und Nani gegen Außenseiter Wales und zieht so als erste Mannschaft ins diesjährige Endspiel ein.

Vielleicht ist Cristiano Ronaldo irgendwann ganz heimlich mal auf die Basilia Notre-Dame de Fourvière in Lyon geklettert. Kein anderer Punkt bietet in der drittgrößten Stadt Frankreichs am Zusammenfluss von Saône und Rhône eine so beeindruckende Aussicht wie die viertürmige Kirche auf dem gleichnamigen Hügel. Ähnlich prächtig ist jetzt die Perspektive für Portugal und seine Stilikone. Ausgerechnet „CR7“ hatte im zum Duell der Superstars hochstilisierten Halbfinale gegen die von Gareth Bale angeführten Waliser Kopf und Fuß im Spiel, so dass sich die Portugiesen mit einem 2:0 (0:0)-Erfolg für das Endspiel in Paris qualifizierten. Erst köpfte der 31-Jährige selbst das 1:0 (50.), dann gab er die Vorlage zum 2:0 von Nani (53.). Der Beau von der Blumeninsel Madeira hat im Stade de Lyon genau solch ein Match hingelegt, wie er es liebt: sich selbst ins Rampenlicht zu rücken und der Fußball-Welt sein Können zu zeigen. Ganz nebenbei stellte der dreimalige Weltfußballer mit seinem 61. Treffer im 132. Länderspiel auch den Rekord von Michel Platini als neunfacher EM-Torschütze ein. Portugals Kapitän bleibt der Mann mit eingebauter Torgarantie.

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    Gegner für Portugal wird nun entweder Frankreich und Deutschland sein. Lange galt das Ensemble von Trainer Fernando Santos als grün-rote Wundertüte. Aber für den Ernstfall – nach fünf unentschiedenen Spielständen nach regulärer Spielzeit – haben die Portugiesen sich zum richtigen Zeitpunkt aufgerichtet. Und stehen zum ersten Male seit der Heim-EM 2004 wieder in einem EM-Finale. Vor allem der von seinen Kritikern schon voreilig verabschiedete Ronaldo kann jetzt von der Krönung auf einer anderen Ebene träumen, nachdem er im Verein gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt:

    „Ich habe nie die Tatsache verheimlicht, dass ich es lieben würde, mit dem Nationalteam die Trophäe zu gewinnen.“
    Noch vor Spielbeginn gab es die erste Aufregung, als sich bei der Aufstellung fürs obligatorische Mannschaftsfoto bei Portugal eine Person schlich, die dort eigentlich nicht hingehörte – Ronaldo hatte ihn frohgelaunt mit aufs Bild gelassen. Alsbald blickte natürlich zunächst alles auf die zwei Heroen von Real Madrid. Ronaldo fiel zuerst einmal theatralisch (3.) oder deutete einen Fallrückzieher an (10.). Dafür ertönten bereits „Cristiano-Ronaldo“-Sprechchöre. Klubkollege Bale hatte zwischen der 19. und 23. Minute drei gelungene Aktionen. Der 26-Jährige machte mit seinen Tempodribblings deutlich, dass Torgefahr nur mit seinem Mitwirken erzeugt werden konnte. Es sollten bis Spielende seine besten Szenen bleiben.

    Nani trifft zum 2:0

    Das walisische Team, für den deutschen Mittelfeldspieler Toni Kroos „die Mannschaft des Turniers“, blieb ohne den gesperrten Aaron Ramsey zu viel schuldig. Und so kam eine wenig erbauliche erste Hälfte heraus. Bei den Portugiesen war ja ohnehin bis dahin bekannt, dass sie nicht zu den Schönspielern der Euro zählen, obwohl sie ja die technische Befähigung mitbrächten. Es dauerte bis zur 44. Minute, ehe Ronaldo mit einem Kopfball für ansatzweise Torgefahr sorgte. Ansonsten hatte er mit dem kahlköpfigen Verteidiger James Collins – kam für den gesperrten Ben Davies - einen erbitterten Gegenspieler, der rein optisch wie das größtmögliche Kontrastprogramm wirkte.

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      Für die zweiten Halbzeit durften sich vor allem die Portugiesen, bei denen Bruno Alves, Danilo Pereira und Guerreiro für Eliseu (Bank), Pepe (muskuläre Probleme im Oberschenkel) und William Carvalho (Gelb-Sperre) aufgelaufen waren, angesprochen fühlen, mehr Offensivpower einzusetzen. Was denn auch dank ihrer Nummer sieben gelang. Fürwahr beeindruckend, welche Kopfballtechnik Ronaldo einsetzte, um nach einem kurz ausgeführten Eckstoß mit einer Guerreiro-Flanke die Kugel in die Maschen zu wuchten. Wie sich der 1,85-Meter-Mann dabei in Horst-Hrubesch-Sphären schraubte, löste vor allem in den Zeitlupen Bewunderung aus. Nach dem erlösenden 1:0 vergingen nur drei Minute, da übernahm Ronaldo einen Abpraller, um den Ball hart in die Mitte zu stellen – Nani stand goldrichtig und markierte wie Ronaldo seinen dritten Turniertreffer. Jetzt drehte die Diva erst so richtig auf: Bei einem der gefürchteten Ronaldo-Freistöße (63.) oder einem Konter (86.) war sogar das 3:0 für ihn möglich. Aber wer weiß: Womöglich hat sich Portugals Matchwinner vom Mittwochabend weitere Taten ja für den Sonntagabend im Stade de France aufgehoben.