Ascona. . Bis Dienstag 24 Uhr muss Joachim Löw der Uefa seinen EM-Kader mitteilen. Vier Spieler dürfen nicht mit. Der Bundestrainer hat mehrere Sorgenkinder.

Es regnet. Mal ein paar Nieseltropfen, mal ein kleiner Schauer, mal gießt es auch wie aus Eimern. Am Tag nach dem Wolkenbruch-Spiel in Augsburg, das die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zu allem Überfluss auch noch mit 1:3 gegen die Slowakei verloren hatte, kann man im sonst so sonnigen Ascona zwar nicht von einem erneuten Unwetter sprechen. Aber wirklich vielversprechend klingt der Wetterbericht für die kommenden Tage bis zur Abreise des DFB-Teams auch nicht. Dienstag: Regen. Mittwoch: Regen. Donnerstag: Regen. Und Freitag: Regen.

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Von dunklen Wolken über dem Quartier der Nationalmannschaft kann man an diesem Montag auch ohne Google-Wetterdienst ganz trefflich fabulieren. Denn einen Tag bevor Joachim Löw der Uefa bis Mitternacht seine Liste mit 23 Spielern zukommen lassen muss, hat der Bundestrainer noch sehr viel mehr Sorgen, als ihm lieb ist. Besonders der Fitnesszustand seiner Leistungsträger bereitet Löw Kummer. Deswegen setzte sich der Trainer am Montag mit DFB-Arzt Hans-Wilhelm Müller Wohlfahrt und der medizinischen Abteilung zusammen, um „eine gemeinsame Standortbestimmung“ zu machen.

„Die Mediziner entscheiden manchmal beim einen oder anderen Spieler mit“, gab Löw offen zu.

Reus und Bellarabi angeschlagen

Klar ist bislang nur, dass die Mannschaft doch sehr viel länger als ursprünglich angenommen auf Innenverteidiger Mats Hummels verzichten muss, womöglich sogar in den ersten beiden Vorrundenspielen gegen die Ukraine und Polen. Weil aber auch der Heilungsverlauf von Bastian Schweinsteigers rechtem Knie im Ungefähren bleibt, hat der Bundestrainer nun ein echtes Dilemma. Denn beide Rekonvaleszenten dürfte er im Falle einer Verschlimmerung laut Uefa nach dem ersten Gruppenspiel nicht mehr ersetzen. Dies könnte deswegen zum Problem werden, weil Löw mit Marco Reus und Karim Bellarabi weitere angeschlagene Profis hat.

Nach dem medizinischen Gipfeltreffen im Hotel Giardino muss also entschieden werden, ob man guten Gewissens das Risiko eingehen kann, gleich mehrere ramponierte Spieler mit nach Frankreich zu nehmen. „Ich benötige zwei Mannschaften für dieses Turnier: Eine Mannschaft bis zum Achtelfinale – und dann eine zweite Mannschaft“, hatte Löw der „Süddeutschen Zeitung“ bereits vor der Vorbereitung in Ascona gesagt.

Wie bei der WM in Brasilien könne er sich eine Art Jobsharing vorstellen. „Aus unserer Perspektive gibt es bei dieser EM zwei sehr unterschiedlich Phasen. Die erste Phase ist geprägt von unseren Gruppengegnern: Ukraine, Polen, Nordirland“, erklärte Löw. „In der zweiten Turnierphase treffen wir dann vielleicht auf Belgien, auf Italien, auf Spanien – die spielen, und die wollen gewinnen. Und da gibt es folglich ein ganz anderes Spiel.“

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Und dann sollen Leistungsträger wie Hummels und Schweinsteiger auf dem Platz stehen können.

Im Hinblick auf die Entscheidung, welche vier Spieler Löw also nach Hause schickt, vereinfacht sich das Casting allerdings keineswegs. Denn der Test gegen die Slowakei brachte nicht den gewünschten Mehrwert an Erkenntnissen.

Beim 1:3 in Augsburg konnte sich keiner der üblichen Verdächtigen (Kimmich, Brandt, Weigl, Sané, Rudy, Can, Draxler, Bellarabi, Schürrle) nachdrücklich für einen endgültigen Kaderplatz empfehlen. Allerdings boten sich die äußeren Umstände auch eher für eine Bewerbung bei der Wasserball-Nationalmannschaft an. Im Wettschwimmen durfte sich immerhin Draxler, der eine sehr wechselhafte Bundesligasaison in Wolfsburg hinter sich hat, über gute Haltungsnoten freuen. Neuling Kimmich konnte sich dagegen nicht für sein EM-Seepferdchen empfehlen.

Bessere Aussichten für Evian

Schlechtes Wetter, viele Verletzte und ein ins Wasser gefallener Test – die Prognose für eitel Sonnenschein in Frankreich könnte besser sein. Doch es gibt auch ein paar Lichtstrahlen am Horizont: Denn erstens waren die Voraussetzungen bei der Vorbereitung auf die WM vor zwei Jahren auch nicht besser – das Ende ist bekannt. Und zweitens: Für das EM-Quartier in Evian-les-Bains sind für die kommende Woche 24 Grad, blauer Himmel und Sonne satt vorhergesagt.