Berlin. Vom DFB-Pokalfinale war in Berlin wenig zu spüren. Einige Fans hatten sich dennoch auf den Weg gemacht, um etwas Finalluft zu schnuppern.

Eine knisternde Atmosphäre und Fans, die schon tagsüber an zahlreichen Orten in der Stadt feiern: Davon ist an diesem Samstag in Berlin nichts zu spüren. Egal ob am Alexanderplatz, entlang des Ku'damms oder in der Nähe des Brandenburger Tores – das gewohnte Fußballfest angesichts des DFB-Pokalfinals im Olympiastadion bleibt schon tagsüber aus. Klar, aufgrund der Corona-Pandemie dürfen auch zum Endspiel keine Zuschauer in das mehr als 74.000 Zuschauer fassende Stadion, das sonst zu diesem Anlass immer ausverkauft ist. „Das Wichtigste, die Seele fehlt“, hatte DFB-Präsident Fritz Keller bereits im Vorfeld bedauert.

Stattdessen geht an diesem Tag in den Einkaufsstraßen der Hauptstadt alles seinen gewohnten Gang. Wo sonst in der Vergangenheit Fanfeste stattgefunden haben, bei denen sich die Anhänger der Finalisten friedlich auf das Duell am Abend einstimmten, stehen diesmal Menschen Schlange vor den angesagtesten Läden der Berliner Innenstadt. Trikots des FC Bayern München und Bayer Leverkusen sind kaum zu sehen, ein Bayer-Fan mit dem Namen „Havertz“ auf dem Rücken erntet von den vorbeilaufenden Passanten eher verwunderte Blicke nach dem Motto: „Ach ja, da war ja was.“

Auch interessant

Ähnlich sieht die Szenerie wenige Stunden vor Anpfiff am Stadion aus. Auf dem Olympischen Platz, der sonst regelmäßig schon am Nachmittag ein beliebter Treffpunkt für die Anhänger der beiden Teams ist, herrscht gähnende Leere. Stattdessen stehen vereinzelte Polizeiwagen rund um das Stadiongelände und Motorradfahrschüler drehen ihre Runden.

Wenige Menschen in Trikots in Berlin

Das ändert sich erst gegen 18 Uhr. Voll wird es zwar längst nicht, plötzlich sind jedoch einige Menschen in roten Trikots zu sehen, die am berühmten Osttor des Stadions, über das die Olympischen Ringe thronen, entlanglaufen und Fotos schießen. Christoph Mölleken (58) und seine Tochter Berenike etwa, die eigentlich aus Köln kommen – und sich am Morgen nur für das Finale, das sie nicht im Stadion sehen können, auf die fast 600 Kilometer lange Strecke gemacht haben.

Empfohlener externer Inhalt
An dieser Stelle befindet sich ein externer Inhalt von X, der von unserer Redaktion empfohlen wird. Er ergänzt den Artikel und kann mit einem Klick angezeigt und wieder ausgeblendet werden.
Externer Inhalt
Ich bin damit einverstanden, dass mir dieser externe Inhalt angezeigt wird. Es können dabei personenbezogene Daten an den Anbieter des Inhalts und Drittdienste übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung

Beide sind glühende Bayern-Fans. „Wenn wir schon nicht die Meisterschaft miterleben können, wollten wir zumindest beim Endspiel so nahe dran sein wie möglich“, erklärt der Vater, der im Gegensatz zu seiner Tochter schon häufig beim Finale im Stadion weilte. Überzeugungsarbeit musste er bei der 25-Jährigen aber nicht leisten: „Ich habe sofort zugesagt“, lacht sie. Ihrem optimistischen 4:1-Tipp will sich Christoph Mölleken aber nicht anschließen: „Ich glaube, dass es weniger deutlich wird, als die meisten erwarten. Aber Bayern gewinnt 2:1.“

Auch interessant

Mit dem Rekordmeister hält es auch Canyon Hillert. Der 13-Jährige ist mit seinem Vater für ein Wochenende in Berlin – dass das Pokalfinale an diesem Wochenende ebenfalls stattfindet, ist ein glücklicher Zufall. „Wir haben gesagt, dass wir uns das dann einfach mal ansehen wollen. Und vielleicht kann man ja noch einen Blick auf den Bus erhaschen“, sagt sein Vater Christian (53). Mit seinem Sprössling war er tagsüber schon in der Stadt unterwegs – und hat eine deutliche Meinung zur Atmosphäre in der Stadt: „Trostlos, wie schon die gesamte Saison seit der Pause.“ Das Spiel schauen sie später gemeinsam im Hotel.

HSV-Fan soll im Notfall schlichten

Auf dem Weg zu einer Kneipe ist dagegen ein Trio, das sich eigens aus Flensburg auf den Weg nach Berlin gemacht hat. Max Hanisch (30) im Leverkusen-Trikot, Henning Evers (24) im Bayern-Dress und Florian Kischel (26) – der als Fan des Hamburger SV im Notfall zwischen den beiden Kontrahenten schlichten soll. Initiiert hat die Reise Hanisch – oder besser dessen Frau. „Ich habe mir nach dem letzten Finale geschworen, dass ich dann in Berlin bin – egal, ob ich Karten bekomme oder nicht“, erzählt er. 2009 stand Leverkusen das letzte Mal im Endspiel, die Corona-Krise warf die Pläne nun eigentlich über den Haufen. Doch Hanischs Frau hätte ihn an seinen ursprünglichen Traum erinnert und gesagt: „Ihr seid im Finale, also fährst du nach Berlin.“ So stand der Trip in die Hauptstadt schnell. „Wir waren an den Mannschaftshotels und wollen hier jetzt zumindest etwas Luft schnuppern“, sagt Hanisch, der sich zudem optimistisch gibt, was den Ausgang betrifft: „Ein Tor mehr als die Bayern“, grinst er.