Dortmund. Wähnte sich der BVB bereits nach der Heimpleite gegen Hamburg, mindestens aber nach dem 1:2 in Köln am Tiefpunkt, so müssen wir festhalten, dass es eben noch eine weitere Etage im Untergeschoss gibt und alle Saisonsziele über den Haufen geworfen worden sind, mein Kolumnist Christoff Strukamp.

Vier Niederlagen in Folge, sechs Bundesligaspiele ohne Sieg. Was sich wie die Bilanz eines Abstiegskandidaten liest, ist die Wirklichkeit die Bilanz von Borussia Dortmund. Ergebniskrise, Misere, Durststrecke. Es gibt viele Worte, die das beschreiben, was der BVB gerade durchlebt. Fernab der Sternstunden in der Königsklasse – fernab des höchsten Champions-League-Auswärtssieges in der Dortmunder Vereinsgeschichte am vergangenen Mittwoch in Istanbul – durchlebt Schwarzgelb zur Zeit die wohl schwerste Krise in der Ära Klopp. Wähnte sich der BVB bereits nach der Heimpleite gegen Hamburg, mindestens aber nach dem 1:2 in Köln am Tiefpunkt, so müssen wir festhalten, dass es eben noch eine weitere Etage im Untergeschoss gibt. Das 0:1 am vergangenen Samstag hat sämtliche Saisonziele für die nächsten Wochen über Bord geworfen.

Längst geht es nicht mehr um den schnellsten Weg zurück in die Spitzengruppe der Bundesliga, es geht zunächst einmal nur noch darum, den Negativtrend der letzten Wochen zu stoppen. Irgendwie und bitte nicht irgendwann. Sondern am Besten schon am kommenden Samstag. In München.

Defensiv besser — und vorne mit Torchancen

Es liegt in der Natur der Sache, in aller Emotioanlität und Leidenschaft begründet, dass auch heute – zwei Tage später - niemand hören möchte, dass sich der BVB gegen Hannover deutlich verbessert präsentierte, als noch gegen Köln oder gegen Hamburg. Dass man defensiv deutlich besser stand und sich vorne endlich wieder echte Torchancen erspielte. Bei der aktuellen Durststrecke, die der BVB durchlebt, gibt sich niemand mit zwei Tropfen Wasser zufrieden. Das ist in Ordnung und in Anbetracht von Potential und Leistungsbereitschaft auf internationalem Parkett völlig nachvollziehbar. Aber ohne gänzlich ignorieren zu wollen, dass der nächste Bundesliga-Gegner Bayern München heisst und ohne die Leser hier mit zu viel ausschweifender Rhetorik nerven zu wollen: Wo zwei Tropfen Wasser herkommen, gibt es meistens noch viel mehr.

Das mag angesichts der Tabelle und der schwarzgelben Punkteausbeute etwas verzweifelt oder nach einer weiteren Durchhalteparole klingen, aber was sollen wir Fans denn sonst tun? In den Chor miteinstimmen, der BVB verliere nicht nur Spiele, sondern auch alle Argumente für den Verbleib seiner Topstars, wenn es am Ende nicht mehr für die Champions-League reicht? Jenen Experten zustimmen, die nun damit anfangen unseren Trainer und unsere Mannschaft durch den Dreck zu ziehen? Nein. Niemals. Denn wie schon die Südtribüne am Samstag treffend feststellte: “Sechs große Jahre verspielt man nicht in sechs Spielen”. Und genau dies macht den BVB derzeit aus.

Auch nach Tiefschlägen Ruhe bewahren

Wir alle wissen, wo der BVB herkommt. Hier gibt niemand seine Dauerkarte ab, wenn wir nächstes Jahr eben nicht gegen Arsenal oder Real Madrid spielen. Sehr wahrscheinlich steht zur Zeit wirklich viel auf dem Spiel. Viel Renomée, viel Geld sowieso, aber bei Weitem nicht so viel, um “alles” zu sagen. Denn das, was diesen Verein ausmacht, all die Märchen und Geschichten, die er in den letzten sechs, aber auch in den 99 Jahren zuvor geschrieben hat, enden nicht, weil ein gut getretener Freistoß ins Tor fällt oder der Ball vorne vom gegnerischen Keeper an die Latte, an den Pfosten oder am Tor vorbei gelenkt werden. Vielleicht ist im Fußballgeschäft wenig Platz für so viel Romantik, aber all der trotzige Applaus vom letzten Samstag, vom vorletzten Samstag und vom Samstag davor, lassen mich hoffen, dass wir Dortmunder auch nach dem jüngsten Tiefschlag die Ruhe bewahren. Denn bitte, liebe Leute: Wo, wenn nicht hier in Dortmund, wissen wir Menschen, dass jede Durststrecke früher oder später wieder am Tresen enden wird?

(27.10.14 – Christoff Strukamp – die-kirsche.com)