Dortmund. . Vor dem DFB-Pokalspiel am Dienstag beim Zweitligisten FC St. Pauli muss sich Borussia Dortmunds Trainer als Psychologe erweisen. Vier Bundesligapleiten in Folge haben dem Selbstvertrauen einen gehörigen Knacks versetzt. Klopp will seinen Spielern wieder ihre eigenen Stärken vor Augen halten.

Der uneingeschränkten Zuneigung ihrer Anhänger können sich die sportlich so geschundenen BVB-Kicker sicher sein. Der pflichtbewusste Besuch vor der Südtribüne, wenn wie am letzten Samstag gegen Hannover schon wieder im eigenen Fußball-Tempel ein Spiel verloren gegangen ist, wirkt bei den geknickten Helden schon mal wie ein Termin bei rund 20.000 Psychotherapeuten gleichzeitig. Die Botschaft: Natürlich bereitet uns die missliche Lage in der Bundesliga keine Freude, aber wir stehen das gemeinsam durch.

Als die Herren Reus, Hummels und Co. am Montag zu ihrer Krisenbewältigung und Vorbereitung auf das DFB-Pokalspiel am Dienstag beim FC St. Pauli (20.30 Uhr/ARD und im Live-Ticker) am Trainingszentrum im Dortmunder Industriegebiet Brackel zusammenkamen, herrschte andächtige Ruhe auf der Anlage. Normal wird es um einen Verein wie den BVB niemals leise, aber vier Niederlagen in Folge, was es zuletzt vor mehr als 14 Jahren in Dortmund gab, drücken doch heftig aufs Gemüt. Bei allen Beteiligten, den Spielern sowie dem Trainerstab und natürlich auch beim Anhang. „Nicht jede Niederlage ist gleich“, erklärt Jürgen Klopp, „bei der nächsten hat man die letzte im Gepäck – sie schlägt dann anders ein.“

Das knallharte Bundesligageschäft sieht in solchen Situationen eine Diskussion vor, ob der Trainer noch die Mannschaft erreiche, ob er überhaupt noch der richtige sei. Davon ist man in Dortmund weit weg, auch wenn Jürgen Klopp einräumt, „dass in dieser Situation über alles gesprochen wird“, auch über seine Entscheidungen. Nun wird die Bedrohung angesichts der schwachen Punktausbeute und Platz 15 im Ruhrgebiet nicht verkannt, aber der Trainer wundert sich doch, dass „es bei uns heißt, ob wir noch die Champions League erreichen, während bei jeder anderen Mannschaft eher vom Abstiegskampf gesprochen wird.“

Champions League kein Thema

Die allgemeine Erwartungshaltung, „solche Pakete, die von außen geschnürt werden“, wirkten sich negativ auf die Konzentration aus, die aktuell in Dortmund nur dem nächsten Spiel gelten dürfe. Mit dem einst „logisch gesteckten und nicht überfordernden“ Saisonziel, dem Erreichen der Königsklasse, „müssen wir uns bis ganz weit in der Zukunft nicht beschäftigen.“ Da mögen die letzten Auftritte gegen Europas Fußballadel noch so exquisit gewesen sein.

Mit dieser Eindimensionalität versucht Klopp bewusst, die angeknackste Psyche seiner Spieler wieder in den Griff zu bekommen: „Wenn etwas leicht von der Hand geht, macht es automatisch mehr Spaß. Bei uns ist es aktuell Arbeit und der Kampf um Leichtigkeit.“ Besser war gegen die Niedersachsen noch nicht gut genug, die letzte Steigerung soll nun gegen St. Pauli der Glaube an die eigenen Fähigkeiten bringen. „Wir müssen ein positives Selbstbild bewahren, unseren Mann stehen“, fordert Klopp. Nicht unbedingt vor dem Verlieren, „aber vor dem Nichtgewinnen ist die Angst sicher da.“

Somit gewinnt das heutige Spiel in Hamburg unerwartet an enormer Bedeutung. Der DFB-Pokal ist realistisch betrachtet Dortmunds einzige echte Chance auf einen Titel. Als Fanal dient die Partie jedoch nicht. Die Wende muss in der Bundesliga erfolgen, in der sich anders als in der Champions League zuletzt immer mehr Gegner erdreistet haben, der Dortmunder Herrlichkeit mit purem Defensivfußball zu begegnen. Am Samstag geht’s zu den Bayern nach München. Endlich wieder ein Gegner aus der Kategorie Königsklasse...