Dortmund. Borussia Dortmund hat durch die Kapitalerhöhung neue Millionen erschlossen. Doch der Geldsegen stößt nicht überall auf Gegenliebe. Vor allem der langfristige Verkauf der Namensrechte am Stadion stößt auf Kritik, schreibt Fan-Kolumnist Julian Bräker vom BVB-Fanzine “Die Kirsche“.
Im Grunde ist die 09 die schönste Zahl der Welt, symbolisiert sie doch das Geburtsjahr unseres Vereins und findet sich somit auf Fahnen, Schals und Trikots. Am Wochenende stand diese Zahl allerdings für einen Bundesligarekord, den der BVB im negativen hinnehmen musste: Das 1:0 für Bayer Leverkusen durch Karim Bellarabi nach 09 Sekunden, gleichbedeutend mit dem schnellsten Bundesligator aller Zeiten und der Initialzündung für eine 0:2 Heimniederlage.
Dem sportlich schwachen ersten Spieltag, dem jedoch ergebnistechnisch in gleicher Konstellation 2010/11 zum Titel führte, ging ein finanziell warmer Regen für den BVB voraus. Kapitalerhöhung und Einstieg von Puma und Signal Iduna, sowie die Verlängerung des Namensrechte für das Stadion bis 2026 sollen dem Verein ein langfristiges Wachstum und somit eine Annährung an den Branchenprimus FC Bayern bei gleichzeitiger Distanzierung der zahlreichen Verfolger bringen.
Fans sehen Geldregen kritisch
Was dem Verein in Medien und an der Börse ein nahezu durchweg positives Echo einbrachte, wurde bei den Fans deutlich kritischer gesehen. Deutlich wurden hier zwei Spruchbänder, die sicher vielen Fans aus dem Herzen sprach: „2005 – 2026: Prostitution statt Tradition. Für immer Westfalenstadion“ adressiert an den unliebsamen Stadionnamen sowie „Bald kommen nur noch die Reichen rein? Armer BVB!“ mit Bezug auf die einmal mehr nicht nur in Inflationshöhe erhöhten Ticketpreise.
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Hans-Joachim Watzke hatte im Zug der Pressekonferenz zur Kapitalerhöhung angekündigt, man wolle „die Bodenständigkeit nicht verlieren“. Gerade dies droht aber in den Augen vieler Fans. Nicht im Bezug auf die Investitionen in Steine und Beine, sondern in der Beziehung zur Basis. Nicht selten wurde in den vergangenen Monaten bemerkt, dass es dem BVB gut tun würde, denjenigen Fans, die auch in schweren Zeiten die Treue gehalten haben, etwas zurückzugeben und nicht nach der Maßgabe „auf eine abgegebene Dauerkarte folgen zehn neune Anfragen“ vorzugehen.
Einnahmen in die Fans investieren
Warum also nicht die gestärkte Finanzkraft nutzen, um in die eigenen Fans statt nur in Spieler und Infrastruktur zu investieren? Damit sei nicht der als „FanWelt“ titulierte neue Fanshop mit Ticketschalter gemeint, sondern vielmehr ein Verzicht auf die alles andere als nur inflationsbedingte Erhöhung der Ticketpreise, eine Reduzierung der im Ligavergleich hohen Portokosten von 6 € pro Ticketbestellung oder eine Verringerung der Kosten für Anrufe bei der Tickethotline. Der finanzielle Schaden für den BVB dürfte sich bei derlei Maßnahmen in Grenzen halten, gerade wenn man die Einnahmen in Relation setzt. Es dürfte aber dazu beitragen, dass man dem Verein die für sich selbst propagierte „Bodenständigkeit“ auch wieder abnimmt.
„Südtribüne Dortmund“ sorgt für kontroverse Diskussionen beim Borussentreff
Im Rahmen des traditionellen Borussentreffs im Westfalenstadion standen einerseits das wichtige Thema „Bekämpfung des Rechtsextremismus beim BVB“ und ein von The Unity vorgestelltes Konzept unter dem Namen „Südtribüne Dortmund“ im Mittelpunkt.
Während beim ersten Thema, das die Vorstellung einer Untersuchung des Rechtsextremismus im BVB-Umfeld beinhaltete, klare Einigkeit herrschte und ein Auftrag an den BVB, diese Tendenzen weiter zu bekämpfen stand, wurde das zweite Thema deutlich kontroverser diskutiert. Das von fünf Sprechern von The Unity vorgestellt Netzwerk „Südtribüne Dortmund“ soll eine Interessenvertretung der Fans, aber auch eine finanzielle Grundlage für Choreografien sein.
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Mit einem Jahresbeitrag von 10 € erhalten Mitglieder ein Stimmrecht bei Versammlungen, aber auch Fanartikel sollen unter dem Namen „Südtribüne Dortmund“ vertrieben werden. Das Netzwerk soll durch eine hohe Mitgliederzahl eine starke Stimme dem BVB gegenüber sein, gerade in kritischen Fragen wie dem Sicherheitskonzept. Durch die Mitgliedsbeiträge und den Verkauf von Artikeln soll eine finanzielle Grundlage geschaffen werden, die es ermöglicht, auch kurzfristig Choreos zu erstellen, beispielsweise nach einer Auslosung der KO-Phase in der Champions League.
Ultras konnten Bedenken nicht ausräumen
Kritik kam vor allem an dem Beitrag von 10 €, der in der Vorstellung den Eindruck erweckte, als würde man sich damit ein Stimmrecht verkaufen. Diese Kritik wiesen die TU-Sprecher von sich. Auch die Bedenken, dass der Verkauf von Shirts einerseits dazu führen kann, dass normale Fans wieder als Deckung für Pyromanen wie beim Derby dienen und andererseits viele geklaute Shirts in gegnerischen Fankurven auftauchen.
Eine echte Lösung oder Ausräumung dieser Bedenken konnten TU an diesem Abend nicht bieten, jedoch soll die offizielle Auftaktveranstaltung auch erst in einigen Wochen stattfinden, so dass Zeit bleibt, entsprechende Antworten zu geben.
Für The Unity ist das Netzwerk eine Chance, aber auch eine Bürde. Wenn andere Fans ernst genommen und ernsthaft einbezogen werden, dann kann „Südtribüne Dortmund“ zum Erfolg und unter anderem durch das Verhalten beim letzten Auswärtsderby verlorenes Vertrauen zurückgewonnen werden.
Man sollte dem Netzwerk eine faire Chance geben, insbesondere in der Anfangsphase. Die zahlreichen Kritikpunkte aus dem Borussentreff erscheinen nachvollziehbar, es liegt an den Initiatoren mit diesen umzugehen und tragfähige Lösungen zu finden.
Julian Bräker (www.gibmich-diekirsche.de); 25. August 2014