Bad Ragaz. Vor einem Jahr galt er als einer der Gewinner der Vorbereitung: Jonas Hofmann. Es folgten 26 Bundesliga-Einsätze, davon allerdings nur vier von Beginn an. Im großen Interview erklärt der 22-Jährige, warum er damit eigentlich zufrieden ist - in der kommenden Saison aber mehr erwartet.

In der vergangenen Saison hatte ich bei einem Online-Managerspiel unter anderem Jonas Hofmann in meiner Mannschaft. Würden Sie mir das dieses Jahr auch empfehlen?

Jonas Hofmann: Ja (lacht). Ich weiß, dass Mats (Hummels, Anm. d. Red.) mich auch hatte, weil er wohl ein bisschen mehr noch erwartet hat. Dabei war es für mein erstes Jahr eigentlich ganz gut. Es ist ja nicht so, dass ich kaum gespielt habe. Für mich war das erste Jahr eine große Erfahrung und sehr lehrreich. Ich denke, dass Sie dieses Jahr in Ihrem Managerspiel noch mehr auf mich bauen können.

Sie galten vor einem Jahr als einer der Gewinner der Vorbereitung. Wie fällt in diesem Jahr die Bilanz aus?

Hofmann: Bis jetzt sieht es auf jeden Fall nicht schlechter aus als letztes Jahr. Einige sind verletzt, ein paar sind länger im Urlaub - dadurch war für uns Übrige klar, dass wir mehr spielen in der Vorbereitung. Und dass wir noch mehr im Fokus stehen, weil der Trainer eine kleinere Gruppe hat, die er besser überblicken kann. Bis jetzt ist alles perfekt gelaufen und ich hoffe, dass ich bis zum Ende verletzungsfrei bleibe.

Als ein weiterer Gewinner galt im vergangenen Jahr Marvin Ducksch, der inzwischen verliehen wurde. Auch Moritz Leitner und Leonardo Bittencourt, mit denen Sie in ihrer Debüt-Saison oft auf dem Platz standen, sind nicht mehr da. Ist es für junge Spieler schwieriger geworden, sich beim BVB durchzusetzen?

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Hofmann: Einfacher ist es sicher nicht geworden. Der Verein hat mit der Zeit immer größere Ansprüche, dadurch wird es für junge Spieler nicht leichter. Aber für mich ist trotzdem der Anspruch, den Schritt zu schaffen. Ich denke, da muss sich jeder einzelne junge Spieler selbst fragen, ob er sich das zutraut, es hier zu schaffen oder nicht. Und ich traue es mir auf jeden Fall zu.

26 Spiele, davon vier von Beginn an - das war ihre Bilanz nach der ersten kompletten Profi-Saison. Das wollen Sie doch sicher steigern?

Hofmann: Klar. Ich möchte meine Spielzeit erhöhen und auch mehr Spiele von Beginn an machen. Wobei ich ja eben schon gesagt habe: Für mein erstes Bundesligajahr und dann auch noch bei Borussia Dortmund ist es trotzdem beachtlich, so viele Einsätze zu haben. Es soll sich alles in Ruhe entwickeln.

Bislang blieb Ihnen aber meist die Rolle des Ersatzspielers. In der Hinrunde haben sie nach ihren Einwechslungen fast immer für Furore gesorgt, in der Rückrunde hat das längst nicht mehr so gut funktioniert. Warum?

Hofmann: Vielleicht habe ich am Anfang, als ich neu war, noch ein Stück weit befreiter aufspielen können und es fiel mir etwas leichter. Ich weiß nicht genau, warum es gegen Ende dann nicht mehr so gut gelaufen ist, das passiert wohl eher im Unterbewusstsein, dass man sich vielleicht zu viele Gedanken macht. Geplant war das anders. (lacht)

Hofmann über Druck und die BVB-Neuzugänge 

Setzt man sich da zu sehr unter Druck, weil man dem Trainer in der kurzen Einsatzzeit beweisen will, dass man auch von Beginn an spielen könnte?

Hofmann: Ja, schon. Aber so gut, wie es am Anfang gelaufen ist, kann es auch nicht immer klappen. Vielleicht bin ich in der Hinrunde da noch ein bisschen ruhiger geblieben und habe nicht gedacht: Geh jetzt da rein und zeig alles, was du kannst. Sondern: Bleib ruhig, finde erstmal ins Spiel rein.

Zur neuen Saison hat der BVB einige hochkarätige Neuzugänge geholt, gerade auch für die Offensive. Was ist Ihr erster Eindruck?

Hofmann: So viel unterhalten kann man sich noch nicht mit ihnen. Ciro spricht bislang ja nur italienisch, wobei ich heute am Esstisch gehört habe, dass er schon ein paar Wörter gelernt hat...

Torschütze kann er schon, hat er uns verraten.

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Hofmann: (lacht) Ja, das kann er. Ji kann Englisch, versteht eigentlich alles, das klappt ganz gut. Und Adrian Ramos ist ein ganz, ganz Ruhiger und Netter, wobei er mit 28 schon eher älter ist. Alle drei sind noch ein wenig zurückhaltend, aber das ist ja völlig normal. Trotzdem bringen sie sich gut ein und wir versuchen auch, sie gut zu integrieren, weil sie ja für uns enorm wichtig sein werden. Vor allem in der Offensive, wo sie Lewy (Robert Lewandowsky, Anm. d. Red.) ersetzen müssen.

Gutes Stichwort. Was halten Sie denn sportlich von den Beiden?

Hofmann: Ji und Adrian habe ich ja schon in der Bundesliga gesehen, die kenne ich ja beide. Ji hat ja sogar gegen uns getroffen...

Zum 2:2 in seinem ersten Bundesligaspiel für den FC Augsburg...

Hofmann: Echt? Gut, das sagt ja alles. Und Adrian halte ich persönlich für einen richtig guten Stürmer, der bringt alles mit, was ein Stürmer braucht. Das hat man heute auch auf dem Trainingsplatz wieder gesehen. Ciro habe ich bislang leider nur bei der Weltmeisterschaft gesehen, da war ja leider Italien nicht so überzeugend. Von daher muss man abwarten, was möglich ist, wenn er sich richtig integriert hat.

Henrikh Mkhitaryan und Pierre-Emerick Aubameyang sind jetzt seit einem Jahr dabei. Erwarten Sie die beiden stärker als im ersten Jahr?

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Hofmann: Auf jeden Fall. Das erste Jahr in Dortmund hat den beiden richtig gut getan. Man sieht jetzt in der Vorbereitung, dass beide eine extreme Frühform haben. Ich glaube, dass die beiden eine richtig gute und wichtige Rolle spielen werden.

Für Sie persönlich bedeutet das aber wiederum zusätzlichen Konkurrenzdruck.

Hofmann: Bei einem Verein wie dem BVB wirst du es nicht erleben, dass du nur elf Spieler hast, die auf hohem Niveau spielen. Natürlich ist der Konkurrenzkampf groß, aber das ist normal in so einem Verein. Und natürlich ist es ein Ansporn, sich da durchzusetzen.

In Ihrem Alter ist Spielpraxis enorm wichtig, um sich weiterzuentwickeln. Sind Sie sicher, dass Sie die in Dortmund dauerhaft bekommen?

Hofmann: Deshalb hoffe ich ja, dass ich in dieser Saison mehr Spielzeit bekomme. Es ist natürlich nicht einfach, sich als junger Spieler in so einem Klub durchzusetzen. Aber wenn man seine Leistung bringt im Training und in der Vorbereitung, steht dem eigentlich nichts im Wege.

Hofmann über eine mögliche Ausleihe, Ginter und die Stadt Dortmund 

Wenn das nicht klappen sollte: Wäre es eine Option, ähnlich wie etwa Moritz Leitner, der zum VfB Stuttgart verliehen wurde, einen Schritt zurück zu einem kleineren Verein zu machen, um sich persönlich weiterzuentwickeln?

Hofmann: Überhaupt nicht. Ich habe ja erst letztes Jahr einen langfristigen Vertrag (bis 2018, Anm. d. Red.) unterschrieben. Das zeigt mir ja, dass der Verein mit mir plant. Ich bin auch erst 22, habe also noch Zeit, mich zu entwickeln. Ich hoffe natürlich, dass ich den Sprung so bald wie möglich schaffe. Aber über andere Klubs mache ich mir überhaupt keine Gedanken.

Immerhin drei Jahre sind Sie ja schon in Dortmund. Sie sind mit 18 Jahren als gebürtiger Heidelberger aus Hoffenheim nach Dortmund gewechselt. Wie groß war der Kulturschock?

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Hofmann: Am Anfang war es brutal. Ich musste ja auch erstmals in eine eigene Wohnung mit eigenem Haushalt. Die Schule kam auch noch hinzu. Ich war erstmals von Zuhause weg, musste neue Freunde finden - wobei das im ersten Jahr durch die Schule relativ einfach war. Es lief eigentlich alles ganz glatt - nur mit der Sprache am Anfang hat es ein bisschen gehapert. Aber mittlerweile verstehen mich fast alle hier. (lacht)

Und Sie können jetzt wiederum Matthias Ginter die Eingewöhnung erleichtern.

Hofmann: Genau. (lacht) Wir haben schon am Esstisch gerade wieder Ärger bekommen. Erik Durm ist ja jetzt auch wieder da. Wir sprechen ja eigentlich nur Dialekt und bekommen dann immer eins drüber von den anderen Jungs.

Ist denn Dortmund inzwischen Heimat geworden?

Hofmann: Ja. Es ist jetzt auch schon mein viertes Jahr. Ich bin kaum noch zuhause, ich bin ja eigentlich nur noch in Dortmund und komme auch immer wieder gerne zurück. Ich war jetzt auch froh, dass es wieder losgegangen ist und ich wieder nach Dortmund kommen konnte.

Was machen Sie in Dortmund, wenn Sie nicht auf dem Fußballplatz stehen?

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Hofmann: Ich gehe gerne gut essen, weil ich mich alleine oft nicht zum Kochen aufraffen kann. Und ich unternehme viel mit den Freunden, die ich in Dortmund gefunden habe, weil die mir sehr ans Herz gewachsen sind. Das ist im Moment eigentlich auch alles - außer Ausruhen in der Vorbereitung.

So wahnsinnig viel Zeit bleibt ja als Fußballer auch gar nicht mehr.

Hofmann: Gerade in der Vorbereitung ist man viel unterwegs, das stimmt. Und wir haben dann in der Saison etliche englische Wochen. Aber für Freunde bleibt trotzdem genug Zeit.

Einen besonderen Reiz für Fußballer bietet Dortmund sicher auch durch seine Fans. Man sieht Sie hier jeden Tag nach dem Training Autogramme schreiben, Sie sind meist als einer der letzten weg. Wie wichtig ist Ihnen das Verhältnis zu den Fans?

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Hofmann: Wenn man bedenkt, dass viele Leute hier extra für uns ihren Jahresurlaub verbringen, nehme ich mir dafür gerne noch eine halbe Stunde Zeit. Die Leute kommen nur, um uns Fußball spielen zu sehen - und freuen sich dann richtig, wenn wir uns nach dem Training hinstellen, Autogramme geben und Bilder machen.

Man würde die Fans ja auch gerne auf sportlichem Wege erfreuen. Sie waren in den vergangenen beiden Jahren zweimal sehr nah dran an einem Titel. Was ist das Ziel für dieses Jahr?

Hofmann: Das gleiche wie letztes Jahr: Irgendetwas in der Hand zu halten. Bald findet ja schon wieder der Supercup gegen Bayern München statt, den wir letztes Jahr gewonnen haben. Es wäre schön, wenn wir den direkt wieder in die Luft heben können. Aber wir wollen natürlich auch in der Meisterschaft und im Pokal wieder ganz vorne mitspielen. Und in der Champions League ist das erste Ziel die Gruppenphase zu überstehen. Und dann schauen wir, was geht.

Mit möglichst vielen Einsätzen von Jonas Hofmann?

Hofmann: Genau.