Dortmund. Kreuzbandriss, Ausfall für die komplette Rückrunde - mit Jakub Blaszczykowski hat sich erneut ein Leistungsträger von Borussia Dortmund eine langwierige Verletzung zugezogen. Zwar gibt es auf seiner Position einige Alternativen, dennoch ist die Verletzung ein harter Schlag für BVB-Trainer Klopp.
Natürlich hatte Norbert Dickel es ganz anders gemeint. "Lasst uns so weitermachen, wie wir die vergangene Saison beendet haben", rief der Stadionsprecher von Borussia Dortmund vor dem Spiel gegen den FC Augsburg ins Mikrofon. Und natürlich hatte er die Stimmung auf den Rängen gemeint und nicht die Ereignisse auf dem Rasen.
Spätestens nach vier Minuten aber konnte man nicht anders, als Dickels Aufruf als unheilvolle Vorahnung zu sehen - als sich nämlich Jakub Blaszczykowski schmerzverkrümmt über den Rasen wälzte. Kreuzbandriss lautete einen Tag später die Diagnose, verknüpft mit einer Ausfallprognose von rund sechs Monaten.
Das Endergebnis von 2:2 verschlechterte die Stimmung noch weiter - obwohl die durch den nächsten langfristigen Ausfall eines weiteren Leistungsträgers bereits ordentlich verhagelt war. "Mir tut das unheimlich leid für Kuba", sagte BVB-Kapitän Sebastian Kehl. "Das ist ein bitterer Schlag für ihn und für die Mannschaft natürlich auch, weil er ein unglaublich wichtiger Spieler für uns ist." Fast wortgleich äußerten sich die übrigen BVB-Spieler.
Kuba repräsentiert den Klopp-Fußball
Natürlich trifft der Ausfall auch BVB-Trainer Jürgen Klopp hart, denn Blaszykowski ist ein wichtiges Puzzlestück in seinem Personaltableau. Zwar ist ihm in dieser Saison durch Neuzugang Pierre-Emerick Aubameyang und Nachwuchsspieler Jonas Hofmann starke Konkurrenz erwachsen - doch in den wichtigen Spielen spielte meist doch der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft.
Das mag kaum verwundern, schließlich ist dieser ein Spieler, der den Klopp-Fußball repräsentiert wie kaum ein zweiter im Kader: schnell, schnörkellos im Offensivspiel, unermüdlich in der Defensive. Damit passt er perfekt in Klopps Spielkonzept, das vor allem auf Stabilität und schnellem Umschaltspiel fußt - zwei Aspekte, an denen im Wintertrainingslager erneut intensiv gearbeitet wurde.
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Zuletzt allerdings war Blaszczykowski im Angriffsspiel - wie die gesamte Mannschaft ineffektiv und etwas glücklos. Die ganz großen Geistesblitze und kreativen Momente, um eine tief stehende Defensive auszuhebeln, sind von ihm ohnehin nicht zu erwarten. Der Pole ist ein Sicherheitsspieler, einer, bei dem man sich keine Sorgen um die Balance zwischen Offensive und Defensive machen muss.
Klopp setzte zuletzt vermehrt auf Sicherheit
Und genau darum schätzt ihn Klopp, der sich, wenn er die Wahl hatte, zuletzt fast durchgängig für die Variante entschied, die mehr Sicherheit versprach - und dafür Abstriche im Offensivspiel in Kauf nahm. Auch gegen Augsburg stellte er lieber den zuverlässigen Sven Bender statt der zuletzt flatterhaften Manuel Friedrich oder Marian Sarr in die Innenverteidigung und nahm dafür in Kauf, dass Sebastian Kehl im Offensivspiel noch weniger ein Faktor war, als es Bender in der Regel ist. Als Rechtsverteidiger brachte er den stabilen Kevin Großkreutz statt des durchschlagkräftigen Lukasz Piszczek, der nach langer Verletzungspause zurück ist. Und auf der rechten Seite spielte eben Blaszczykowski statt der offensiv unberechenbareren, aber dafür defensiv unzuverlässigeren Aubameyang oder Hofmann - obwohl Aubameyang eine ordentliche Vorbereitung bestritten hatte.
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Der BVB hatte sich bislang in Sachen Wintertransfers sehr zurückgehalten und von kurzfristigen Verpflichtungen Abstand genommen. Jetzt könnten sich die Dortmunder doch noch einmal auf dem Spielermarkt umsehen. Manager Michael Zorc sagte den Ruhr Nachrichten: "Es gibt ein zwei Aspekte, die wir durchdenken werden". Auch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke bestätigte, dass der Klub noch einmal aktiv werden könnte. "Wir haben uns intern besprochen und sondieren den Markt. Ich will nicht ausschließen, dass wir nach Blaszczykowskis Verletzung noch einmal aktiv werden. Allerdings werden wir nur aktiv werden, wenn es Sinn macht, sowohl finanziell als auch sportlich", sagte Hans-Joachim Watzke der "Welt". Für den BVB-Geschäftsführer ist die Knieverletzung des Polen ein Desaster: "Unser Verletzungspech ist wirklich kaum zu fassen." Jürgen Klopp hatte eine Verstärkung des Kader unmittelbar nach dem Spiel noch als eher unwahrscheinlich bezeichnet.
Blaszczykowski profitierte 2012 von Götzes Verletzung
Der BVB könnte aber auch versuchen, das Verletzungspech mit einer internen Lösung abzufedern. So ist der Ausfall des Flügelflitzers Blaszczykowski vor allem eine Chance für Neuzugang Aubameyang. Der hat zwar bereits neun Saisontore erzielt, dennoch nicht restlos überzeugt. Gerade in der Defensive und im Zusammenspiel mit den Kollegen zeigt der Gabuner Schwächen, noch steht der Beweis aus, dass er im Kopf ebenso schnell ist wie mit den Füßen.
Doch auch Blaszczykowski profitierte einst vom langfristigen Ausfall eines Konkurrenten: Erst als Mario Götze in der Saison 2011/2012 an einer langwierigen Schambeinentzündung laborierte, kehrte der Pole in die Stammelf zurück - und war dank seiner starken Leistungen fortan nicht mehr wegzudenken.