Bad Ragaz. . In Armenien ist er ein Volksheld, der BVB hat für ihn 25 Millionen Euro hinblättern müssen - so viel wie für keinen Spieler zuvor. Darauf könnte sich Henrikh Mkhitaryan etwas einbilden. Tut er aber nicht. Im Trainingslager in Bad Ragaz gibt sich der BVB-Neuzugang volksnah. Und verspricht: „Dortmund soll keinen Cent bereuen“.
Fünfzehn Meter mögen das sein, vielleicht zwanzig, für die Henrikh Mkhitaryan (24) eine kleine Ewigkeit braucht. Ein Autogramm bitte, ein Foto, eine Umarmung, noch ein Foto, bitte lächeln. Viele Menschen finden sich ein, wenn Borussia Dortmund irgendwo trainiert. So ist es auch im Trainingslager in Bad Ragaz. Touristen, Einheimische, Fans – sie alle wollen etwas abhaben von diesem BVB und seinem neuen Star Henrikh Mkhitaryan, dem teuersten Spieler, den der westfälische Klub jemals verpflichtet hat. Er lächelt etwas scheu. Und schreibt seinen Namen Schwarz auf Gelb.
Orange war bis zu diesem Sommer seine Farbe, es ist die des ukrainischen Meisters Schachtjor Donezk. 25 Millionen Euro kostete es die Dortmunder Macher, den Spielmacher loszueisen. Nun soll er seine Tore und Vorlagen für den BVB abliefern.
Nebenbei studiert Mkhitaryan Wirtschaft
Henrikh Mkhitaryan sitzt im Mannschaftshotel. Es ist ein großer Raum mit hellem Holz an den Wänden und einem dicken Teppich auf dem Boden. Mkhitaryans Worte drohen irgendwo dazwischen verschluckt zu werden. Er spricht leise, gestikuliert zurückhaltend. „Es ist nicht so leicht, in eine neue Mannschaft hineinzukommen“, sagt er, „aber alle kümmern sich um mich. Das macht es mir leicht.“ Er wirkt wirklich erleichtert über diese Selbstverständlichkeit. Aber selbstverständlich scheinen die Dinge für ihn eben nicht zu sein. Als er sieben Jahre alt war, verlor er seinen Vater. Er starb an einem Hirntumor.
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Die vielen Millionen, die er gekostet hat, sind nirgends zu spüren. Keine Allüren, keine dicken Klunker, keine schnellen Autos, keine deutlich sichtbaren Tätowierungen. Seine Augen sind wach. So wie sein Verstand. Seine Mutter arbeitet für die Nationalmannschaft beim armenischen Fußball-Verband, seine Schwester als Assistentin im Büro des Uefa-Präsidenten Michel Platini. Mkhitaryan selbst spricht fließend Englisch, Französisch, Portugiesisch und Russisch, studiert an der Fern-Universität in St. Petersburg Wirtschaftswissenschaften.
Seine Mitspieler nennen ihn "Micki"
In seiner Heimat Armenien, einem Land mit gerade einmal rund drei Millionen Einwohnern, ist er ein Held. Jeder fünfte Zuschauer bei der BVB-Übertragung des Testspiels in Basel am Mittwoch saß in Armenien. Das bedeutet ihm viel. Die Kinder seines Landes sollen wissen, dass sie es zu etwas bringen können, wenn sie daran glauben. Er will ihnen mit seinem Fußball diesen Glauben geben.
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Er ist ein schneller Fußballer, präzise, trickreich. Zumindest den ersten Eindrücken im Training nach. Der Ball ist sein Freund, seine Mitspieler, die ihn „Micki“ rufen, werden es noch werden. Im Training sieht er aus, als würde er sich wohlfühlen bei seinem neuen Verein. „Ich habe mit dem Herzen entschieden“, begründet der 24-Jährige die Entscheidung für Dortmund und gegen das mitbietende Liverpool. „Liverpool hat eine große Vergangenheit, aber der BVB hat eine große Gegenwart. Ich bin gekommen, um zu helfen.“ Helfen, die ambitionierten Ziele der Borussia zu erreichen.
Mkhitaryan hat hohe Ansprüche an sich selbst
Er freut sich auf diese Aufgabe, auf die Bundesliga, auf das eigene Stadion, das er aus dem Champions-League-Achtelfinale noch kennt. „Die Fans auf der Südtribüne, die Atmosphäre – das ist etwas Einmaliges“, sagt er. Er weiß, welche Sätze ein Profifußballer formulieren sollte, wenn er sich seinen neuen Anhängern vorstellt.
25 Millionen Euro sind eine Menge Geld, der Titel „teuerster Spieler der Vereinsgeschichte“ kann schwer wiegen. Henrikh Mkhitaryan weiß das. Er verspricht: „Ich werde alles geben, damit Dortmund keine Sekunde lang auch nur einen Cent bereut, den es in meine Verpflichtung investiert hat.“ Keine Sekunde, keinen Cent – der Mann mit der Rückennummer 10 seines Vorgängers Mario Götze hat hohe Ansprüche an sich selbst. Dann lächelt er ein herzliches Lächeln und zuckt etwas verlegen mit den Schultern. „Ich kann ja auch nichts dafür, dass ich so teuer geworden bin.“
Die vielen Menschen, die nach dem Training darauf warten, ein Autogramm ihres neuen auffällig unauffälligen Stars zu ergattern, hoffen, dass er das anders gemeint hat, als man es verstehen könnte.