Dortmund. . Borussia Dortmund schwimmt spätestens nach dem Transfer von Mario Götze zum FC Bayern München im Geld. Der Marsberger Klub-Boss Hans-Joachim Watzke wird damit die Zukunft gestalten - und immens in die Mannschaft investieren.
Die Nachricht kennt Hans-Joachim Watzke seit ein paar Tagen. Es ist der Zeitpunkt, der ihn umhaut, der ihm am Dienstagmorgen kurz den Boden unter den Füßen wegzieht. Der Geschäftsführer des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund verlegt Termine, schottet sich ab, lässt sein Telefon schellen. Er will nicht reden. Nicht vor dem Spiel.
Etwa 30 Stunden sind es noch bis zur ersten von zwei Halbfinal-Begegnungen in der Champions League mit Real Madrid. Ein schlechter Zeitpunkt, um in den Medien nachlesen zu können, dass Mario Götze (20), Dortmunds begnadetster, verehrtester, umworbenster Star, im Sommer gehen wird. Zu den Bayern aus München. „Wir sind natürlich über alle Maßen enttäuscht“, lässt Watzke in einer Pressemitteilung des Vereins übermitteln.
Schwarz-gelbe Welt erschüttert
Natürlich. Über alle Maßen. Ein Satz, der ahnen lässt, wie schwer diese Nachricht die schwarz-gelbe Welt, in der der 53-Jährige der Boss ist, erschüttert.
Watzke ist niemand, der vor Problemen davonläuft. Sonst wäre er nicht dort, wo er sich jetzt befindet. In der schwersten Stunde des Vereins, 2005, als der Klub nach Jahren der obszönen Misswirtschaft vor dem finanziellen Ruin steht, läuft der Sauerländer nicht nur nicht weg, sondern meldet sich freiwillig, um die Geschäfte zu übernehmen. Ein Himmelfahrtskommando. Das weiß er vor dem Amtsantritt. Nach dem ersten Arbeitstag muss er einsehen, dass das eine viel zu wohlwollende Einschätzung gewesen ist.
Mit sechs Jahren wird Watzke zum BVB-Fan, mit 18 weiß er, dass er den Verein einmal führen will. Mit 27 schließt er sein BWL-Studium ab, mit 30 macht er sich selbstständig. Seine Firma Watex mit Sitz in Marsberg, die Arbeitsschutzbekleidung herstellt, setzt längst Millionen um. Watzke ist ein Macher. „Ich bin nicht wirklich ein guter zweiter Mann“, sagt er über sich. Er liebt die Macht nicht der Macht wegen, sondern weil sie ihm die Möglichkeit gibt, gestalten zu können. Den Dortmunder Weg gestaltet er imposant.
Die Karriere von Mario Götze
Der kühle Kalkulierer führt den Klub binnen weniger Jahre aus dem „Vorraum der Pathologie“ bis in die höchsten Sphären des europäischen Vereins-Fußballs. Halbfinale, Madrid als Gegner, die Fußball-Welt blickt nach Dortmund. Mehr geht fast nicht.
Über 50 Millionen Euro hat der BVB in dieser Königsklassen-Saison bereits eingenommen, der Götze-Deal spült nun weitere 40 Millionen in die Kassen. Der Umsatz im Geschäftsjahr 2011/12 lag bei 215 Millionen Euro. Ein Plus von 42 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit Kipplastern könnten die Millionen derzeit in die Strobelallee gekarrt werden.
Bricht in Dortmund alles auseinander?
Watzke darf, Watzke muss, Watzke wird im Sommer mit den Millionen jonglieren wie kaum ein anderer Vereins-Chef im europäischen Fußball. Schließlich muss er zusammen mit Sportdirektor Michael Zorc und Trainer Jürgen Klopp ein Signal senden an die anderen begehrten Stars der Borussia, die sich dem Verein mit Verträgen langfristig versprochen haben in der Hoffnung, dass sie alle gemeinsam ihre Erfolgsgeschichte weiterschreiben. Mit Götze fehlt kein Mosaikstein, sondern ein dicker Juwel im schönen Bild.
Sein Weggang wird bei den Kollegen die Frage aufwerfen, wie es weitergeht. Was, wenn auch Stürmer Robert Lewandowski, ebenfalls von Bayern und dem Rest des europäischen Business umworben, schon im Sommer geht? Wohin führt der Weg des BVB dann? Bricht alles auseinander? BVB
Watzke weiß um die Befindlichkeiten. Er und die sportliche Führung haben ihre Pläne längst in der Schublade liegen. Weit bevor der Götze-Transfer bekannt wird, kündigt Watzke genüsslich zurückgelehnt an, im Sommer „deutlich investieren“ zu wollen. Schon damals war davon auszugehen, dass Schwarz-Gelb einen zweistelligen Millionenbetrag in die Mannschaft investieren wird. Mittlerweile gibt der Vereins-Chef die Devise noch ein bisschen angriffslustiger aus: „Es gibt keine Denkverbote.“
Keine Limits, keine Grenzen. So ist es Machern wie Hans-Joachim Watzke, dem Herrscher über die schwarz-gelben Millionen, bei der Gestaltung der Zukunft ohnehin am liebsten.