Essen. Mario Götze muss sich fragen lassen, warum er sich von seinem Heimatklub Borussia Dortmund trennt, der zuletzt die Meisterschalen abgeräumt hat und in der Champions League mit den Bayern auf Augenhöhe unterwegs ist. Der BVB hat eine ähnliche Perspektive - aber weniger Geld. Ein Kommentar.
Als Uli Hoeneß sich vor ein paar Tagen besorgt über spanische Verhältnisse in der Bundesliga gezeigt hatte, reihte sich sofort Missinterpretation an Missinterpretation. Nach dem Coup mit Mario Götze im blendend ausgeleuchteten Mittelpunkt ist aber klargestellt: Der Präsident des FC Bayern München wollte gar nicht urplötzlich die Fußballzwerge durch Umverteilung von Geldern und ähnlichem quasi-sozialistischen Unfug davor beschützen, von den Riesen in Rot und Schwarzgelb ständig in den Rasen getreten zu werden. Er wollte einfach nur seiner Lebenslinie treu ausdrücken: In Deutschland darf nur ein Klub von oben runter die kleinen Köpfe traktieren, und das ist der FCB.
Lässt sich an dieser Denkweise, lässt sich an diesem monochromen, diesem in einer einzigen Farbe hingepinselten Weltbild etwas kritisieren? Nun, im Fußball herrscht Wettbewerb, und bei der Positionierung in diesem Wettbewerb geht es darum, sich das bestmögliche Personal zu sichern. Einmal beiseite geschoben, dass die Meldung über den Wechsel des Jung-Megastars exakt vor der Partie des BVB gegen Real Madrid aus einer finsteren Quelle sprudelte, einmal beiseite geschoben auch, dass eigentlich gerade der Steuersündenfall des auf Kaution in Freiheit befindlichen (Ex-)Moralapostels Hoeneß behandelt werden sollte, bleibt also nur: die Hand auszustrecken und zu gratulieren. Ja, wer Götze kaufen kann, der sollte ihn eben kaufen.
Auch Schalke-Talent Draxler soll auf der Münchner Liste stehen
Und um das noch anzufügen: Sebastian Rode, den Frankfurter mit Riesenpotenzial, an dem von den Herrschaften aus dem Süden herumgefingert wird, den ebenfalls. Und den außerordentlichen Schalker Julian Draxler, dessen Name auf der Münchner Liste auftauchen soll, den selbstverständlich genauso. Aus der Perspektive eines Vereins mit exzellentem Kontostand ist ein Erwerbsverhalten dieser Art ja tatsächlich nachzuvollziehen. Ein Spieler wie Götze muss sich allerdings fragen lassen, warum genau er sich von seinem Heimatklub trennt, der zuletzt die Meisterschalen abgeräumt hat und aktuell in der Champions League mit den Bayern auf Augenhöhe unterwegs ist. Eine Antwort wie „Ich möchte mich demnächst unter Trainer Pep Guardiola weiterentwickeln“ wäre inakzeptabel. Die Antwort „Wegen der Kohle“ dagegen hätte zumindest den schmutzigen Charme der Wahrheit.
Die Karriere von Mario Götze