Madrid. Borussia Dortmund braucht nach dem 2:2-Remis in Madrid nur noch einen Punkt für das Achtelfinale in der Champions League. Der BVB hat an diesem Abend die Welle gemacht. Nicht irgendwo. Sondern hier, am königlichen Hof. Am Samstag geht's nach Augsburg.
Gänsehaut. Entenpelle. Hühnerfell. Nennen Sie es, wie Sie wollen. Dieser Moment schauert auf Rücken und Unterarmen nach. Es ist zwölf vor elf, und das endlos lang erscheinende Interview am Spielfeldrand endlich beendet. Das Bernabéu ist quasi leer, der Spanier gegangen. Nur in den Gästeblöcken tobt das Leben. Dann kommt er, der lautstark geforderte Trainer. Jürgen Klopp schwenkt den Schal, peitscht ein. Ihm schalllt ein krachendes „Borussia! Borussia!“ entgegen. Er geht ab. Dreht sich noch mal um. Erwidert die Welle.
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Ein Bild mit Symbolcharakter. Ein Bild mit Aussagekraft.
Dortmund hat an diesem Abend die Welle gemacht. Nicht irgendwo. Sondern hier, am königlichen Hof. Gerade mal zwei Minuten haben gefehlt, dann wäre der deutsche Meister bereits heute fürs Achtelfinale in der Champions League qualifiziert. Nach vier von sechs Spielen; nicht in irgendeiner Gruppe, sondern in dieser Gruppe, in der Meistergruppe. Nun braucht es aus den zwei verbleibenden Spielen nur noch einen Punkt. Der direkte Vergleich mit Real Madrid ist gewonnen.
BVB-Sportdirektor Zorc „sehr zufrieden“
„Das haben noch nicht so viele Mannschaften geschafft“, stellt Michael Zorc, der Sportdirektor, fest. Er sei deshalb sehr zufrieden. Es sei auch eine herausragende Leistung. Aber stolz? Nein, stolz sei er nicht. „Stolz kannst du hinterher sein, wenn du was geholt hast. Wir sind in der Gruppenphase.“
Die kurze Episode spricht für sich. Und für das unaufgeregte Fortschreiten der Entwicklung des Vereins – und der Mannschaft. Die ist in der Lage, „gegen zwei der stärksten Mannschaften der Welt auswärts ein Unentschieden zu holen“ (Trainer Jürgen Klopp). Weil sie auch und gerade in engen Spielen Disziplin mit Effizienz paart; und weil sie allem voran den Mut stellt, und nicht mehr die Abenteuerlust. Weil sie, wann immer möglich, die Situationen spielerisch auflöst, wenn nötig, den Ball aber auch mal stumpf ins Aus befördert.
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Borussia Dortmund hat eine neue Qualität
„Dortmund“, befand ein Real-Fan, der glaubhaft versicherte, jedes Heimspiel der Königlichen in diesem Kalenderjahr besucht zu haben, „war die beste Gäste-Mannschaft, die ich hier gesehen habe.“ Borussia hat eine neue Qualität.
José Mourinho, Reals Trainer, hat sie erkannt. Und er hat sie anerkannt. Den ersten Gruppenplatz hat er abgeschrieben. Sorgen aber macht er sich deshalb nicht. „Platz 2 ist kein Problem für uns. Ich habe zweimal die Champions League gewonnen und war dabei zweimal Gruppenzweiter.“ Im spanischen Blätterwald rauscht es dennoch. Eine der nervösen Madrider Zeitungen hat vorsorglich gleich am Mittwoch eine Liste mit BVB-Spielern veröffentlicht, die vielleicht auch würdig wären, einmal das Trikot der Königlichen zu tragen.
Da behalten haben sie aber niemanden. Beim kurzen Zwischenstopp in Dortmund waren alle Borussen an Bord. Schon am Freitag geht es dann wieder auf Reisen. Nicht nach Madrid, sondern nach Augsburg (15.30 Uhr/live im DerWesten-Ticker). Es geht nicht gegen den spanischen Rekordmeister, sondern gegen den siebenfachen Titelträger der Bayernliga und 13-fachen Schwäbischen Pokalsieger. Es wird dann auch um Gegensätze gehen, um Kontraste – und darum, wie man mit ihnen umgeht. „Wir wollen auch in der Liga wieder deutlich mehr zeigen als zuletzt. Wir sind nicht zufrieden mit der Ausbeute“, hat Mats Hummels gesagt. Und Mario Götze fordert: „Wir müssen jetzt auch in der Liga unsere Punkte holen.“
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Kurz vor Mitternacht sind dann auch die letzten Dortmunder gegangen. Der Moment, der auf Rücken und Unterarmen nachschauerte, war schon wieder vorbei. Geblieben ist ein verdammt guter Eindruck.