Dortmund. Ilkay Gündogan zeigte beim Spiel von Borussia Dortmund gegen den VfB Stuttgart eine herausragende Leistung. Gündogan stand 66 Minuten auf dem Platz - der BVB erspielte eine 2:0-Führung und viele weitere Möglichkeiten. Ohne Gündogan kassierte Dortmund vier Gegentore - und das Spiel endete 4:4.

Dieser Moment, diese Sekunde, als der Ball die Maschen von innen ausbeulte, war nicht weniger als eine Erlösung. Shinji Kagawa hatte beim 4:4 von Borussia Dortmund gegen den VfB Stuttgart zum 1:0 getroffen, war jubelnd abgedreht und von Vorlagengeber Sebastian Kehl eingefangen worden. Hinter ihnen, weit hinter ihnen feierte außerhalb des Strafraums ein anderer Mann erst einmal nur für sich. Ilkay Gündogan (DerWesten-Note 1,5) ballte beide Fäuste, warf seinen Oberkörper nach hinten, den Blick in den Dortmunder Nachthimmel gerichtet und erbebte einige Sekunden lang vor Glück. Eine extrovertierte Pose, die man von vielen Fußball-Profis erwarten würde, wohl aber eher nicht von diesem ausgeglichenen jungen Mann im Trikot von Borussia Dortmund.

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Der Mittelfeldspieler hatte bis dahin einiges ertragen müssen. Im zentralen Mittelfeld hatte Trainer Jürgen Klopp den 21-Jährigen aufgeboten. Für den Moment hat der Mann mit der Rückennummer 21 sogar den unzerstörbaren Sven Bender aus der Startelf verdrängt, weil dieser nach seinen vielen, vielen Verletzungen noch nicht bei 100 Prozent seiner Kräfte angelangt ist. Bei Gündogan ist das anders. Ganz anders. Er blüht jetzt gerade erst so richtig auf.

Gündogan inszenierte den Angriff vor dem Dortmunder 1:0

Zu besichtigen war dies gestern Abend. Der Deutsch-Türke zog die Bälle im Mittelfeld an sich wie ein Magnet und verteilte sie so sehenswert und gekonnt, als seien seine Pässe an unsichtbaren Fäden an den richtigen Ort dirigiert worden. Wann immer es gefährlich wurde, hatte Gündogan seine begabten Füße im Spiel.

Mit einem Steilpass über das halbe Feld spielte er Robert Lewandowski frei, der Stuttgarts Torwart Sven Ulreich umkurvte, aber dann an am heranstürmenden Georg Niedermeier scheiterte (21. Minute). Seine gestreichelte Flanke landete auf dem Fuß von Kevin Großkreutz, doch der nagelte den Ball an die Latte (24.). Sein nächster Einfall setzte Jakub Blaszczykowski in Szene, dessen Flanke aber erneut Großkreutz nicht zum Torerfolg zu nutzen vermochte (26.). Bei weitem nicht die einzigen Szenen dieser Kategorie. Gündogan entwarf das schöne Dortmunder Spiel wie ein Architekt, aber beim Bau einer stattlichen Führung verzweifelten seine Mannschaftskollegen ein ums andere Mal. Und Gündogan mit ihnen. Deshalb die Erleichterung in der 33. Minute.

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Gündogan inszenierte einen Doppelpass mit Großkreutz, legte Marcel Schmelzer den Ball in den Lauf, dessen Flanke wanderte über den Kopf von Sebastian Kehl auf den Fuß von Kagawa. 1:0 – Erleichterung beim Tabellenführer.

Lob von BVB-Boss Watzke in der Pause

„Das war klasse Fußball in der ersten Halbzeit“, lobte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke in der Halbzeit. Pässe aus der fußballerischen Feinkostabteilung, die ein wenig an die von Nuri Sahin aus dem vergangenen Jahr erinnerten. Als der im vergangenen Sommer Dortmund verließ, kam Gündogan aus Nürnberg. Er trug eine zeitlang schwer an der öffentlichen Fehleinschätzung, dessen Nachfolger werden zu müssen. Seit seinem Sieg bringenden Treffer im denkwürdigen Pokalhalbfinale von Fürth wirkt er wie befreit. „Ich brauche immer eine gewisse Zeit, um mich einzuleben“, sagte er danach. Gestern trickste und schoss er so selbstbewusst wie noch nie. Im Stadionmagazin zum Freitagabendspiel ist ein Zitat von Ilkay Gündogan. „Ich bin jetzt angekommen“, sagt er.

Den endgültigen Beweis lieferte er direkt nach. Mit stehenden Ovationen feierten ihn die Fans bei seiner Auswechselung in der 66. Minute – gegen Sven Bender. Mit Gündogan ging die Dominanz - denn als er ging, stand es noch 2:0.