Fürth. Mike Büskens und Gerald Asamoah von Greuther Fürth haben reichlich Erfahrung mit heißen Duellen gegen Borussia Dortmund. Die ehemaligen Schalker fühlen sich ihrem Ex-Klub immer noch stark verbunden. Als Underdog aus Franken wollen sie den deutschen Meister in die Knie zwingen.
Im Stadion wird noch mal Hand angelegt, es werden Zusatztribünen aufgestellt vor dem Spiel des Jahres. Mittendrin im Kleeblatt-Grün der SpVgg Greuther Fürth zwei Schalker: Mike Büskens (seit Montag 44) und Gerald Asamoah (33). Für sie ist das Pokal-Halbfinale an diesem Dienstag gegen Borussia Dortmund ein Derby. Sogar die Zusatztribünen im ansonsten grünen Stadion sind blau. „Das ist aber wirklich nur Zufall“, lacht Büskens.
Frage: Herr Büskens, haben Sie als Kind Asterix gelesen?
Mike Büskens: Klar – das kleine gallische Dorf gegen die großen Römer.
Asterix schrieb Geschichte, indem er die mächtigen Römer ärgerte und besiegte. Schreiben Sie Geschichte durch einen Sieg gegen den scheinbar übermächtigen BVB?
Büskens: Tja, das wäre schön. Natürlich ist unser Gegner der Favorit – das ergibt sich von allein, wenn man die Bundesliga-Tabelle mit fünf Punkten Vorsprung anführt und seit was weiß ich wie vielen Spielen ungeschlagen ist. Aber wir kennen unsere Rolle als Gallier aus der Liga. Denn auch da kämpfen wir ja gegen ein paar Römer.
Sie sind jetzt seit über zwei Jahren Trainer in Fürth, im Januar haben Sie Gerald Asamoah dazu geholt. Weil Ihre Familien noch im Ruhrgebiet wohnen, pendeln Sie zwischen Schalke und Fürth. Ist das Pokalspiel für Sie ein Derby?
Gerald Asamoah: Klar, wenn du als Schalker so ein Spiel hast, dann ist das geil – wie ein Derby. Bei der Auslosung vor ein paar Wochen habe ich abends schon geschlafen, weil wir am nächsten Tag mit Fürth ein Spiel hatten. Und als ich wach wurde, waren auf meinem Handy lauter SMS von Schalkern: Hey, ihr spielt gegen Lüdenscheid.
Sie fühlen sich also immer noch als Schalker?
Büskens: Wenn man mein Büro hier in Fürth sieht, dann erübrigt sich diese Frage: Da gibt es schon noch das eine oder andere blaue Utensil. Aber das ist doch auch normal nach 18 Jahren: Schalke bedeutet für mich sehr viel Emotionalität. Und hier in Fürth erinnert mich vieles an meine Anfänge 1992 auf Schalke: Die Infrastruktur, die es damals auf Schalke gab, der familiäre Umgang miteinander.
Asamoah: Es würde wohl komisch rüberkommen, wenn ich jetzt was anderes sagen würde (lacht). Ich habe Schalke alles zu verdanken, dieser Verein hat mein Leben geprägt. Jeder, der Asamoah kennt, weiß: Das ist ein Schalker. Auch wenn ich jetzt für Fürth spiele und hier alles gebe.
Gerald Asamoah über sein Verhältnis zu Borussia Dortmund
In Dortmund, Herr Asamoah, mag man sie nicht so besonders gerne. Haben Sie eine Erklärung dafür?
Asamoah: Ich glaube, die haben ganz einfach Respekt vor mir, weil ich auf dem Platz immer alles gebe. Dabei wusste ich am Anfang, als ich nach Schalke gekommen bin, gar nicht, was so ein Derby bedeutet. Eine zeitlang habe ich mich damals ja sogar oft in der verbotenen Stadt rumgetrieben, weil da mein Freund Otto Addo gespielt hat. Doch wenn ich durch die Stadt gefahren bin, hatte ich immer irgendwie ein komisches Gefühl. Denn ich wusste, ich werde da nicht geliebt. Umso größer war dann immer die Genugtuung, denen auf dem Platz eins auszuwischen.
Wie kommen Sie eigentlich mit Ihren Fürther Mitspielern Sebastian Tyrala und Christopher Nöthe aus: Beide haben früher beim BVB gespielt…
Asamoah (grinst): Ab und zu macht man sich im Spaß ein bisschen an – die freuen sich halt, wenn Lüdenscheid gewinnt. Beim Chris Nöthe geht es noch…
Büskens: … weil der früher auch in der Schalker Jugend gespielt hat. Wir haben ja sogar noch einen: Unser bulgarischer Innenverteidiger Asen Karaslavov ist ein Fan der Gelben.
Asamoah: Aber der Schlimmste ist der Basti Tyrala. Der war sogar bei den Lüdenscheidern im Hotel, als die hier in Nürnberg gespielt haben. Und als er nachher zurück gekommen ist, hat er gesagt: Schöne Grüße von Großkreutz. Da habe ich nur schönen Dank gesagt…
Richtig ernst war 2007 aber Ihre Auseinandersetzung mit Roman Weidenfeller: Da stand eine rassistische Beleidigung im Raum. Würden Sie sich heute mit Weidenfeller noch an einen Tisch setzen?
Asamoah: Ich habe kein Problem mit dem Menschen Weidenfeller, jeder kann einen Fehler machen. Aber ich finde es traurig, dass er nicht eingesteht, was er damals gesagt hat. Ich würde ihm heute die Hand geben. Aber wenn er dabei bleibt, dass er damals keinen Fehler gemacht hat – warum sollte ich mich dann mit ihm an einen Tisch setzen?
Mike Büskens über den Wert von Gerald Asamoah für Greuther Fürth
Spielt es für den Trainer Büskens eine Rolle, dass Asamoah früher oft ein Derby-Held war?
Büskens: Erstmal spielt es für mich eine Rolle, in welchem körperlichen Zustand er nach seiner Verletzung ist. Und ohnehin darf man Asa nicht nur auf die früheren Duelle mit unserem heutigen Gegner reduzieren. Seine Art bringt uns einfach weiter. Er ist nicht zu uns gekommen, um hier möglichst viel Kohle abzugraben – da hätte er andere Möglichkeiten gehabt. Asa ist gekommen, weil er immer noch so viel Feuer in sich hat. Und wenn Asa sich für etwas begeistern kann, dann ist er gut – weil er dann brennt.
Ohne den Trainer Büskens wäre der Spieler Asamoah sicher nicht in Fürth…
Büskens (lacht): Ich war wie vor den Kopf gestoßen, als Asa auf einmal in der Kabine saß…
Asamoah: Im Leben hätte ich nie gedacht, dass ich mal für Fürth spielen würde. Und bei jedem anderen hätte ich bei dem Anruf auch gesagt: Willst du mich verarschen? Aber den Buyo kenne ich schon so lange. Er hat mich einfach heiß gemacht auf das, was wir in Fürth vorhaben.
Büskens: Man kann es doch ganz rational sehen, was Asa für diesen Verein bewirkt: Er ist ein Sympathieträger des deutschen Fußballs, bei Auswärtsspielen wird er zum Teil sogar von den gegnerischen Fans gefeiert. Und sportlich bringt er einen wahnsinnigen Erfahrungsschatz mit, den wir sonst nicht haben, und von dem wir im Zweitliga-Endspurt profitieren werden. Er hat meine Erwartungen schon jetzt übertroffen. Asa gibt diesem Verein ein Gesicht.
Womit wir wieder bei dem gallischen Dorf sind: Fürth gilt als der Verein, der in der 2. Liga ein gemütliches Zuhause hat, aber ohnehin nie in die Bundesliga aufsteigt. Doch in diesem Jahr zeigen die Gallier auch ihre Muskeln…
Büskens: Als ich hierher kam, hatte ich das Gefühl: Man macht sich gerne klein hier. Einer meiner ersten Schritte war, einen Stolz zu entwickeln auf das, was man alles schon erreicht hat: Fürth ist in der 2. Liga siebenmal Fünfter und einmal Vierter geworden – für mich ist das kein Makel, sondern ein Riesenerfolg. Jetzt gehen wir mit diesem vermeintlichen Makel eben ein bisschen offensiver um und nehmen uns selbst auf die Schüppe: Wir sprechen von der Unaufsteigbar-Tour. Ob wir es am Ende schaffen, wissen wir nicht. Andere Mannschaften haben wirtschaftlich viel, viel bessere Voraussetzungen als wir. Unser gesamter Lizenzspieler-Etat ist in etwa so hoch wie das Jahresgehalt eines einzigen Schalker Spielers plus Bonuszahlungen von seinem Ex-Klub (gemeint ist Raúl). Doch wir haben keinen einzigen Euro Schulden und sogar ein Eigenkapital auf dem Konto – das können nicht viele Vereine von sich behaupten. Und deswegen denke ich, dass wir mit unserem Weg für viele Vereine sogar ein Vorbild sein können.
Sie selbst haben einmal den FC Augsburg als Vorbild für Fürth genannt. Als Dortmund zuletzt in Augsburg gespielt hat, haben Sie bei einem Tippspiel einen 1:0-Sieg für Augsburg vorhergesagt.
Büskens: Es gab ein 0:0 – also habe ich keine Ahnung…
Aber Sie trauen einer kleinen Mannschaft wie Augsburg oder eben auch Fürth einen Sieg gegen Dortmund zu?
Büskens: Wenn im Fußball alles planbar wäre, dann denke ich nicht, dass ich heute einer der Eurofighter wäre – dann wäre ich ein Uefa-Pokal-Finalist, der 1997 das Endspiel gegen Inter Mailand verloren hätte. Du hast im Fußball immer eine Chance. Du musst nur daran glauben – und du musst da sein, wenn sich diese Chance ergibt.