Augsburg. Der FC Augsburg legte Borussia Dortmund beim 0:0 mit Manndeckung lahm. „Das ist eine absolute Seltenheit“, stellte BVB-Trainer Jürgen Klopp nach der Partie fest. Auch Mats Hummels wunderte sich immer noch ein bisschen, als er fast schon im Flieger zurück nach Westfalen saß.

Sie könnten Auftragskiller aus einem Mafia-Streifen sein, zumindest den Namen nach. Den einen nennen sie „das Hirn“, den anderen „das Auge“, ihr Chef ist ein bärtiger Kerl namens Jürgen Klopp. Der Trainer von Borussia Dortmund traf sich nach der ersten Halbzeit in Augsburg mit seinen Mitarbeitern in der Gewissheit, etwas ändern zu müssen.

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Die DVD war da längst zusammengeschnitten. Das machen sie bei Borussia Dortmund immer so, Peter Krawietz („Auge“) eilt dann fünf Minuten vor der Pause in die Kabine und wenn sein Co-Trainer-Kollege Zeljko Buvac („Hirn“), Klopp und die Mannschaft dazukommen, dann wird in 15 Minuten an einer Verschwörung gearbeitet. Was tut der Gegner? Was tun wir? Was muss besser werden? Alle anhand von DVD-Sequenzen. „Wir haben gute Aufbauszenen gesucht“, sagte Jürgen Klopp nach dem 0:0 beim FC Augsburg zur schwarzgelben Halbzeitgestaltung, „aber keine gefunden.“

45 Minuten, null durchdachte Angriffe des BVB. Und in den zweiten 45 Minuten kamen nicht wesentlich mehr hinzu. Das ist in den vergangenen Jahren in Fußball-Deutschland zu einer echten Rarität geworden, weil doch erfrischender Offensiv-Spaß ein Dortmunder Wahrzeichen geworden ist. An fast jedem bot der BVB ein Feuerwerk bester Chancen, die - mal mehr, mal weniger effizient - zu Toren verarbeitet werden. Furiose Fließbandarbeit. Eine Maschine, die zuverlässig lief und vom Rest der Liga nicht zu stoppen schien.

Dortmund seit 19 Spielen ungeschlagen

„In der Bundesliga ist niemand ihrem Druck gewachsen“, sagte zuletzt Hannovers Jan Schlaudraff. Nach dem Spiel in Augsburg ist der BVB seit 19 Ligaspielen ungeschlagen - der 20 Jahre alte Vereinsrekord ist eingestellt, aber einen so nachhaltigen Störfall wie beim Aufsteiger erlebte der Meister und Tabellenführer schon lange nicht mehr. Es war ein Totalausfall der offensiven Systeme. Herbeigeführt durch gezielte Sabotage.

Augsburgs Trainer Jos Luhukay, ein akribischer Tüftler, hatte seine Elf mit einem Auftrag ausgestattet: Der Isolation der wichtigsten Figuren des Dortmunder Spiels. Seinen Stürmer Stephan Hain befehligte er zum ersten Mann der Gefahrenabwehr. Hain deckte Mats Hummels, den BVB-Verteidiger, der normalerweise als Spielmacher aus der Tiefe fungiert. Manndeckung für den Innenverteidiger - Hummels kennt das seit dem Hinrundenspiel gegen Nürnberg, es gefällt ihm und dem Dortmunder Spiel nicht. Neue Lösungen mussten her.

Luhukay setzte Hosogai auf Kagawa an

Zuletzt hieß die immer wieder auch Shinji Kagawa. Seine Ideen, seine Haken, seine Tore machten ihn zum zentralen Mann der jüngsten Dortmunder Erfolge. Doch Luhukay setzte seinen Landsmann Hajime Hosogai auf Kagawa an. Der nahm die Verfolgung auf, bewachte ihn auf Schritt und Tritt. Kagawas Bilanz: verlorene Zweikämpfe, verlorene Bälle, Gelb für ein Frustfoul, Auswechslung in der 70. Minute. „Hosogai hat mich mit Manndeckung aus dem Spiel genommen“, sagte Kagawa, „das ist mir in der Bundesliga noch nie passiert.“

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Manndeckung - ein Relikt aus einer vergangen geglaubten Zeit, in der es noch Liberos und den Bundesliga-Trainer Otto Rehhagel gab. Aber der ist schließlich auch zurück. „Manndeckung über den ganzen Platz - das ist eine absolute Seltenheit“, stellte Jürgen Klopp nach der Partie fest und auch Mats Hummels wunderte sich immer noch ein bisschen, als er fast schon im Flieger zurück nach Westfalen saß: „Wir wurden heute fast mit zehn Mann in Manndeckung genommen. Das war schon sehr extrem.“

BVB muss Lösungen finden

Auf den Dortmunder Fußball der Hochmoderne antwortet die Konkurrenz also auch mit antiken Techniken. „Ich glaube das macht im Moment Schule“, sagte Hummels noch, bevor er mit dem einen Punkt im Gepäck verschwand. Ein Punkt, den auch der FC Augsburg gern mitnahm, weil es das Maximum war, das sie sich mit ihren Verteidigungsstürmern gegen den deutschen Meister ausgerechnet hatten.

Es ist nun eine Aufgabe für die Jungs in Dortmund, Lösungen zu finden. „Das Auge“, „das Hirn“ und „der Bärtige“ arbeiten schon daran.