Berlin. BVB-Stürmer Lucas Barrios hatte lange auf seine Chance warten müssen. In Berlin rückte er wie erwartet für Shinji Kagawa in die Startelf. Barrios konnte vier seiner ordentlichen bis sehr guten Möglichkeiten nicht nutzen - und so wurden keine Loblieder angestimmt.

Jürgen Klopp hatte sich für die elegante Lösung entschieden. Beim 1:0-Arbeitssieg des BVB in Berlin rückte wie erwartet Lucas Barrios für den verletzten Shinji Kagawa in die Startelf. Eine andere Variante wäre dem seit Wochen mit den Hufen scharrenden Top-Torjäger der vergangenen beiden Jahren schwer zu vermitteln gewesen. Und hätte jener Barrios auch nur eine seiner insgesamt vier ordentlichen bis sehr guten Möglichkeiten genutzt, dann wären ganz sicher gleich wieder Loblieder angestimmt worden. Dann wäre jetzt vieles einfach. Dann hätte auch die Besetzung für das Hannover-Spiel schon jetzt scharfe Konturen.

Ein Leben zwischen Torjubel und Frusterlebnis

Hat er aber nicht. Er hat keine Chance zum Tor genutzt.

Was die Sache verkompliziert. Was zuallererst belegt, dass dieser Barrios doch ein Mensch und eben keine Maschine ist. Dass auch ein Torjäger seiner Güteklasse offensichtlich den Rhythmus und die Gewissheit aufeinanderfolgender Spiele samt immer wiederkehrender Situationen vor des Gegners Tor braucht, um Sicherheit zu haben, um seinen Instinkt intakt halten und ihm im exakt richtigen Moment folgen zu können.

Das Leben als Grenzgänger, immer auf der Linie zwischen Abseits und Großchance, zwischen Torjubel und Frusterlebnis, ist aufregend aber eben auch aufreibend. Das Wesen des Stürmers, des Torjägers zumal, bleibt ein komplexes, ein sensibles Gebilde. Es ist nicht, und Jürgen Klopp weiß das natürlich, von Woche zu Woche auszutauschen. Wie etwa auf der Playstation.

Nein, in echt bleibt immer nur ein schmaler Grat.

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Lucas Barrios zum Beispiel hatte lange auf seine Chance warten müssen. Seit dem Derby gegen Schalke Ende November hatte Borusse Nr. 18 in der Bundesliga nicht mehr in der Startelf gestanden. In Berlin nun hat er sie, die Chance, gleich viermal (8./31./37. und 73.) nicht nutzen können. Und jetzt? Sofort wieder rausnehmen? Dann wäre Barrios’ Position und Konstitution (siehe oben unter „Playstation“) schlechter als vor dem Berlin-Spiel. Und dem BVB nicht geholfen. Also drin lassen. Doch andere – Ilkay Gündogan, Mo­ritz Leitner, Ivan Perisic – würden ja auch mal wieder wollen.

Gruppendynamisch könnte sich die Situation verkompliziert haben. Was nicht schlimm wäre. Womit nur umzugehen ist.

Das Risiko besteht darin, die bislang schlafwandlerische Sicherheit des einen Torjägers (Lewandowski) auf zurückgezogener Position einzubüßen, ohne die Gewissheit zu haben, dass sie sich beim anderen Torjäger (Barrios) sogleich wieder einstellt. Und dennoch ist es wahrscheinlich, dass Jürgen Klopp die „elegante Lösung“ auch vor dem Hannover-Spiel als die erfolgversprechendste bewertet. Nur eine Garantie – oder: Sicherheit – gibt es eben nicht im Fußball. Und genau das macht ihn so liebenswert.