Dinslaken. Der BVB zeigte beim 1:0 in Berlin, dass er längst nicht mehr nur mit jugendlichem Sturm und Drang erfolgreich sein kann. Die Geschichte der Saison bleibt Borussia Mönchengladbach. Die Gladbacher stehen nun sogar vor dem FC Bayern München. Der Kommentar zum 22. Bundesliga-Spieltag.

Ach, was gibt es viele Möglichkeiten, sich dem zentralen Ereignis dieses Bundesliga-Spieltages zu nähern. Etwa diese: Ein einziges Mal in den letzten Wochen steht Hertha besser da als Angela. Während Bundeskanzlerin Merkel noch einen Nachfolger für den abhanden gekommenen Bundespräsidenten sucht, ist Berlins traditionsreicher Fußball-Verein bei der Suche für den nie richtig angekommenen Michael Skibbe fünidg geworden: Otto Rehhagel übernimmt Hertha BSC - welch ein Hammer. Man könnte es auch so sagen: Der große alte Mann des Bundesliga-Fußballs übernimmt die nicht mehr ganz so große alte Dame.

Die Verpflichtung Rehhagels ist nicht ohne Risiko, es gibt sogar ganz erhebliche Risiken, für ihn wie für die Hertha (siehe dazu Kommentar "Rehhagel riskiert bei Hertha Respekt und Ansehen").

Gladbach bleibt die Geschichte der Saison

Eine alte Wahrheit der Liga hat Rehhagel jedenfalls als Beobachter des Spiels gegen Borussia Dortmund gleich neu erleben müssen: Stehst du unten, kommt oft Pech dazu. Hertha spielte gegen Meister Borussia Dortmund so aggressiv und engagiert wie seit Wochen nicht, und verlor doch 0:1. Auf die Borussen bezogen heißt das aber auch: Der BVB kann längst nicht mehr nur mit jugendlichem Sturm und Drang erfolgreich sein und durch seine Spiele schweben. Er hat gelernt, seine Siege, wenn es anders nicht geht, auch mal ganz humorlos nach Hause zu fahren.

Oben bleibt es also spannend. Erst echt, nachdem der FC Bayern in Freiburg nicht über ein 0:0 hinaus gekommen ist. Ein Satz genügt, um die außergewöhnliche Situation an der Spitze auf den Punkt zu bringen: Für Borussia ist das Double drin. Und wenn man es auch noch so oft wiederholt: Die Tatsache, dass außer der Dortmunder auch die Gladbacher Borussia in Meisterschaft und Pokal bombig im Rennen liegt, kann man gar nicht hoch genug bewerten. Gladbach bleibt die Geschichte der Saison, die Elf von Lucien Favre - Gruß auch nach Berlin - schafft ohne Mike Hanke ein 2:1 in Kaiserslautern und wird sich nun wohl auch nicht vom Ausfall Patrick Herrmanns aus der Bahn werfen lassen - auch wenn dessen Rolle im Schatten von Marco Reus, Hanke, Keeper Marc-Andre ter Stegen oder Abwehrchef Dante gerne unterschätzt wird.

Köln und Leverkusen haben Probleme

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Zurück zu Rehhagel und damit zum Liga-Keller: Seine Chancen, mit Hertha die Klasse zu halten, stehen ja gar nicht schlecht. Augsburg und Kaiserslautern, das ist keine übermächtige Konkurrenz. Außerdem rutscht langsam aber sicher der gute alte FC Köln ins Schlamassel. Sie kriegen dort einfach die Kurve nicht, jedenfalls nicht länger als für ein paar Wochen. Wetten, dass sie Trainer Stale Solbakken nicht mehr lange in Ruhe machen lassen, sollten sich nicht schnell Erfolge einstellen? Davon abgesehen: Die Chancen, dass Lukas Podolski seinem Herzensklub über die Saison hinaus erhalten bleibt, schwinden mit jeder Niederlage etwas mehr. Für das Möchtegern-Real-Madrid vom Rhein ist das im Grunde jetzt schon eine ernüchternde Bilanz: Man hat sich für Podolskis Rückkehr finanziell nach der Decke gestreckt. Und ist seither keinen Zentimeter gewachsen.

Es mag ein schwacher Trost sein: Schräg gegenüber, auf der anderen Rheinseite, haben sie auch ihre Probleme. Bayer Leverkusen mag den biederen FC Augsburg 4:1 geschlagen haben, aber das Gefühl, dass es mit Trainer Robin Dutt kurzfristig deutlich besser wird, stellt sich einfach nicht ein. Aber vielleicht zeigt Leverkusens Chefetage ja etwas mehr Standhaftigkeit als die Kollegen in Berlin und versucht, ihr Konzept mit Dutt durchzuziehen. Otto Rehhagel ist jedenfalls nicht mehr zu haben.