Dortmund. .
Nur drei Tage nach dem glücklichen 2:1-Sieg beim FSV Mainz 05 ist der BVB wieder knallhart auf den Boden der Tatsachen zurückgekehrt. Die 0:3-Niederlage beim französischen Vizemeister Olympique Marseille sollte dem Deutschen Meister langsam aber sicher die akuten Schwächen im Defensivverbund aufgezeigt haben und der Euphorie über das Erlebnis Champions League einen erheblichen Dämpfer verpasst haben.
Das Erklingen der Champions-League-Hymne hatte für mich immer etwas Großartiges und Mitreißendes. Ein Katalysator für Erinnerungen an Triumpfe, Erfolge, Lars Ricken und Abende im Partykeller meiner Eltern. Kurzum an damals, als Günther Jauch die Spiele meiner Borussia aus Bukarest, Madrid oder Auxerre ankündigte und sowohl die bessere Mannschaft als auch der Sieger am Ende eigentlich immer Borussia hieß. Eine Art Nivea-Creme für Fußball-Fans, die beim ersten Einatmen, beim ersten Ton nur gute Erinnerungen mit sich bringt.
Heute interviewt Jauch Politikgrößen in der ARD, und auch die Hymne hat ihren Knacks. Spätestens seit Mittwochabend, als der BVB in Marseille mit 0:3 einen bitterbösen Europapokalabend verlebte und auch ich mal wieder einsehen musste, dass weder die bessere Mannschaft noch der Sieger immer Borussia heißen muss.
Wer Jürgen Klopp in Marseille am Spielfeldrand des Stade Vélodrome gesehen hat, benötigte keine anschließende Spielzusammenfassung. Das eben absolvierte Spiel, in dem eine Mannschaft Chancen erspielte und die andere traf - es war an den regungslosen Lippen des Übungsleiters abzulesen. Versteinert, schockiert, konsterniert stand der 44-jährige Coach auf dem Grün, ehe Schiedsrichter Eriksson aus Schweden ein Einsehen mit den bemitleidenswerten Dortmundern hatte und dem Ausflug ans Mittelmeer nahe der Côte d’Azur nach 94 Minuten ein qualvolles Ende setzte.
Die Romantik zwischen Borussia Dortmund und dem Europapokal scheint spätestens seit Mittwoch ein Relikt längst vergessener Tage zu sein. Konnte sich der BVB im Heimspiel gegen Arsenal London vor zwei Wochen durch den späten Treffer von Ivan Perisic gerade noch für den geleisteten Aufwand belohnen, so setzte es am zweiten Spieltag in Marseille eine deutliche und völlig selbstverschuldete 0:3-Niederlage.
Dabei war der BVB, wie schon gegen den Kontrahenten aus London, auch in der französischen Hafenstadt zunächst gut ins Spiel gestartet, ging aber erneut durch einen individuellen Fehler in Rückstand. Als kurz nach der Halbzeitpause dann auch noch die Chancenverwertung stark zu wünschen übrig ließ, besiegelte die Dortmunder Hintermannschaft die Niederlage durch zwei kurz aufeinander folgenden Gegentreffer auf katastrophalste Art und Weise.
Bei aller nötigen Kritik am gesamten Spiel der Mannschaft, zurzeit sind es die Fehler Einzelner, die sich wie eine Perlenkette aneinanderreihen und für die durchwachsenden Resultate der letzten Woche verantwortlich sind. In den vergangenen sechs Partien ist der BVB wettbewerbsübergreifend stets in Rückstand geraten, nicht selten durch grobe individuelle Fehler, wie der von Sebastian Kehl gegen London oder jener von Lukasz Piszczek in Mainz. Ich möchte mir nicht anmaßen, eine gewisse mentale Ursache in der Häufung dieser, zum Teil Haarsträubenden Abwehrfehler zu erkennen. Jedes dieser Gegentore jedoch notorisch als unglücklich und skurril abzuhaken, ist allem Anschein nach auch keine ideale Lösung, um den Deutschen Meister wieder in die Spur zu bringen.
BVB verliert 0:3
Der BVB läuft Gefahr, durch den engen Spielplan zwischen Champions League und Bundesliga in eine Ergebniskrise zu laufen. Von neuem Mut, den man aus dem Last-Minute-Sieg in Mainz schöpfen konnte, dürfte nach der Europapokalpartie am Mittwoch nicht mehr allzu viel übrig sein. Borussia braucht eine Siegesserie quer durch alle Wettbewerbe, um die Gratwanderung zwischen Himmel hoch jauchzend und zu Tode betrübt schnellstens wieder zu beenden. Denn noch hat der BVB sowohl in der Bundesliga als auch in der Champions League das Heft des Handelns selbst in der Hand. Noch.
(29.09.11 – Christoff Strukamp (www.gibmich-diekirsche.de)