Die drei „G“ und das „K“ stehen beim BVB für große Kunst
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Dortmund. .
Bei der Nachbetrachtung des freitäglichen Aufeinandertreffens zwischen dem Deutschen Meister Borussia Dortmund und dem „Bundesligadino“ Hamburger SV drehte sich alles in den nachfolgenden Erzählungen bewundernd um Mario Götze. Oder wie es ein Fan so bezeichnungssuchend formulierte: Dortmunds „Cristiano Messi“ bzw. „Lionel Ronaldo“ – natürlich nur vom Stil her, versteht sich. Dortmunds jungem Starspieler sind solche Vergleiche eher unangenehm.
Für Bundestrainer Jogi Löw war BVB-Supertalent Mario Götze am Freitag schlicht „sehr, sehr stark“, „Weltklasse“ bescheinigte ihm dagegen Franz Beckenbauer und prophezeite dem „Instinktfußballer, der alles hat“, eine große Zukunft. Der frühere Nationalspieler Mehmet Scholl, einst selbst als begnadeter Techniker unterwegs und als Co-Moderator bei der ARD stets nah dran, stellte fest: „Man muss aufpassen, dass man nicht Fan dieses Teams wird. Was das BVB-Mittelfeld mit Gündogan, Kagawa, Götze und Großkreutz spielt, gehört zum Besten, was ich je gesehen habe.“ Selbst Dr. Reinhard Rauball, stolzer BVB-Präsident und als Ligaboss immer um vornehme Zurückhaltung bemüht, kam nicht umhin zu loben: „Wie der den Ball annimmt und sich um die Männer dreht, darauf hat er wohl ein Patent.“
Viel Lob gewiss, aber nicht unberechtigt. Und so manchen entfuhr bei aller Freude eine gewisse Sorge, dass uns dieses Riesentalent wohl alsbald von einem ganz großen Club schlicht vor der Nase weggekauft werden könnte. Und diese Angst wird mit jedem solchen Galaauftritt weiter genährt, das ist gar keine Frage. Wie schön zu lesen, dass der erfolgreiche Kicker selbst all diese Spekulationen aus tiefer Überzeugung von sich weist und entgegnet: „Warum weggehen? Ich bin hier vollkommen glücklich. Meine Familie ist hier, meine Freunde leben hier. Ich habe also überhaupt keinen Grund, mir irgendwelche anderen Gedanken zu machen.“
Ebenso große Freude bereitet uns allen aber auch unser „sechster Neuzugang“, der quasi aus der Rehaabteilung kam. Shinji Kagawa rannte und zaubert schon wieder wie in seinen besten Tagen. 14. Minute: strammer Schuss knapp neben das Gehäuse - der Fuß hält. 25. Minute: Kagawa düpiert zwei Gegenspieler, legt sich die Kugel perfekt auf den rechten Fuß und drischt das Spielgerät mit Schmackes an den Pfosten - der Fuß hält. 28. Minute: Kevin Großkreutz nimmt einen Pass mit der Hacke mit, spielt von der Grundlinie klug zu Kagawa, der mit dem Innenrist knapp verzieht - auch das hält der lädierte Fuß aus…
Jürgen Klopp ist indes froh, diesen „überragenden Kicker“ wieder zurückzuhaben. Kagawa selbst, in seiner typisch japanischen Grundhaltung , ist solcherlei Lob fast peinlich. Er trennt und pflegt seine zwei Persönlichkeiten. Auf dem Platz spielt er mit sensationeller Leichtigkeit kompromisslos, außerhalb bleibt er eher introvertiert scheu und verkauft sich selbst zumeist unter Wert. Dennoch gilt er unter den Experten als ein heißer Kandidat, um zum besten Spieler der Liga in dieser Saison aufzusteigen. Vorausgesetzt natürlich, der begnadete Fußballer bleibt gesund. Als Klopp ihn nach 74 Minuten vom Feld nahm, hatte das lediglich den einen Grund, ihm den Sonderapplaus der Fans zu gönnen. Von japanischen Journalisten auf diese Auswechslung angesprochen, hatte Kagawa dafür allen Ernstes nur eine einzige plausible Erklärung parat: Er sei wohl zu schlecht für 90 Minuten gewesen. Glückliches Dortmund, so einen unter Vertrag zu haben.
Auftaktsieg für den BVB
1/50
Apropos glücklich. Chris Löwe heißt der Mann, auf den diese Beschreibung vollends zutrifft. Er, den man in Westsachsen „den Luchs“ nannte, kam von Drittliga-Aufsteiger Chemnitz und sollte eigentlich nach Dedes Abgang eine solide Alternative werden. Also jemand, der lernt und im Notfall einspringen kann, sich sonst aber ohne Murren auf die Bank setzt und akzeptiert, dass Marcel Schmelzer die Nummer eins links hinten ist. Nun wurde der sympathische Neuzugang ins kalte Wasser geschmissen und machte eine Bombenpartie. Ein Quantensprung in nur wenigen Wochen.
Und dennoch meldete der 22-Jährige wie ein alter Hase u.a. Paolo Guerrero, immerhin Torschützenkönig der Copa America, mit viel Engagement ab. Aus solchem Holz müssen Typen geschnitzt sein, die es weit bringen werden. „Das ist wahrscheinlich heute der schönste Tag in meinem Leben“, war sein überaus bescheidener Kommentar zu einer bärenstarken Leistung. Starke Geschichten, die wohl nur der Fußball schreiben kann.
Aber man wird den anderen im prächtig harmonierenden Team nicht gerecht, wenn man nur diese Drei hervorhebt. Kevin Großkreutz beispielsweise machte ebenso ein großartiges Spiel. Gerade so, als ob er dem Bundestrainer zeigen wollte, dass es ein Fehler war, ihn erneut nicht zu berufen, drehte er zunächst in Halbzeit eins offensiv mächtig auf um dann in Halbzeit zwei seine enorme Vielseitigkeit im Deckungsverbund unter Beweis zu stellen.
Und so bleibt auch mir an diese Stelle nur Anerkennung für die Spielfreude und den Siegeswillen zu zollen, mit dem die Borussen dem HSV nicht den Hauch einer Chance ließen und ihre Heimserie souverän auf 17 Spiele in Folge ohne Niederlage ausbauten. Da trifft es sich gut, dass der BVB nun mit breiter Brust in den Kraichgau fahren kann, denn gerade gegen diesen Gegner hatten die Schwarzgelben stets große Mühe. Sowohl beim „glücklichen“ Unentschieden im Westfalenstadion als auch bei der Niederlage in Sinsheim deutete sich in der Meistersaison an, dass 1899 Hoffenheim ein verdammt zäher Brocken ist.
Aber mal ehrlich: Wem ist da schon wirklich bange vor, angesichts eines so starken Auftaktes? Wir sind doch jetzt bereits drei Punkte besser als vor einem Jahr!
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