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Nach dem 3:1 bei Bayer Leverkusen sind die Dortmunder Fans kurzzeitig aus dem Häuschen geraten. Die Spieler des BVB aber halten sich an die Vorgaben von Trainer Jürgen Klopp und vermeiden das M-Wort.

Nach dem 3:1 bei Bayer Leverkusen sind die Dortmunder Fans kurzzeitig aus dem Häuschen geraten und ins Reich der Ekstase verschlagen worden. Mit einem kollektiven Schrei, der selbst Jugendschutzbeauftragte mit langjähriger Berufserfahrung erröten ließ, forderten sie die Mannschaft auf, der Pflicht in ihrer Beziehung nachzukommen. Die Pflichterfüllung sah dann aber sehr jugendlich unschuldig aus: Wie in der Häschenschule hockten die Spieler auf dem Rasen der BayArena und freuten sich an ihren Lernerfolgen.

Die sind vorrangig sportlicher Natur. Beim demütigenden Sieg über den als hartnäckigsten Verfolger ausgemachtem Werksklub-Clan erstaunte weniger, dass die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp innerhalb von sechs Minuten den Sack zumachte. Kevin Großkreutz traf in den Minuten 49 und 53. Mario Götze schnürte mit seinem 3:0 in der 55. Minute noch ein Sicherungsseil. Was tatsächlich für Verblüffung sorgte, war, dass die Borussen von Beginn an das Geschehen beherrschten. Winterzeit? Grübelzeit? Muss andernorts verstrichen sein.

Konsequente Umsetzung der Lernerfolge

Befürchtet (oder: erhofft) hatte man ja, dass es den Klopp-Schülern wegen ihrer Jugend an Stabilität mangeln könnte, dass sie die Pausentage dazu genutzt haben könnten, das in der Hinrunde leichtfüßig Erreichte durch intensives Nachdenken in Ballast umzuwandeln. „Spielabsicherung“ und „Dominanz“ (Klopp) waren aber auch in der Null-Tore-Halbzeit eins zu erkennen. Ebenso „die Laufbereitschaft“ und „ der absolute Wille“ (BVB-Sportdirektor Michael Zorc). Und darüber hinaus „gutes Pressing“, „geschickte Raumaufteilung“ und „das fußballerische Vermögen“ (Leverkusens Trainer Jupp Heynckes). Die konsequente Umsetzung der sportlichen Lernerfolge garantiert den Dortmundern auch nach dem Rückrundenauftakt Platz eins in der Tabelle der Bundesliga. Einen Platz, der mit einem 12-Punkte-Vorsprung vor den unfassbaren Hannoveranern komfortabel gegen fieses Wetter geschützt ist.

Während im Umfeld aber schon über die Choreographie der Meisterschaftsfeier bei der weise als Heimpartie angesetzten Begegnung mit Eintracht Frankfurt am 14. Mai gesponnen wird (das ist der späteste Termin), präsentieren die Spieler souverän weitere Lerninhalte. Sogar variantenreich. Sven Bender, der mit Verdacht auf Innenbanddehnung Montag in die Knie-Kernspin muss, erklärte: „Wir müssen weiter von Woche zu Woche denken.“ Großkreutz verkündete: „Wir müssen von Spiel zu Spiel zusammen unser Ding durchziehen.“

Klopp sind Demuts-Übungen dieser Art nicht weniger wichtig als einem großen buddhistischen Lehrmeister wie dem Dalai Lama. „Man kann nur so Fußball spielen, wenn man charakterlich absolut in Ordnung ist“, hat der Trainer ausgeführt. Und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hat sicher im Sinne des leitenden Angestellten und Freundes das Individuelle runtergestrichen: „Diese Mannschaft funktioniert als Mannschaft.“

Diese Mannschaft funktioniert aber natürlich wie üblich im Fußball hauptsächlich, weil sie Pöstchen für Pöstchen über hohe Qualität verfügt. Roman Weidenfeller gehört zu den besten drei Torhütern der Liga. Mats Hummels und Neven Subotic bilden das beste Innenverteidigerpaar. Doppeltorschütze Kevin Großkreutz wird der in Leverkusen als Tribünengast gesichtete Bundestrainer Joachim Löw demnächst statt Lukas Podolski intensiver auf dem linken Flügel der Nationalelf proben lassen. Marcel Schmelzer dürfte dahinter Einsätze sammeln. Undsoweiter.

Heynckes, der nicht einmal nach dem Treffer von Stefan Kießling zum 1:3 (80.) noch an eine Wende glaubte, hat auch „Fantasie“ bei den Schwarzgelben ausgemacht. Fantasie steckt allerdings nicht allein im Spiel der Mannschaft. Hat sie Charakter, ist sie klug und bleibt zusammen, könnte sie wie die „Generation Beckham“ einst bei Manchester United eine Ära begründen.