Nürnberg. .
Als der BVB am Samstag am Nürnberger Flughafen aufsetzte, war die Mannschaft schon Herbstmeister – ohne gespielt zu haben. DerWesten sprach mit einem Sportpsychologen über den inoffiziellen Titel.
„Waldmeister will ich nicht werden, Herbstmeister genauso wenig“, hatte BVB-Chefcoach Jürgen Klopp den Wintertitel als Titel ohne Wert abgetan. „Es gab noch keinen Verein, der den Titel Herbstmeister in seinem Briefkopf geführt hat.“ Der inoffizielle Titel des „Wintermeisters“, den der BVB in Rekordzeit holte, hat zwar keine Auswirkung auf das Geschäftspapier der Dortmunder, sehr wohl aber eine Wirkung auf die Dortmunder Spieler, sagt Sportpsychologe Thomas Graw mit Blick auf die Tabelle.
„Pauschal kann man natürlich nicht sagen, dass das alle Spieler gleichermaßen beeinflusst“, so Graw, der auch schon in Diensten des VfL Bochum in der Bundesliga gearbeitet hat. „Aber grundsätzlich gibt es da eine Psychologie in dieser Situation.“
Mit dem dritten Herbsttitel der Bundesliga-Zugehörigkeit – nach den beiden Meisterjahren 1994/1995 und 1995/1996 – geht der BVB voller Optimismus und Selbstvertrauen in die letzten beiden Spiele vor der Winterpause. „Es hängt sicherlich auch davon ab, wie die letzten Spiele vor Weihnachten verlaufen“, weiß Graw, „aber der BVB geht mit einem souveränen Punktevorsprung in die Pause.“ Dann sei es wichtig, der Mannschaft zu vermitteln, dass das ihr Werk, ihr Einsatz und ihre Fähigkeit war. „Von Spiel zu Spiel denken und der Mannschaft gar nicht die Möglichkeit geben, groß über den Erfolg nachzudenken wird immer propagiert, aber das funktioniert nicht bei jedem Spieler.“ Gar nicht an die Meisterschaft zu denken, hält Thomas Graw fast für unmöglich. Aber das sei auch gar nicht tragisch, denn immerhin „können die Spieler aus diesem Gedanken auch ungeheure Motivation ziehen.“ Wichtig sei nur, dass Jürgen Klopp seine Spieler auf das Wesentliche fokussiert. Und das funktioniert bei der jungen Mannschaft hervorragend. „Er gibt seinem Team den entscheidenden Kick und die Jungs glauben und folgen ihrem Trainer.“
Graw glaubt nicht an BVB-Einbruch
Dass Borussia Dortmund nach dem Jahreswechsel einbrechen wird, daran glaubt Thomas Graw nicht. Selbst bei zwei, drei Niederlagen müsse man sehen, wie diese zustande gekommen sind. Aber die Art und Weise, wie die Mannschaft in dieser Saison an sich glaubt – auch nach Rückständen – zeigt, wie groß das Potenzial und die psychologische Wirkung des Erfolgs bei Klopps Youngstern ist.
Und die Statistik verheißt ein Happy End, denn der „Wintermeister“ wurde nur selten noch abgefangen. 31 Mal ging die Schale an ihn, 16 Mal wurde er noch eingeholt. Doch der BVB steht nicht grundlos an der Tabellenspitze. „Die Mannschaft hat großes Vertrauen in sich und wird von allen Seiten bestätigt“, so Graw. Das sei wichtig für die Spieler.
Und am Ende hat der BVB sogar auch immer das mahnende Beispiel der TSG Hoffenheim auf dem Zettel. Die Kraichgauer hatten zur Winterpause 2008 elf Punkte Vorsprung auf den späteren Meister aus Wolfsburg und brachen in der Rückrunde in sich zusammen. „Da sieht man, wie fragil und komplex das Konstrukt einer Mannschaft ist, wenn sich nur wenige Komponenten verändern.“ Damals verletzte sich Hoffenheims Top-Stürmer Vedad Ibišević schwer und fiel die komplette Rückserie aus. „Bleibt der BVB von solchen Faktoren verschont, traue ich ihnen die Meisterschaft zu“, prognostiziert Graw. „Die Dortmunder müssen einfach ihre Spieler weiter fokussieren, dran bleiben und immer so weitermachen.“
Jürgen Klopp wird sicher dafür sorgen.