Dortmund. .

Nach dem 2:0-Sieg gegen die Bayern liegt der BVB in der Tabelle jetzt schon zehn Punkte vor dem deutschen Rekordmeister.

Es hätte sein Abend werden können. Mario Gomez kauerte nach dem Abpfiff verzweifelt am Boden, vergrub das Gesicht zwischen den Knien. An ihm vorbei rasten, tänzelten, schwebten Dortmunder Borussen. Der Bayern-Mittelstürmer, erstmals in dieser Saison von Beginn an aufgeboten, hatte in der ersten Halbzeit drei hochkarätige Chancen ausgelassen und es damit versäumt, die vor der Pause deutliche Überlegenheit der Münchener zu veredeln. Solche Nachlässigkeiten seiner Gegner bestraft das unaufhörlich willensstarke BVB-Team gnadenlos.

Ein abgefälschter Schuss von Lucas Barrios in der 52. Minute und ein traumhaft schön direkt verwandelter Freistoß von Nuri Sahin in der 60. Minute bescherten den Dortmundern einen 2:0-Erfolg, der sie in der Liga prächtig im Rennen hält. Zweiter Platz, 18 Punkte, sensationelle zehn Zähler vor den Bayern: Der auch von ihren Fans wieder phantastisch angetriebenen Mannschaft aus der Wir-Stadt Dortmund ist in dieser Saison alles zuzutrauen.

Es ist erstaunlich, welche Kräfte die Borussen zu mobilisieren verstehen. Sie hatten das anstrengende Europa-League-Spiel gegen den FC Sevilla in den Knochen, sie hatten dieses ärgerliche 0:1 vom Donnerstagabend zu verdauen. Kein Wunder, dass ihnen die Frische fehlte. „Und gegen die Bayern ist am Anfang immer auch noch ein bisschen Respekt dabei“, gab Nuri Sahin zu. Eine solche Situation hatten die in den vergangenen Wochen oft spielerisch dominierenden Schwarz-Gelben noch nicht erlebt. Doch trotz der offensichtlichen Nachteile kämpften sie sich zurück.

„Ich war froh, als die Halbzeit kam“, erklärte BVB-Trainer Jürgen Klopp. „Der positive Aspekt war, dass es noch 0:0 stand, die Bayern hätten relativ hoch in Führung liegen können.“ Klopp zeigte seinen jungen Männern einige ihrer Fehler auf und redete sie anschließend stark: „Ich habe ihnen gesagt: Wenn wir jetzt noch anfangen, gut Fußball zu spielen, haben wir eine Chance zu gewinnen.“

Powerfußball

Besonders stolz war der Trainer darauf, dass seine Spieler die beiden Tore erzwungen hatten. Nach einem Einwurf von Marcel Schmelzer und einer miserablen Kopfball-Abwehr von Martin Demichelis eroberte Sven Bender durch aggressives Pressing den Ball, den Lucas Barrios aufnahm und eindrosch. Und bevor Nuri Sahin den auf der Tribüne sitzenden türkischen Nationaltrainer Guus Hiddink vor dem EM-Qualifikationsspiel am Freitag in Berlin mit einem zauberhaften Schlenzer über die Mauer beeindrucken konnte, hatte Mats Hummels durch energisches Vorpreschen den Freistoß herausgeholt.

Die Dortmunder berauschen sich Woche für Woche an ihrem Powerfußball, am Sonntag ließ sich sogar der bisher bewusst besonnen aufgetretene Trainer zu einer außergewöhnlichen Show-Einlage hinreißen. Eine halbe Stunde nach Spielschluss bespaßte Jürgen Klopp die Südtribüne mit La Ola und einem Solo-Tänzchen. Natürlich musste er sich daraufhin die Frage gefallen lassen, die er nicht hören will: Kann Dortmund Meister werden? „Glücklicherweise sind wir nicht behämmert und können alles richtig einordnen“, antwortete Klopp nach seinem ersten persönlichen Sieg gegen die Bayern.

Dass seine Freunde von seinem ehemaligen Klub Mainz 05 derzeit die Liga anführen, muss den BVB nicht weiter beunruhigen. Der Startrekord von sieben Siegen in Serie war zuvor schon den Bayern (1995/96) und dem 1. FC Kaiserslautern (2001/02) gelungen. Und am Ende jener beiden Spielzeiten hieß der Meister jeweils Borussia Dortmund... Das sei vor dem Spiel schon angesprochen worden, erzählte Klopp und schob ganz schnell nach: „Aber nur im Spaß!“ Dann traute er sich doch noch, das Fähnchen in den kräftig wehenden Wind der Euphorie zu halten: „Sollte sich Geschichte zwingend wiederholen wollen, wären wir die Letzten, die sich wehren würden.“