Stuttgart. .

Andere Klubs werfen Millionen auf den Transfermarkt, der BVB setzt auf Perspektivspieler. Und die zahlen das Vertrauen schon jetzt zurück.

Zweimal dribbelte Mario Götze am Sonntag in Stuttgart während der zweiten Halbzeit aufs VfB-Tor zu, zweimal fehlte ein konsequenter Abschluss. Er hatte sein erstes Bundesligator für Borussia Dortmund ja schon vor der Pause erzielt, er durfte deshalb ohnehin schon jede Menge Glückwünsche entgegennehmen. Dadurch, dass er nicht gleich dreimal getroffen hatte, blieb es ihm immerhin erspart, voreilig zum neuen Helden ausgerufen zu werden.

Mario Götze ist 18 Jahre jung, er dürfte noch die A-Jugend des BVB verstärken. Aber er spielt bereits in der Bundesliga. „Weil er ein sehr, sehr guter Fußballer ist“, sagt Sportdirektor Michael Zorc, der sich mit Superlativen gewöhnlich zurückhält.

Auch Shinji Kagawa und Robert Lewandowski sind erst 21, auch sie gehören seit Saisonbeginn zum BVB-Team. Der Japaner hat sich auf Anhieb etabliert, der Pole drängt sich ebenfalls auf. Trainer Jürgen Klopp hat unter vielen guten jungen Fußballern die Qual der Wahl.

Kehl: „Nicht größenwahnsinnig werden“

Es war beeindruckend, wie schnell sich die Schwarz-Gelben nach der 0:2-Auftaktniederlage gegen Leverkusen gefangen hatten. Beim 3:1 in Stuttgart schüttelten sie sogar die Strapazen der Reise nach Aserbaidschan, die mit dem 1:0-Sieg bei Qarabag Agdam ihren Zweck erfüllt hatte, aus den Trikots. „Wir hätten noch den einen oder anderen Konter besser abschließen können“, meinte Kapitän Sebastian Kehl, „aber wir brauchen auch nicht größenwahnsinnig zu werden.“ Eine Einstellung, die Identifikation schafft.

Beim BVB greift ein Rädchen ins andere. Die Klubführung hält ihr Geld zusammen, sie setzt auf Perspektivspieler und hat einen Trainer gefunden, den die Aus- und Weiterbildung reizt. Die Talente zahlen das in sie gesetzte Vertrauen schon erstaunlich früh zurück. Sie werden gefordert, sollen aber nicht überfordert werden. „Wir wären auch bei einer Niederlage in Stuttgart ruhig geblieben“, betont BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. „Wir sind von unserem Handeln überzeugt. Bei uns bricht nach einem 0:2 gegen Leverkusen auch keine Panik mehr aus. Das macht vieles leichter.“

Interessante Alternative

Das auf finanzielle Sicherheit und dennoch auch auf sportliche Attraktivität angelegte Langzeitprojekt BVB ist nicht nur eine interessante Alternative zu den von Watzke kritisch beurteilten Geschäftsmodellen in Hoffenheim, Wolfsburg und Leverkusen. Es ist auch der Gegenentwurf zum derzeitigen Totalumbruch des Revierrivalen Schalke 04. Dort wurde Felix Magath in der vergangenen Saison noch dafür gefeiert, in der Not auf die Jugend gesetzt zu haben. Christoph Moritz und Lukas Schmitz aber gehörten beim 1:2 gegen Hannover nicht einmal mehr zum Aufgebot.

Beim BVB hingegen müssen eher erfahrene Spieler damit rechnen, von jüngerer Konkurrenz verdrängt zu werden. Tamas Hajnal, den Hannover 96 gerne ausleihen würde, ist in Dortmund nicht mehr erste Wahl, Dimitar Rangelov, für den sich Maccabi Tel Aviv interessiert, war es nie. Doch bei beiden will die Borussia die Verhandlungsfrist ausreizen, weil sie nichts zu verschenken hat und die Spieler auch behalten könnte. Der BVB selbst wird noch den ablösefreien Antonio da Silva, der zuletzt beim FC Basel spielte, unter Vertrag nehmen. Dass der Brasilianer bereits 32 ist, darf nicht als Trendwende gewertet werden. Sondern als risikolose Ausnahme von der Regel.