Dortmund. Fortschritte werden für Dortmund zu einer Geduldsprobe. Das zeigt auch der Derbysieg gegen den VfL Bochum. Aber: Die Richtung stimmt.
An den Kleinigkeiten haperte es auch noch weit nach Abpfiff am Sonntagabend. Nuri Sahin hatte sich unter der Osttribüne des Dortmunder Stadions gerade von einer türkischen Reisegruppe verabschiedet, als er in eines der neuen Dienstfahrzeuge von Borussia Dortmund springen wollte, das Profis und Mitarbeiter zu ihren Privatwagen bringt.
Mats Hummels und Jamie Bynoe-Gittens hatten schon auf der Rückbank ihre Plätze eingenommen, Sahin wollte auf den Beifahrersitz. Er ruckelte an der Tür des Autos, doch die ließ sich nicht öffnen. Auch der Fahrer suchte zunächst vergeblich nach dem richtigen Knopf, um den Wagen zu entriegeln. Kurz danach konnte Sahin, inzwischen als Co-Trainer beim BVB beschäftigt, dann doch abreisen.
BVB nach Derbysieg gegen VfL Bochum auf Champions-League-Platz
Eine Szene mit Symbolcharakter. Die grobe Richtung in die es gehen soll, die stimmt ja bei Borussia Dortmund. Die Umsetzung allerdings läuft noch nicht ganz so flüssig. Das zeigte auch das 3:1 (1:1) im Revierderby gegen den VfL Bochum, durch das sich der letztjährige Vizemeister auf einen Platz nach vorne geschoben hat, der zur Champions-League-Teilnahme in der kommenden Saison berechtigt. „Wir haben das Spiel wieder früh genug entschieden und mussten nicht zittern“, stellte Dortmunds Angreifer Niclas Füllkrug erfreut fest, dem sein erster Dreierpack (7./Foulelfmeter, 72., 90.+1/Foulelfmeter im schwarz-gelben Trikot gelang. Doch „natürlich weiß jeder, dass es manchen Stellen noch Luft nach oben gibt“.
Der 30-Jährige verwies auf einen Prozess, bei dem man auch die Eindrücke der Hinrunde zur Bewertung heranziehen müsse. „Da hatte wir nicht immer die Konstanz, die Spiele zu gewinnen. Am Ende sogar Probleme, sie überhaupt zu gewinnen“, gestand Füllkrug. „Deswegen bin ich sehr einverstanden, dass wir uns das Selbstverständnis zurückarbeiten, Siege einzufahren – egal, ob auswärts oder daheim.“ Drei Siege in Serie bei 10:1 Toren gab es in diesem Januar.
BVB gewinnt auch gegen die unangenehmen Gegner
Fortschritte werden für den BVB dennoch zur Geduldsprobe. Zugutehalten muss man den Dortmundern, dass sie nun offenbar ein Mittel gefunden haben, gegen unangenehm auftretende Gegner zu bestehen. Darmstadt, Köln, Bochum – allesamt sind sie prädistiniert dazu, der Borussia ein Bein zu stellen. In Gestalt von Aufsteiger 1. FC Heidenheim wartet am Freitag (20.30 Uhr/DAZN) ein weiteres Team dieser Kategorie, das dem BVB im Hinspiel (2:2) zwei Punkte klaute.
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Mitreißend ist der Fußball noch immer nicht, doch im Vergleich zur Hinrunde ist inzwischen durchaus eine Struktur zu erkennen und das, obwohl zuletzt fast ein Dutzend Profis fehlten. Die individuelle Klasse von Spielern wie Jadon Sancho, Donyell Malen oder Ian Maatsen hilft dabei, auch tiefstehende Teams zu überlisten. Was fehlt: Mehr Präzison im letzten Spieldrittel und klare Abschlüsse.
Und auch die Defensive steht mittlerweile stabiler. Ein Gegentor in drei Partien ist beachtenswert vor dem Hintergrund, dass nach der Hinrunde bereits 25 Treffer in der Bilanz standen. „Wir haben eine gute Höhe, schieben immer wieder raus, machen es im Verbund richtig gut“, lobte Innenverteidiger Nico Schlotterbeck, der den Ball zum zwischenzeitlichen Bochumer Ausgleich übermotiviert, wenngleich unglücklich ins eigene Tor grätschte (45.). Der 24-Jährige wollte bei seiner Analyse auch Abräumer Salih Özcan sowie die Flügelstürmer, die „gute Wege nach hinten machen“ einbeziehen. Daher sei es „relativ leicht für uns, die letzten Bälle wegzuverteidigen“.
Nach Niederlage beim BVB: VfL Bochum hadert
Beim von Füllkrug und Schlotterbeck erläuterten Prozess hilft dem BVB auch, dass alle drei bisherigen Gegner an akuter Harmlosigkeit litten. „Wir müssen im gegnerischen Drittel mit dem Ball noch ruhiger sein, beim letzten Pass fehlte noch was“, sagte Mittelfeldspieler Kevin Stöger. „Ich bin stolz auf die Mannschaft, in welcher Art und Weise wir hier aufgetreten sind.“ Hätte Dortmunds Linksverteidiger Maatsen nicht Matus Bero in höchster Not abgegrätscht, wäre das Spiel womöglich gekippt. Für den VfL geht es in Spielen wie am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den direkten Konkurrenten FC Augsburg darum, Punkte im Abstiegskampf zu sammeln. „Wenn wir so weitermachen, werden wir uns in den kommenden Aufgaben belohnen“, kündigte Trainer Thomas Letsch an.
Wo genau der BVB nach drei Spielen in 2024 steht, das ist noch immer nicht ganz genau zu definieren. „Ich bin weder Hellseher, noch Mathematiker“, sagte BVB-Coach Edin Terzic. „Es fällt mir schwer eine Prozentangabe zu geben.“ Nur so viel: „Neun Punkte, das ist das Maximum.“ Die Richtung stimmt.