Dortmund. Beim 2:2 gegen Schalke patzt BVB-Profi Jude Bellingham vor den Gegentoren. Danach gibt es Fragen zu Knieproblemen und der Zukunft des Jungstars.
Wutentbrannt pfefferte Jude Bellingham sein Tape auf den Rasen. Dieses Tape sollte im Verlaufe des Abends noch wichtig werden. Erst einmal aber war die Aktion ein Zeichen dafür, wie groß der Ärger auf Dortmunder Seite war über dieses 2:2 im Revierderby beim FC Schalke 04, über dieses Spiel, in dem man zweimal eine Führung aus der Hand gegeben hatte – und das gegen einen fußballerisch deutlich unterlegenen Gegner.
Jude Bellingham übernimmt beim BVB Verantwortung
Wenn man wollte, taugte Bellingham an diesem Nachmittag durchaus zum Sinnbild der Dortmunder Mannschaft. Der 19-Jährige hatte, wie so oft, Verantwortung übernommen für das Spiel seiner Mannschaft; zumindest dann, wenn es nach vorne ging. In Abwesenheit der Kreativspieler Julian Brandt und Marco Reus mühte er sich, das Spiel zu strukturieren, hatte auch gute Aktionen, spielte ordentliche Pässe – und bereitete so unter anderem eine gute Chance für Donyell Malen vor (30.).
Aber Bellingham gehörte auch zu jenen BVB-Profis, die nach der Halbzeitpause mit einer Körpersprache agierten, als würden sie schon 7:0 führen. BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl hatte den Eindruck, „dass wir in der zweiten Halbzeit vielleicht wegen unserer Dominanz und Spielkontrolle ein klein wenig gedacht haben, es geht heute von alleine und an der einen oder anderen Stelle brauchen wir uns nicht mehr so zu konzentrieren. Und dann kamen wir komplett unnötig in die Situation, dass wir uns fragen mussten: Warum steht es hier unentschieden?“
Jude Bellingham steckt in der Schaffenskrise
Dabei gab es dafür gute Gründe. Einer hieß: Jude Bellingham. Der leistete sich kurz nach der Pause einen komplett unnötigen Ballverlust gegen Alex Kral, den die Schalker zu einem blitzsauberen Konter und dem 1:1 durch Marius Bülter nutzten (50.). Vor dem 2:2 ließ Bellingham am Flügel jede Energie vermissen, die es gebraucht hätte um Bülter an der Flanke auf den Torschützen Kenan Karaman zu hindern (79.).
Bellingham steckt in einer kleinen Schaffenskrise, nicht nur am Samstag gegen Schalke, sondern schon ein paar Wochen länger. Dem Eindruck konnte oder wollte Kehl auch nicht widersprechen: „Er ackert, macht, tut und will, aber es gibt so Phasen. Man muss zugestehen, dass Spieler nicht immer auf allerhöchstem Niveau agieren.“ Erst recht nicht, wenn man gerade erst 19 ist und seit Anfang 2022 unglaubliche 65 von 68 möglichen Spielen für den BVB und die englische Nationalmannschaft bestritten hat, der dabei fast immer in der Startelf stand und fast nie ausgewechselt wurde.
BVB-Sportdirektor Kehl bejaht Probleme mit dem Knie
Und diese Dauerbelastung, so scheint es, fordert nun ihren Tribut, dafür war das Tape am Knie ein deutlicher Hinweis. „Das gibt ihm Stabilität, das ist nichts Wildes“, wiegelte Trainer Edin Terzic zwar ab, Sportdirektor Kehl allerdings klang weniger positiv: „Er plagt sich seit ein paar Tagen damit herum, hatte das auch in den letzten Wochen ein paar Mal“, sagte er, womit Knieprobleme beim BVB-Youngster bestätigt waren. „Das kostet ihn vielleicht ein bis zwei Prozent, aber wir hoffen, dass er das schnell in den Griff bekommt.“ Auf die Frage, was den genau das Problem sei, lächelte Kehl nur – und schwieg.
Schweigen ist so ein Thema rund um Bellingham. Der junge Engländer redet seit Wochen kaum noch öffentlich, er würde ja doch nur nach seiner Zukunft gefragt werden. Sein Vertrag in Dortmund läuft zwar noch bis 2024, aber dass er den erfüllt, ist höchst unwahrscheinlich. Die Frage ist eher, ob er schon diesen oder erst nächsten Sommer geht. Beim BVB macht man sich durchaus noch Hoffnung, dass der Mittelfeldspieler bleibt, man will sogar mit ihm verlängern und sein Jahresgehalt von bislang sechs Millionen Euro in den deutlich zweistelligen Millionenbereich heben. Und man glaubt, gute Argumente zu haben, beim BVB kann Bellingham schon in jungen Jahren eine Chefrolle bekleiden und sich so optimal weiterentwickeln.
BVB: Jude Bellinghams Vater sondiert den Markt
Dennoch sondiert sein Vater und Berater Mark längst den Markt – denn Argumente für einen Wechsel gibt es auch: Anderswo kann Bellingham noch viel mehr verdienen, kann er mehr Titel gewinnen – und die Frage bleibt ja, ob er dem BVB nicht schon längst entwachsen ist.
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Als künftige Vereine kommen nur die ganz Großen des Weltfußballs in Frage: Mark Bellingham soll sich erst kürzlich mit den Bossen von Real Madrid getroffen haben, zudem sind Manchester City und der FC Liverpool im Rennen. Kein Wunder, wer sonst soll sich diesen Transfer leisten? Deutlich mehr als 100 Millionen Euro stellen sich die BVB-Verantwortlichen vor, im Gesamtvolumen soll es eher Richtung 150 Millionen gehen. Dafür aber wäre es gut, wenn Bellingham aus seinem kleinen Leistungsloch möglichst schnell wieder herausklettert – und seine Knieprobleme bald überwunden sind.