Marbella. Sebastien Haller ist mit Dortmund nach Spanien gereist und arbeitet im Trainingslager an seiner Rückkehr.

Der Wind wehte den Lärm der benachbarten Autobahn herüber, die Temperaturen kühlten langsam ab, die Sonne verabschiedete sich gemächlich. Einige Fans hatten sich auf einem kleinen Hügel postiert, während schwarz-gelbe Oberteile auf dem Rasen der Fußballanlage La Dama de Noche in Marbella zu sehen waren und sich dazwischen einer mit bewegte, für den selbst diese leichte erste Einheit des Trainingslagers von Borussia Dortmund am Freitagabend etwas Besonderes war: Sebastien Haller. Sechs Monate nach seiner erschütternden Krebsdiagnose befindet sich der 28-Jährige auf dem Weg der Rückkehr und ist Teil des Kaders in Spanien.

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Schaut man in diesen Tagen genauer hin, lassen sich die Strapazen der vergangenen Monate erkennen. Haller wirkt etwas dünner, ausgemergelter als noch im Sommer 2022, als er sich im Trainingslager in der Schweiz, vollgepumpt mit Tatendrang, vorstellte, um nur kurz danach aus seinem Alltag gerissen zu werden. Damals wurde bei ihm ein bösartiger Hodentumor gefunden, der wichtigste Neuzugang musste plötzlich um seine Gesundheit kämpfen. Zwei Operationen folgten, Haller unterzog sich einer Chemotherapie. Seit dem Vorbereitungsstart am Montag befindet er sich wieder im Kreis der Mannschaft, was die Frage aufwirft, wie schnell der Stürmer wieder in einem Pflichtspiel mithelfen kann?

BVB bremst Erwartungshaltung

Seine Werte seien gut, heißt es. Trotzdem bremst der Klub die Erwartungshaltung. Langsam solle Haller an die Strapazen des Profifußballs herangeführt werden. Dass der Angreifer bereits beim ersten Bundesligaspiel nach der Winterpause gegen den FC Augsburg (22. Januar) in den Kader rutschen könnte, damit rechnen die Verantwortlichen nicht. Es sei generell schwer abzusehen, wie schnell sich Hallers Körper wieder an Höchstleistungssport gewöhnen könne. Die Erfahrungswerte würden fehlen, niemand wisse genau, was die Therapie mit Haller gemacht habe. In Marbella solle er zunächst weiter ein individuelles Programm absolvieren und zwischendrin immer wieder in Teilen des Mannschafttrainings mit schwitzen.

Der Weg zurück wird wohl noch ein steiniger werden. Timo Baumgartl, Verteidiger von Union Berlin, dessen Leben im vergangenen Jahr ebenfalls durch eine Hodenkrebs-Erkrankung auf den Kopf gestellt wurde, berichtete zuletzt, dass die ersten Wochen im Mannschaftstraining nach seiner Chemotherapie anders gewesen seien. „Mein Körper hat gebraucht, um das Gift aus dem Körper zu bekommen“, sagte der 26-Jährige. Mittlerweile stand er bereits wieder in der Startelf.

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Haller hat schon mal erzählt, dass Baumgartls Rückkehr ihm Mut mache. Beide schreiben sich regelmäßig, versuchen, sich zu helfen. Überhaupt zeigt Sebastien Haller seit seiner Diagnose eine sehr persönliche Seite von sich, ohne Haare saß er auf der Tribüne im Dortmunder Stadion. Zuletzt gab er offen zu, dass er einen „Teil seiner Männlichkeit“ aufgeben haben müsse. Aber: „Auf diese Narbe am eigenen Körper muss man sogar stolz sein. Sich selbst sollte man sagen, dass es nichts gab, was man hätte tun können, um das zu verhindern.“ Niemand solle sich schämen, bei Beschwerden zum Arzt zu gehen. Bei Haller waren es Magenschmerzen, die nicht aufhörten. Durch ein MRT im Trainingslager im vergangenen Sommer wurde schließlich der Tumor gefunden, eine langwierige Behandlung folgte.

Am Freitagabend verließ Sebastien Haller mit Marco Reus den Platz, auf dem zuvor nicht allzu viel passiert war. Rund 30 Minuten waren die Dortmunder über den Rasen gelaufen, nichts Besonderes. Außer für jemanden, für den jeder Schritt hin zur Normalität ein wichtiger ist.