Dortmund. Die Verträge der beiden Dortmunder enden im Sommer. Wie es für die beiden BVB-Stars dann weitergeht, ist noch völlig offen.

Das Fußballerleben bietet einige Annehmlichkeiten, vor allem den Gehaltszettel; oder die Möglichkeit, eine ganze Region durch einen Titelgewinn zu beglücken; oder das Gefühl, vor der BVB-Südtribüne ein Tor zu erzielen, sodass sich die Stimmung entlädt wie eine aufploppende Sektflasche.

Nur gehört zur Problematik dieser Karrieren, dass sie in einem Alter enden, indem das Berufsleben anderer gerade erst so richtig Fahrt aufnimmt. Und dass es daher immer auch darum geht, den richtigen Zeitpunkt für den Abschied zu finden und würdevoll die letzten Meter einer Laufbahn zurückzulegen.

Andere Zeiten, andere Frisuren: Mats Hummels erlebt 2008 sein erstes BVB-Jahr, Marco Reus 2013.
Andere Zeiten, andere Frisuren: Mats Hummels erlebt 2008 sein erstes BVB-Jahr, Marco Reus 2013. © imago/getty

BVB-Verantwortliche sitzen am längeren Hebel

Mats Hummels, 34 Jahre alt, und Marco Reus, 33 Jahre alt, befinden sich bei Borussia Dortmund auf jenen letzten Metern. Zwei große Spieler, zwei mit Makeln, zwei, die weiterhin weiterhin wichtig sind für die Mannschaft, für das Ansehen des Klubs. Nur wie lange noch?

Diese Frage wird die Borussia in diesem Frühjahr begleiten. Beide Verträge enden im kommenden Sommer. Wird das Arbeitsverhältnis also verlängert? Und wenn ja, zu welchen Konditionen?

Hört man sich um, nimmt man im Verein eher verhaltene Reaktionen wahr. Die Gespräche würden bald aufgenommen werden, eine Verlängerung sei möglich, aber nicht zwangsläufig, heißt es. Anders als bei einem Talent wie Youssoufa Moukoko (18) sitzen die Verantwortlichen diesmal am längeren Hebel, da sie wissen, dass Hummels und Reus in ihrem Alter wohl kaum noch einen größeren Verein als den BVB finden werden.

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Dadurch gelangt man zu dem komplizierten Bereich der Würde, in dem schnell Wunden aufgerissen werden können. Sportdirektor Sebastian Kehl muss einen Weg finden, beiden Spielern zu vermitteln, dass sie nun keinen langfristigen, hoch dotierten Vertrag mehr erwarten können. Marco Reus verdient um die zwölf Millionen Euro, Mats Hummels fast genauso viel. Summen, die fehlen, um den Kader umzustrukturieren, wie es dringend nötig ist. Andererseits haben beide im ersten halben Jahr unter Beweis gestellt, dass sie noch eine enorme Bedeutung einnehmen können.

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Marco Reus startete als Kapitän bemerkenswert in die Saison, ehe er sich im vergangenen September im Revierderby gegen Schalke (1:0) am Sprunggelenk verletzte und anschließend bis zum Winter nicht mehr fit werden sollte. Seit Montag arbeitet der gebürtige Dortmunder in der Vorbereitung jetzt daran, wieder auf das Niveau des Saisonstarts zu klettern. In dieser Form gehört er zu den Stützen der Offensive, allerdings wächst mit jedem weiteren Rückschlag das Risiko, nicht mehr die eigene Topform erreichen zu können.

BVB: Hummels hat sich gegen Schlotterbeck und Süle behauptet

Mats Hummels musste schon immer sein Tempodefizit durch Antizipation ausgleichen, schon häufig hat er Kritiker widerlegt, die ihn bereits abgeschrieben hatten. In dieser Saison hat er es geschafft, trotz der Neuzugänge Nico Schlotterbeck und Niklas Süle der Abwehrchef der Mannschaft zu bleiben. Ehe er in der letzten Partie vor der Winterpause in Mönchengladbach (2:4) einen desaströsen Abend erlebte und es so schien, als würde er vor Enttäuschung über die ausbleibende Nominierung für die WM in Katar zusammenbrechen.

Niklas Süle trainiert wie immer mit einem langärmligen Shirt - hier steht der BVB-Verteidiger vor Nico Schlotterbeck.
Niklas Süle trainiert wie immer mit einem langärmligen Shirt - hier steht der BVB-Verteidiger vor Nico Schlotterbeck. © dpa

Neben dem Platz gehören Reus und Hummels zu den Wortführern, das kann helfen, das kann gleichzeitig dabei stören, weitere Führungspersönlichkeiten zu finden. Hummels beklagte sich sogar öffentlich über die Schönspielerei einiger Kollegen, was nicht bei allen gut ankam. Allerdings gerade bei den Fans auf Zustimmung traf. Diese respektieren die langjährigen Leistungsträger, empfinden jedoch keine uneingeschränkte Liebe. Reus steht auch für die Wankelmütigkeit der vergangenen Jahre, Hummels‘ Ansehen hat durch seinen zwischenzeitlichen Ausflug zum FC Bayern (2016 bis 2019) gelitten.

BVB wird sich emanzipieren müssen

Offen ist nun, ob beide in der Lage sind, anzuerkennen, dass sie wohl auf Gehalt verzichten müssen, dass sie anderen meinungsstarken Persönlichkeiten mehr Raum einräumen sollten. Denn aufhalten lässt sich das Ende nicht, bald wird sich Borussia Dortmund von Marco Reus und Mats Hummels emanzipieren müssen. Vielleicht schon in diesem Sommer. Vielleicht ein oder zwei Jahre später.

Das Problem ist, dass man immer erst weiß, dass der richtige Zeitpunkt für den Abschied verpasst wurde, wenn es schon zu spät ist.