Dortmund. Marco Reus soll im Ligaspiel bei Union Berlin zurückkehren. Gegen den defensivstarken Spitzenreiter wird der BVB-Kapitän dringend gebraucht.

Nein, so will Edin Terzic das nicht stehenlassen: „Man darf Union Berlin nicht auf die Defensive reduzieren“, sagt der Trainer von Borussia Dortmund, bevor er mit seiner Mannschaft am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) in Köpenick antritt. „Sie haben auch 16 Tore geschossen – und du brauchst ja Tore, um Erster zu sein.“ Das nämlich ist die recht einfache Faustregel in der Bundesliga: Wer keine Tore kassiert, steigt vermutlich nicht ab. Wer viele Tore schießt, findet sich vermutlich weit oben in der Tabelle wieder.

Union Berlin gelingt beides ziemlich gut aktuell: Nur sechs Gegentore sind Ligabestwert, und nur zwei Mannschaften haben mehr als die 16 Treffer des Tabellenführers erzielt. Der BVB zählt nicht dazu. Er hat bislang zwölf Gegentore, was für seine Verhältnisse ein respektabler Wert ist. Aber er hat auch erst 13 eigene Treffer erzielt, was für die gewöhnlich offensivstarken Dortmunder sehr wenig ist. 25 Tore waren es zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison.

BVB-Trainer Terzic lobt Union Berlin

Und nun geht es gegen eine Mannschaft, deren Markenzeichen dann eben doch in erster Linie die hervorragend organisierte Defensivarbeit ist. „Sie errichten nicht nur ein Abwehrbollwerk, sondern variieren das sehr gut mit hohem Anlaufen“, sagt Terzic. „Ihre Abstimmung ist dabei super, sie sichern einander sehr gut ab.“ Wie muss man da als Offensive vorgehen, um Lücken zu reißen? „Es geht darum, immer wieder Räume zu öffnen und neu zu besetzen“, erläutert der BVB-Trainer. „Wir müssen die richtigen Zeitpunkte finden, wann wir den Ball in den Fuß und wann in den Raum spielen.“

BVB-Trainer Edin Terzic (rechts) mit Marco Reus.
BVB-Trainer Edin Terzic (rechts) mit Marco Reus. © firo | firo

Zuletzt gelang das eher mäßig, beim 1:1 in der Champions League gegen den ebenfalls mit einer Fünferkette verteidigenden FC Sevilla fiel den Dortmundern wenig ein. Aber in Berlin könnte ja einer helfen, der Spezialist ist für enge Räume und der zuletzt schmerzlich vermisst wurde: Marco Reus. Gut einen Monat, nachdem sich der Kapitän im Derby gegen Schalke am Außenband verletzte, steht der BVB-Kapitän nun vor der Rückkehr. Läuft alles nach Plan, steht er zumindest im Kader der Dortmudner für die Reise in die Hauptstadt.

Reus verleiht der BVB-Offensive Struktur

„Wir haben unseren Kapitän sehr vermisst und freuen uns nun, dass er hoffentlich einsatzbereit ist“, sagt Terzic dazu – und erklärt auch gleich, warum er sich so freut: „Marco war in herausragender Form vor seiner Verletzung, er hat sehr viele offensive Aktionen nicht nur eingeleitet, sondern auch vollendet und häufig das 1:0 für uns erzielt.“

Auch wenn das Tempo vergangener Jahre fehlt, auch wenn der Kapitän sich dann und wann schöpferische Pausen gönnt: Noch immer ist es der 33-Jährige, der der Dortmunder Offensive Struktur verleiht, der mit seinen klugen Laufwegen, seinem schnellen Aufdrehen, seiner guten Entscheidungsfindung und brillanter Technik auch unter höchstem Gegnerdruck Räume aufreißt. Bevor er sich gegen Schalke verletzte, erlebte der BVB den stärksten Reus seit langem.

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Einen wie ihn kann man gegen Union Berlin gut gebrauchen, zumal er zuletzt auch mit Julian Brandt hervorragend harmonierte – in Ermangelung echter Tempodribbler im Dortmunder Spiel waren es die beiden Spielmacher, die die entscheidenden Momente im Dortmunder Spiel kreierten.

Adeyemi und Malen haben noch Luft nach oben

Doch es sind mehr als die Stärken am Ball, die Reus zu einem wichtigen Faktor machen: „Er ist nicht nur für unsere Offensive wichtig, sondern auch wegen seines Anlaufverhaltens und Pressings“, sagt Trainer Terzic. Er hat ein gutes Gespür, wann er aus seiner Position nach vorne stechen muss.“ Nicht allen Dortmunder Offensivkräften ist es gleichermaßen gegeben, sich an der Defensivarbeit zu beteiligen, Karim Adeyemi und Donyell Malen etwa haben in dieser Disziplin noch reichlich Luft nach oben. Und daher ist es vielleicht kein Zufall, dass Dortmund in jedem der Spiele ohne seinen Kapitän mindestens ein Gegentor kassierte.

Und so ruhen die Hoffnungen zumindest in Teilen wieder einmal auf dem dienstältesten Borussen, wenn es am Sonntag zum Tabellenführer nach Köpenick geht – und wenn die klare Forderung des Trainers umgesetzt werden soll: „Wir wollen den Rückstand von vier auf einen Punkt verkürzen“, sagt Terzic.