Manchester/Dortmund. Trotz starker Leistung unterlag Borussia Dortmund bei Manchester City. Der BVB braucht nun am Samstag einen Erfolg gegen Schalke.

Für Jude Bellingham war extra ein Sonderbewacher abgestellt, der ihm nicht von der Seite wich – und den ganzen Weg von der Sicherheitskontrolle zum Abflugschalter am Flughafen von Manchester begleitete. Als englischer Nationalspieler und Publikumsliebling hätte Bellingham ja für einigen Wirbel sorgen können im wuseligen Flughafenbetrieb, aber mehr als ein paar höfliche Anfragen für Selfies mit Fans gab es nicht. Und so hatte der 19-Jährige noch etwas mehr Zeit, über den Vorabend zu grübeln, über die 1:2 (0:0)-Niederlage bei Manchester City.

Wie hatte Bellingham die Nacht verarbeitet? „Gar nicht“, antwortete er. Es war ja auch nicht leicht, auch Trainer Edin Terzic trug sich noch sichtlich schwer an dem, was keine zwölf Stunden zuvor geschehen war. Die Schmerzen entsprangen dabei nicht nur dem Ergebnis an sich, sondern vor allem der Art und Weise, wie es zustande gekommen war: Bis zur 80. Munte nämlich hatte der verletzungsgeschwächte BVB beim großen Favoriten mit 1:0 geführt, Bellingham hatte eine Hereingabe von Marco Reus per Kopf ins Tor bugsiert (56.).

BVB-Sportdirektor Kehl lobt Auftritt

Bis dahin hatten die Dortmunder eine taktische und kämpferisch hervorragende Leistung geboten, hatten mit einem Drei-Mann-Mittelfeldzentrum vor einer Vierer-Abwehrkette die Räume verengt und City kaum Chancen gelassen. „Wir waren unglaublich konzentriert, unglaublich diszipliniert, sehr kompakt“, lobte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl. „Ich habe Manchester City in der ersten Halbzeit selten so ideenlos gesehen, wie das heute der Fall war. Aber am Ende können wir uns nichts dafür kaufen.“

Jude Bellingham ist die Enttäuschung über die Niederlage anzusehen, als er sich bei den BVB-Fans bedankt.
Jude Bellingham ist die Enttäuschung über die Niederlage anzusehen, als er sich bei den BVB-Fans bedankt. © Getty Images | Getty Images

Am Ende jubelten nämlich die anderen. Der Rückstand hatte die bis dahin seltsam antriebslosen Citizens noch einmal angestachelt, sie wechselten zudem Offensivkünstler wie Phil Foden und Bernardo Silva ein und zogen die Schlinge immer enger, drängten die Dortmunder immer weiter in den Strafraum. Und denen fehlten zunehmend die Kräfte, jedem Ball hinterherzurennen und jedes Mal entschlossen auf den Gegner loszusprinten. Und so hatte John Stones in der 80. Minute etwas zu viel Platz und hielt aus 25 Metern wuchtig drauf. Der Ball flatterte etwas, war aber alles andere als unhaltbar – und schlug doch im Tor ein. „Normalerweise hält Alex den“, sagte Kehl über Torhüter Alexander Meyer, der erneut den verletzten Gregor Kobel vertrat.

BVB gegen Schalke: Mehr News zum Derby

Haaland trifft gegen BVB in Kung-Fu-Manier

Flanke um Flanke flog nun in den Strafraum und wurde wieder hinausbefördert – bis zur 84. Minute: Joao Cancelo schlug den Ball mit dem Außenrist nach innen und Erling Haaland tat, was nur Erling Haaland kann: Er setzte an zu einem gewaltigen Sprung und beförderte den Ball artistisch in Kung-Fu-Manier ins Tor. Bei jedem anderen Spieler wäre die Flanke unerreichbar ins Toraus geflogen, da war man sich in der Dortmunder Reisegruppe einig – und daher machte auch niemand dem eingewechselten Nico Schlotterbeck einen Vorwurf, der zufällig in der Nähe stand.

BVB-Trainer Edin Terzic bei der Partie in Manchester am Spielfeldrand.
BVB-Trainer Edin Terzic bei der Partie in Manchester am Spielfeldrand. © firo | firo

Anderen aber schon: „Wir haben uns 80 Minuten lang aufgeopfert, hatten ManCity genau dort, wo wir sie haben wollten“, haderte Hummels. „Und dann haben wir zwei freie Bälle 20 Meter vorm Tor einfach zugelassen, anstatt 95 Minuten über die Grenze zu gehen.“ Man sei „vor den Gegentoren einfach zu passiv geworden“. Schönen Gruß an die Vorderleute, namentlich Marco Reus und Salih Özcan beim 1:1 und Bellingham sowie Emre Can beim 1:2. Schon direkt nach Abpfiff hatte Mats Hummels noch auf dem Platz energisch und mit erhobenem Zeigefinger auf Marco Reus eingeredet, was prompt als Zeichen für Unfrieden in der Mannschaft interpretiert wurde. Sehr zur Verwunderung der Beteiligten übrigens: Das sei doch sehr zivilisiert gewesen, da habe man doch schon wesentlich energischer gestritten.

BVB braucht gegen Schalke ein Erfolgserlebnis

Zu großen Diskussionen gibt es keinen Anlass, noch nicht. Denn so stark die Leistung auch war, so bitter die Niederlage geriet – am Ende steht eben eine Niederlage, die zweite binnen Wochenfrist nach dem 0:3 bei RB Leipzig. Der Arbeitsauftrag für das Wochenende ist somit klar formuliert: Am Samstag im Derby gegen den Revierrivalen Schalke 04 (15.30 Uhr/Sky) braucht es dringend wieder einmal ein Erfolgserlebnis. „Wir können stolz sein auf die Leistung“, formulierte Kehl noch in Manchester. „Aber damit geht auch die Verpflichtung einher, am Samstag im Derby eine richtig gute Leistung abzuliefern. Und wenn die Mannschaft dann genau so auftritt, kann es nur einen Sieger geben am Wochenende.“