Dortmund. Borussia Dortmund trennt sich von seinem Chefscout Markus Pilawa. Grund ist ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu Sportdirektor Sebastian Kehl.
Die offizielle Mitteilung kommt harmlos daher: Borussia Dortmund stellt seinen Leiter Scouting und Analyse, Markus Pilawa, mit sofortiger Wirkung frei, heißt es da. Pilawa habe dem BVB zuvor angekündigt, zu einem direkten Konkurrenten wechseln zu wollen. "Wir respektieren diesen Entschluss und haben uns mit Blick auf die anstehenden Herausforderungen dazu entschieden, Markus Pilawa unmittelbar von seinen Aufgaben zu entbinden. Wir bedanken uns für die langjährige Zusammenarbeit und wünschen ihm für die Zukunft alles Gute", wird BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl zitiert.
In Wahrheit aber ist die Trennung nach Informationen dieser Redaktion alles andere als harmonisch. Das Vertrauensverhältnis zwischen Pilawa und BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl ist empfindlich gestört - weil nämlich Chefscout Pilawa mitten in der Transferperiode um die Freigabe aus seinem bis 2023 laufenden Vertrag bat, um zu einem direkten Ligakonkurrenten zu wechseln - nämlich zum FC Bayern.
Vertrauensbruch in einer sensiblen Phase
Es war in den Augen des neuen Sportdirektors ein Vertrauensbruch in einer für den Klub besonders sensiblen Phase - in der es darum geht, schneller und kreativer zu sein als die Konkurrenz, Informationen als erster zu bekommen, zu sammeln - und zu hoffen, dass andere Klubs diese Informationen nicht oder nicht sofort haben. Wenn in dieser Phase der Chefscout mit der Konkurrenz über einen Wechsel spricht, hört und sieht dies kein Verantwortlicher gern. Kehl sah sich gezwungen, ein Zeichen zu setzen.
Allerdings ist aus dem Klub auch zu hören, dass dies nicht der einzige Grund für die Trennung ist. Sportdirektor Kehl hat sich vorgenommen, die Transferpolitik des Klubs neu auszurichten. Die europaweite Jagd nach jungen Talenten, nach Kreativspielern, bleibt weiter wichtig - aber Kehl will auch andere Faktoren stärker in den Vordergrund rücken: Es soll verstärkt auf den Faktor Identifikation gesetzt werden, also im Zweifel auch mehr auf deutsche Spieler. Nicht nur Talent ist ausschlaggebend, sondern auch Haltung, Mentalität und die Lust darauf, beim BVB zu spielen. Und neben den vielen Zauberfüßen sollen immer wieder kampfstarke, dafür fußballerisch vielleicht nicht ganz so begabte Profis geholt werden.
Reibereien zwischen Pilawa und Kehl
Pilawa, so ist zu hören, trug die Neuausrichtung eher zähneknirschend mit. Der 44-Jährige, der ein enger Vertrauter des im Sommer abgetretenen Kehl-Vorgängers Michael Zorc war, hat sich zuletzt gemeinsam mit seinem Team vor allem als Entdecker hochbegabter junger Toptalente profiliert und damit die Arbeit seines Vorgängers Sven Mislintat fortgesetzt. Mehrfach hatte es in der jüngeren Vergangenheit Spekulationen um einen Wechsel Pilawas zu einem Ligakonkurrenten gegeben.
Einen potenziellen Nachfolger hat der BVB bereits in seinen Reihen: Im Juni kam Laurent Busser, einst Chefscout des FC Bayern. Der gebürtige Franzose besitzt ein großes Netzwerk und reichlich Expertise, nicht nur ins einem Heimatland. Bei seiner Verpflichtung wurde er hierarchisch unter Pilawa angesiedelt - nun könnte er aufrücken.