Dortmund. Der BVB befindet sich in einem Umbruch. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke will dem neuen Dortmunder Trainer Edin Terzic helfen.
Der Aufzug führt in die dritte Etage, durch die Glastüren schimmern die schwarz-gelben Sitze im Dortmunder Stadion, auf den Tischen liegt Gebäck. Hans-Joachim Watzke lehnt sich zurück, in seiner Hand dampft eine Zigarette. Der Geschäftsführer des BVB und Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Fußball Liga hat eingeladen, um über die Entwicklung im Fußball zu sprechen, die man durchaus als turbulent bezeichnen kann.
Eigentlich ruht derzeit zwar der Ligabetrieb, trotzdem liefert die Sportart Gesprächsstoff. Robert Lewandowski, das Aushängeschild in der Bundesliga, möchte den FC Bayern verlassen. Kylian Mbappé, Superstar aus Frankreich, hat seinen Vertrag bei Paris Saint-Germain für eine riesige Summe verlängert. Und dann befindet sich ja noch Watzkes Verein in einem Umbruch, Trainer Marco Rose musste gehen, Edin Terzic übernimmt.
Er warne nun davor, dass zu viel Euphorie entstehe, meint der BVB-Chef. „Man muss der Mannschaft Zeit geben, dem Trainer auch.“ Terzic habe den größten Kreditrahmen bei den Fans, „doch wir müssen den Ball flach halten. Er gibt immer 130 Prozent, er darf sich nicht verbrennen.“ Das realistische Ziel bleibe die Qualifikation für die Champions League, sagt der 62-Jährige.
Die Hierarchie beim BVB soll ich verändern
Diese wackelte in der vergangenen Spielzeit unter Trainer Rose nie, der BVB wurde Vizemeister, taumelte jedoch aus allen Pokalwettbewerben. Begeisterung entfachte die Borussia nicht, deswegen verändert der neue Sportdirektor Sebastian Kehl den Kader. Und deswegen fehlte letztlich die Überzeugung, dass Rose der richtige ist, um der Mannschaft neues Leben einzuhauchen.
Verstärken sollen die Dortmunder unter anderem Niklas Süle, Nico Schlotterbeck und Karim Adeyemi, alle drei bereiten sich gerade mit Deutschland auf die Nations League vor. „Wir hatten schon das Gefühl, dass wir wieder mehr Nationalspieler benötigen. Dabei geht es auch darum, die Hierarchie zu verändern“, sagte Watzke. „Das fällt mit deutschen Nationalspielern leichter, weil sie sich nicht erst anpassen müssen.“ Nun suche der Verein noch einen Ersatz für Stürmer Erling Haaland.
Denn der Norweger verlässt den BVB, künftig wird er sein Geld in der Premier League bei Manchester City verdienen. Beim Nachfolger sei nicht entscheidend, ob er jung oder alt sei, sondern dass er Tore schieße, erklärt Watzke. „Es gibt beide Denkmodelle.“ Nach den Informationen dieser Redaktion haben die Verantwortlichen etwa Sebastien Haller (27) von Ajax Amsterdam ins Auge gefasst, ein weiterer Kandidat ist Sasa Kalajdzic (24) vom VfB Stuttgart.
BVB-Geschäftsführer Watzke: „Wir sind politisch anständig"
Das Charisma eines Haaland besitzen die beiden nicht. Sollte auch Robert Lewandowski den FC Bayern verlassen, verliert die Bundesliga zwei Angreifer, mit denen sie bislang geworben hat, wenn sie sich international vermarkten wollte. „Wir müssen dann dahinkommen, neue Weltstars zu finden und zu entwickeln. Wir dürfen nicht immer alles schlechtreden. Robert und Erling kamen nicht als Stars in die Liga“, sagt Hans-Joachim Watzke. Die Bundesliga könne einen Trend setzen als demokratische Liga. „Wir sind politisch anständig, bei uns bestimmt kein Staat mit.“
Nur sorgen einige Staaten derzeit dafür, dass sich das Gehaltsgefüge im Spitzenfußball weiter nach oben schiebt. Kylian Mbappé (23) wird bei Paris Saint-Germain künftig so viel verdienen wie noch kein Fußball zuvor, weil Katar sich dies leisten möchte. Das arabische Land, das wegen seiner Verstöße gegen Menschenrechte in der Kritik steht und trotzdem die Fußball-WM in diesem Winter ausrichtet, finanziert den französischen Erstligisten. Der Vertrag von Mbappé lief aus, der Champions-League-Sieger Real Madrid lockte, Paris soll ihm jedoch allein für die Verlängerung rund 300 Millionen Euro zahlen.
„Sofern die Summe stimmt, wäre das schwer zu ertragen. Es ist ein Riesenproblem für die Klubs, dass immer mehr Spieler ablösefrei wechseln und das Geld zu ihnen wandert“, meint Watzke. „Aber man kann nun mal nicht allen Spielern Fünfjahresverträge geben, denn wenn sie nicht performen, wird man sie mitunter auch nicht mehr los.“
Beim BVB kennen sie das. Nico Schulz besitzt zum Beispiel einen Vertrag bis 2024, verdient fast acht Millionen Euro, obwohl er selten spielt. Er gehört zu den Profis, die der Klub abgeben würde, für die er jedoch keinen Käufer findet.