Dortmund. Mit der Verpflichtung des ablösefreien Niklas Süle setzt der BVB ein Ausrufezeichen. Ganz ohne Risiko aber ist der Transfer nicht. Ein Kommentar.

Wer vor dieser Saison vorhergesagt hätte, dass Niklas Süle im Sommer 2022 vom FC Bayern München zu Borussia Dortmund wechselt, wäre schallend ausgelacht worden. Allein daran zeigt sich, welch Coup dem BVB durch die ablösefreie Verpflichtung des Nationalspielers gelungen ist.

BVB-Zugang Niklas Süle ist Bayern-Leistungsträger

Natürlich, es sind auch in der jüngeren Vergangenheit Spieler vom FC Bayern nach Dortmund gewechselt, auch deutsche Nationalspieler. Aber meist waren das Spieler, die der Branchenprimus Bayern nicht mehr so recht haben wollte. Spieler wie Sebastian Rode oder Mario Götze, der zum Zeitpunkt seiner Rückkehr nicht mehr der umworbene Star von einst war.

Bei Niklas Süle liegt die Sache anders. Der Innenverteidiger ist Leistungsträger bei den Bayern und in der Nationalmannschaft. Bayern-Trainer Julian Nagelsmann hätte ihn gerne gehalten, Bayern-Kapitän Manuel Neuer wirkte reichlich verstimmt über den Abschied. Hier kommt keiner, der es beim Rekordmeister nicht geschafft hat, der auf dem Abstellgleis stand. Das macht diesen Transfer besonders, das macht ihn zu einem Ausrufezeichen - und dass er ablösefrei kommt, ist in Corona-Zeiten besonders wohltuend.

Sportlicht passt der Innenverteidiger zum BVB

Und sportlich ergibt diese Verpflichtung eine Menge Sinn: Niklas Süle ist mit 1,95 Metern Körpergröße nicht nur ein Kerl wie ein Baum, er ist auch außergewöhnlich schnell - und passt damit perfekt zum Fußball, den BVB-Trainer Marco Rose spielen lassen will. Der nämlich setzt auf aggressives Pressing, auf eine weit vorrückende Mannschaft - und wenn das Pressing nicht greift, müssen die Abwehrspieler den Rest in Laufduellen mit den gegnerischen Angreifern regeln. Das liegt einem Süle besser als einem Mats Hummels, der nie der Schnellste war.

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Auch deswegen verdrängte Süle seinen Nun-wieder-Kollegen Hummels einst in München zumindest vorübergehend aus der Startaufstellung. Sollte das nun auch in Dortmund passieren, wäre es eine reichlich brisante Konstellation. Aber vielleicht spielen beide ja auch nebeneinander, die Vertragsverlängerung mit Manuel Akanji über 2023 hinaus nämlich gestaltet sich schwierig - möglicherweise steht im Sommer ein Verkauf an. Da ist es doch praktisch, den Nachfolger schon im Kader zu haben, der mit einem Gehalt von etwa zehn Millionen Euro zu einem Topverdiener wird, das Dortmunder Gehaltsgefüge aber nicht sprengt.

BVB: Ein Risiko bleibt bei Süles Verpflichtung

Eine Verpflichtung ganz ohne Risiko also? Nicht ganz. Schon von Süles Jugendklub Eintracht Frankfurt und erst recht aus München hörte man immer wieder Geraune, dass der Innenverteidiger dem bequemen Leben durchaus zugeneigt ist, dass er sein Gewicht nicht immer im Griff hatte und kein Trainings-Weltmeister war. Süle hat nun die Chance, all jene, die dies sagen, Lügen zu strafen.

Gelingt ihm das, ist dem BVB ein Sensationstransfer gelungen. Gelingt es nicht, käme allerdings schnell der unschöne Verdacht, dass die Entscheidung für den BVB - und gegen europäische Spitzenklubs - vor allem die Entscheidung für einen bequemen Weg war.