Wolfsburg. In Wolfsburg fühlte es sich fast so an, als könnte Erling Haaland den BVB nur durch seine Präsenz verbessern. Jetzt kommt der FC Bayern.
Die Sonne war längst untergegangen, die Kälte ließ den Atem gefrieren. Doch einige Fans ließen sich trotzdem nicht davon abhalten, auf ein graues Tor am Wolfsburger Stadion zu starren. Dahinter schlüpften die Dortmunder nach und nach in den Mannschaftsbus des BVB. Wer genau, konnten die Anhänger nur erahnen, sie skandierten ohnehin nur einen Namen: „Erling Haaland.“
Das Spektakel ist bei der Borussia zurückgekehrt.
Es lässt sich nur schwer messen, wie viel Einfluss ein Spieler alleine durch seine Präsenz auf einen Fußballklub haben kann. Trotzdem wirkte es am Samstag beim 3:1 (1:1)-Erfolg von Borussia Dortmund über den VfL Wolfsburg so, als wäre das Selbstbewusstsein des Klubs nach dem bitteren Champions-League-Aus unter Woche alleine dadurch, dass Haaland zunächst auf der Bank saß, nach oben geschnellt.
Alle schauen nur auf einen: BVB-Stürmer Erling Haaland
Schon vor dem Anpfiff schauten alle auf den norwegischen Stürmer. Als sich seine Einwechslung andeutete, sprangen viele Zuschauer von ihren Sitzen. Und bevor irgendjemand den Eindruck gewinnen konnte, dass dieses ganze Theater um einen einzelnen Profi zu viel des Guten sein könnte, benötigte der 21-Jährige nur neun Minuten nach seiner Einwechslung, um bei seinem Abschluss quer in der Luft zu schweben und das Spiel in der 81. Minute zu entscheiden.
Dadurch sammelte der Revierklub enorm wichtige drei Punkte vor dem Topspiel in einer Woche gegen den FC Bayern ein. Wout Weghorst ärgerte Dortmund bereits in der zweiten Minute. Emre Can (35., Foulelfmeter) und Donyell Malen (55.) drehten die Partie, während Haaland noch zuschaute. In der 72. Minute betrat der Angreifer erstmals seit seiner Verletzung am Hüftbeuger im Oktober wieder den Rasen, kurze Zeit später fiel das 3:1. Die Partie gegen München fühlt sich jetzt plötzlich nach Titelkampf an.
Erling sei ein Unterschiedsspieler, meinte Dortmunds Trainer Marco Rose. „Wenn man lange auf so jemanden verzichten muss, dann macht das was mit der Mannschaft. Erling gibt dir Energie. Wir sind froh, dass er wieder da ist.“ Jetzt müsse man schauen, wie Woche läuft, sagte Rose. Gut möglich, dass Haaland gegen den FC Bayern (4. Dezember, 18.30 Uhr/Sky und live in unserem Ticker) wieder beginnen kann. In jedem Fall wolle man dieses Spitzenspiel mit viel Mut angehen, erklärte der Trainer. „Aber wir müssen auch so ehrlich sein, dass wir noch viel verbessern müssen, um auf Dauer oben zu stehen.“
BVB liegt in Wolfsburg schon früh zurück
Zumindest strahlten die Dortmunder in Wolfsburg eine Überzeugung aus wie lange nicht. Trotz des bitteren Champions-League-Abends in Lissabon am Mittwoch, trotz des frühen Rückstandes. Die Partie war gerade angepfiffen, da rannte Wolfsburg bereits über die rechte Seite. Ridle Baku flankte. Im Dortmunder Zentrum klaffte eine Lücke, weil Mats Hummels rausrückte, Manuel Akanji nicht aufpasste. Wout Weghorst wuchtete sich ungestört mit der Brust zum Ball, schon ertönte die Tormusik im Stadion.
Die Borussia schüttelte sich kurz, stabilisierte sich allerdings und stellte die Gastgeber durchaus vor Probleme. Spielerisch sei es eine der besten Saisonleistungen gewesen, sagte Rose. Etwa weil sich Julian Brandt und Kapitän Marco Reus über die linke Seite in den Sechzehnmeterraum der Wolfsburger kombinierten. Maxence Lacroix foulte Reus. Elfmeter. Emre Can verwandelte sicher (35.). Es folgte der große Auftritt von Donyell Malen, der von der linken Seite ins Zentrum stürmte, den Ball aus 20 Metern in die linke Ecke beförderte (55.).
Schließlich brachte Rose den, auf den alle schwarz-gelben Anhänger gewartet hatten: Erling Haaland betrat den Rasen. Kurz danach traf er, die Partie war entschieden (81.). „Das ist ein toller Spieler - eine Attraktion der Liga“, lobte sogar Wolfsburgs Trainer Florian Kohfeldt.
Die Dortmunder hoffen nun, dass Raphael Guerreio in einer Woche gegen Bayern wieder mithelfen kann. Dass Mahmoud Dahoud nach seiner Knieverletzung weiter an der eigenen Form bastelt. Und dass Erling Haaland gegen den Rekordmeister wieder 90 Minuten Spektakel erzeugen kann.
BVB: Erling Haaland nimmt Beleidigung mit Humor
Nach dem Schlusspfiff rauschte ein Video des BVB-Angreifers durch die Sozialen Medien. Es zeigt ihn, wie er sich nach seinem Treffer auf den Boden kniet, mit dem linken Zeigefinger eine Kamera anvisiert, während sich im Hintergrund eine Wolfsburgerin aufregt und ihm den Mittelfinger präsentiert. Die Aufnahme entdeckte auch Erling Haaland und kommentierte sie mit den Worten: „Deswegen lieben wir Fußball.“