Dortmund. Der BVB macht die Bundesliga durch den 2:1 gegen Stuttgart wieder spannend. Dennoch hat Dortmund noch mit einigen Problemen zu kämpfen.

Hans-Joachim Watzke ist am Sonntag voll des Lobes, der Geschäftsführer von Borussia Dortmund ist begeistert von der Bilanz der Mannschaft in Schwarz-Gelb. „Noch kein Gegentor und ein Torverhältnis von 62:0 – das sieht schon sehr beeindruckend aus“, sagt Watzke.

BVB-Boss Watzke am Sonntag milde gestimmt

Spätestens da ist klar, dass es im Vortrag des BVB-Chefs auf der Mitgliederversammlung gerade nicht um die Bundesligamannschaft der Männer, sondern das Kreisliga-Team der Frauen geht. Die Männer überstehen ihre Spiele viel zu selten ohne Gegentor, auch tags zuvor haben sie beim 2:1 (0:0)-Sieg im Bundesligaspiel gegen den VfB Stuttgart wieder eins kassiert.

Und wieder mal war es eins, das durch einen leichtfertigen Patzer hergeschenkt wurde. Watzke ist dennoch milde gestimmt am Sonntag. Weil das Spiel gegen Stuttgart gewonnen wurde, weil der BVB dadurch bis auf einen Punkt an Spitzenreiter Bayern München heranrückt, und weil er in der Liga und im DFB-Pokal „ergebnistechnisch im Soll“ ist, wie es Watzke ausdrückt.

BVB in der Champions League unter Druck

In der Champions League könnte Dortmund am Mittwoch bei Sporting Lissabon (21 Uhr/DAZN) mit einem Sieg den Einzug ins Achtelfinale perfekt machen – aber bei einer Niederlage mit zwei Toren Differenz auch ausscheiden. Das zeigt: Es ist gar nicht so leicht, die aktuelle Situation einzuordnen, der BVB im Herbst 2021 eignet sich vorzüglich für Glas-halbvoll-oder-halbleer-Debatten. Und da war das Spiel gegen Stuttgart keine Ausnahme.

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Einerseits liegt Dortmund dicht hinter dem FC Bayern und neun Zähler vor RB Leipzig. Andererseits hat man sich schon die eine oder andere Niederlage zu viel in der Liga erlaubt. Gegen Stuttgart stimmte das Ergebnis, es stimmten auch das Engagement, die Zweikampfführung, die Arbeit gegen den Ball.

„Das war ein Schritt in die richtige Richtung, darauf können wir aufbauen“, lobte Sportdirektor Michael Zorc. Andererseits stimmte auch Julian Brandts Urteil: „Es war ein durchwachsenes Spiel.“ Die Dortmunder lieferten defensiv eine ihrer besseren Saisonleistungen ab, sie hatten viel Ballbesitz, waren in vielen anderen Statistiken führend. Aber sie taten sich schwer damit, ihre Spielanteile in klare Torchancen umzumünzen. „Die Gegner stehen momentan sehr tief, und wir tun uns zurzeit schwer damit, Chancen zu kreieren“, haderte Brandt.

Genau genommen entsprang auch der Führungstreffer durch Donyell Malen keiner zwingenden Torchance, sein Schuss aus 20 Metern wurde abgefälscht und dadurch erst unhaltbar (56.). Es war das erste Bundesligator für den 30-Millionen-Euro-Zugang, der sich nach dem Schlusspfiff als „sehr glücklich“ präsentierte. Allerdings hatte die Führung nicht lange Bestand: Manuel Akanji verlor den Ball, Raphael Guerreiro rutschte weg, und Roberto Massimo vernatzte Mats Hummels, ehe er zum 1:1 einschoss (63.).

Beim BVB wird wieder gejubelt: Dortmund liegt nach dem 2:1 gegen den VfB Stuttgart nur noch einen Punkt hinter dem FC Bayern.
Beim BVB wird wieder gejubelt: Dortmund liegt nach dem 2:1 gegen den VfB Stuttgart nur noch einen Punkt hinter dem FC Bayern. © AFP

Es kam den Dortmundern dann zugute, dass die im Tabellenkeller festhängenden Stuttgarter gegen Ende Mut mit Übermut verwechselten, auf den Sieg drängten und die Konterabsicherung vernachlässigten. Der BVB zauberte einen blitzsauberen Gegenstoß auf den Rasen, Thorgan Hazard schoss, Florian Müller hielt, und Marco Reus staubte zum späten Siegtreffer ab (85.).

Es gehört zur diffusen Dortmunder Stimmungslage, dass es nach dem Sieg gegen Stuttgart gleich zwei Diskussionen abzuwehren gilt. Sportdirektor Michael Zorc wurde fast im gleichen Atemzug nach Meisterschaftsambitionen und dem Grund für die aktuell wenig glanzvollen Auftritte gefragt. Das eine Thema moderierte er unter Verweis auf die frühe Saisonphase routiniert ab, bei dem zweiten widersprach er: „Ich sehe das Ganze nicht so negativ“, antwortete er. „Ich glaube, dass wir schon sehr gute Spiele gezeigt haben. Aber wenn dir über Monate fünf, sechs, sieben Spieler fehlen, hast du ein Problem.“

BVB in Lissabon erneut ohne Reyna und Haaland

Giovanni Reyna und vor allem Torjäger Erling Haaland fehlen weiterhin, und sie werden auch am Mittwoch in Lissabon nicht wieder dabei sein, wenn es ums Weiterkommen in der Champions League geht. „Wir müssen auch mit dem Personal, das wir haben, zielstrebiger in Richtung Tor kommen und mit dem Ballbesitz, den wir haben, mehr Druck erzeugen“, fordert Brandt. Sollte das in Lissabon gelingen, wäre das Glas immerhin schon dreiviertelvoll.