Kiel. Fin Bartels steht heute mit Bayern-Bezwinger Kiel dem Favoriten Borussia Dortmund im Halbfinale des DFB-Pokals gegenüber.
Das Leben geht manchmal wundersame Wege. In seiner langen Fußballprofi-Karriere ist Fin Bartels (34) viermal abgestiegen und war von einem Titelgewinn stets weit entfernt. Nun bieten sich dem Angreifer von Holstein Kiel gleich zwei Chancen auf den großen Wurf: Er könnte mit dem Zweitligisten aufsteigen – und heute im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund (20.30 Uhr/ARD und Sky) das Ticket nach Berlin buchen.
Herr Bartels, erinnern Sie sich noch an den 4. Februar 2020?
Was soll da gewesen sein? Ach, ich denke, es war der Tag des Pokalspiels von Werder Bremen gegen Dortmund. Ich wurde eingewechselt und stand beim Schlusspfiff auf dem Platz. Wir haben eine gute Partie abgeliefert und mit dem 3:2 eine faustdicke Überraschung geschafft.
Fin Bartels: Wir sind der klare Underdog
Nun spielen Sie an diesem Samstag mit Holstein Kiel gegen Borussia Dortmund. Träumen Sie von einer Wiederholung beim neuen Arbeitgeber?
Träumen ist erlaubt, ganz klar. Doch wir wissen, dass wir der klare Underdog sind als Zweitligist. Und zudem kommt erschwerend hinzu, dass wir, anders als Werder vor einem Jahr, auswärts antreten müssen, das schmälert ein wenig die Chancen. Dass wir überhaupt das Halbfinale erreicht haben, ist schon eine Riesensache. Wir haben uns vorgenommen, auch die Dortmunder Borussia zu ärgern.
Im Viertelfinale beim Triumph im Elfmeterschießen gegen Bayern München haben Sie beeindruckt, vor allem als Schütze des sechsten und entscheidenden Elfmeters. Welche Erinnerung haben Sie an diesen Winterabend?
Gefühlt ist es schon Ewigkeiten her. Seitdem ist so viel passiert, es gab viel Unruhe durch Corona-Zwangspausen, von denen wir zweimal betroffen waren. Es war natürlich ein herausragendes Erlebnis. Wir haben eine couragierte Leistung geboten, am Ende glücklich, aber nicht unverdient gewonnen. Das muss für uns der Ansatz sein, auch in Dortmund zu bestehen. Wir müssen uns etwas zutrauen und etwas versuchen, wenn wir im Ballbesitz sind.
Sie sprachen die Zwangspausen durch die erzwungene Corona-Quarantäne an. Sind diese ein Wettbewerbsnachteil in der Endphase der Spielzeit?
Es war nicht schön, zweimal zwei Wochen eingesperrt gewesen zu sein – zuletzt vergangene Woche. Sicherlich kein Vorteil für uns. Doch wir müssen es nehmen, wie es kommt. Wir müssen es durchziehen, gegen alle Widrigkeiten ankämpfen und als Einheit auftreten.
"Unsere Aufstiegschance ist noch nicht vertan"
Raubt Corona Kiel die reelle Aufstiegschance, als erstes Team aus Schleswig-Holstein in die 1. Bundesliga aufsteigen zu können?
Unsere Aufstiegschance ist noch nicht vertan. Wir glauben fest daran und tun alles dafür. Wir dürfen diese einmalige Chance nicht wegwerfen, ohne alles investiert zu haben.
Mit Holstein Kiel sind sie derzeit Tabellenvierter. Wie sehen Sie das Rennen um den Aufstieg? Ist der Spitzenreiter VfL Bochum schon so gut wie durch?
Mit den Siegen gegen Hannover 96 und in Heidenheim hat der VfL Bochum das Momentum auf seiner Seite – trotz der Niederlage in Darmstadt. Für die anderen wird es bis zum Schluss sehr eng. Fürth, HSV, Düsseldorf, auch noch Heidenheim und natürlich Kiel, alle Mannschaften müssen sich auf ein dramatisches Finish einstellen.
„Ich bin noch nicht am Ende“, haben Sie beim Wechsel von Bremen nach Kiel betont. „Ich kann Kiel helfen.“ Versprechen gehalten?
Ich bin mehr als zufrieden mit der Saison. Stand heute würde ich sagen: Das gilt immer noch. Einmal gesperrt, einmal leicht angeschlagen – ansonsten habe ich alle Spiele mitgemacht. Ich fühle mich fit, bin verletzungsfrei und gesund. Gesundheit ist das A und O.
Sie sprechen aus Erfahrung. Ende 2017 begann in Bremen ihre Verletzungshistorie: Riss der Achillessehne, häufige Muskelprobleme, Operation am Knie.
Leider waren es bei Werder sportlich verlorene Jahre, extrem ärgerlich und bitter für mich, zumal ich vorher meine beste Phase in meiner Profizeit hatte. Doch diese Zeit, in der ich mal nicht auf der Sonnenseite stand, war auch sehr lehrreich. Ich weiß nun die Spanne davor und die aktuelle Zeit bei Holstein richtig einzuschätzen: als puren Luxus.
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Aus Altersgründen hat Werder Sie im letzten Sommer aussortiert. In den sozialen Netzwerken kritisieren Bremer Fans dies als schlimmen Fehler der Werder-Macher um Manager Frank Baumann und Trainer Florian Kohfeldt. Stimmen Sie diesen kritischen Stimmen zu?
Die Entscheidung ist damals so getroffen worden. Ich halte es für legitim, dass die Verantwortlichen einen anderen Plan verfolgt und eine Verjüngung des Teams angestrebt haben. Ich konnte dadurch zurück in meine Heimat.
Und Ihr Ex-Klub? Schafft Werder den Klassenerhalt?
Ich gucke fast jedes Spiel und drücke ganz fest die Daumen. Der Vorsprung zu den Abstiegsrängen ist geschmolzen. och ich traue meinen ehemaligen Kollegen zu, dass sie es wieder schaffen.