Dortmund. Brandt und Moukoko schießen den BVB zum wichtigen Sieg gegen Hertha. Rundum gelungen war der Abend für die Borussen trotzdem nicht.
Lukasz Piszczek und Julian Brandt standen nach Abpfiff zusammen, die Stimmung schien gelöst. Piszczek, der Routinier, der bei Borussia Dortmund in dieser Saison kaum zum Zuge kommt, hatte ein breites Grinsen im Gesicht. Er selbst aber stand in den 90 Spielminuten gegen Hertha BSC zuvor gar nicht auf dem Feld. Die Freude galt seinem elf Jahre jüngeren Mannschaftskollegen. Es war ein Zeichen dafür, wie viel Last Brandt nach dem 2:0-Sieg von den Schultern gefallen sein muss.
Es lief beim deutschen Nationalspieler in den vergangenen Wochen und Monaten ja überhaupt nicht rund. Auch gegen die Hertha war Brandt zwar bemüht, doch gelungen ist ihm im bitterkalten Signal Iduna Park herzlich wenig. Bis zur 54. Minuten. Da zog Brandt aus der Distanz ab, der Ball flatterte ein wenig in Richtung Tor von Herthas Schlussmann Rune Jarstein. Und der Norweger? Reagierte nicht, die Kugel schlug direkt neben ihm im Netz ein. „Vielleicht war es eine Windböe, keine Ahnung“, vermutete Herthas Abwehrchef Niklas Stark, der den starken Keeper aber sofort in Schutz nahm. „Er hat uns schon den Arsch gerettet.“
BVB-Star Emre Can: "Geduld war heute der Schlüssel"
Jarsteins Pech war Brandts Glück. 1:0 für den BVB. Der 24-Jährige drehte sich um, streckte seine Arme aus und schrie erleichtert in den Dortmunder Abendhimmel. „Es ist auch für mich keine einfache Saison. Man versucht sich da Stück für Stück wieder rauszubringen“, meinte Brandt später. „Jedes Tor tut da gut.“
Und dieses war der Brustlöser aus BVB-Sicht. Der eingewechselte Youssoufa Moukoko legte mit einer starken Einzelaktion in der Nachspielzeit noch das 2:0 nach. Bis dahin standen die Berliner tief, ließen kaum etwas zu. „Geduld war heute der Schlüssel“, meinte Innenverteidiger Emre Can. „Wir haben in der Halbzeit gesagt, dass wir weiter geduldig spielen müssen.“ Das taten die Dortmunder - und haben so keinen Boden auf die Konkurrenz im Kampf um die Champions-League-Plätze verloren. Der VfL Wolfsburg (3.) hatte am Nachmittag beim 5:0 über den FC Schalke 04 ja ordentlich vorgelegt.
BVB-Trainer Edin Terzic hatte die Startformation im Vergleich zum 2:2 gegen den FC Sevilla auf einer Position umgestellt. Für Thomas Delaney durfte Brandt von Beginn an ran. Mahmoud Dahoud rückte unmittelbar vor die Abwehr und sollte von das aus das Spiel gestalten.
BVB-Juwel Youssoufa Moukoko setzt den Schlusspunkt
Doch das war an diesem Abend nicht einfach. Die Berliner standen dichtgestaffelt vor dem eigenen Strafraum. Der zuletzt überragende Erling Haaland, im Hinspiel noch vierfacher Torschütze, war bei Stark gut aufgehoben. Die ersten BVB-Gelegenheiten hatte Kapitän Marco Reus. Erst per Volleyschuss nach Flanke von Mateu Morey (12.) und sechs Minuten später, als er mit einem Freistoß nur die Querlatte traf. Jude Bellingham hatte rund 15 Minuten später nach Pass von Thorgan Hazard das 1:0 auf dem Fuß. Der omnipräsente Engländer bekam den Ball im Strafraum, machte einiges richtig, weil er gegen die Laufrichtung Jarsteins zielte. Doch der bekam mit einem starken Reflex noch die Hand an den Ball (33.). Der BVB war sichtlich bemüht, doch Herthas Abwehr hielt dem Druck stand. „Mit mehr Kaltschnäuzigkeit hätten wir schon in der ersten Halbzeit ein Tor machen können“, sagte Brandt. „Was zählt ist aber, dass wir heute drei Punkte holen.“
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Zweite Halbzeit, fast das selbe Muster. Dortmund drückte, Berlin mauerte. Nur diesmal konnte Brandt per Fernschuss die Verteidigung überwinden (54.). Dahoud traf kurz darauf noch die Latte (60.), Jarstein entschärfte einen Kopfball von Can (77.), der eingewechselte Giovanni Reyna grätschte kurz vor Schluss eine Flanke an den Pfosten (89.) Und die Berliner? Alle Konterversuche erstickte die aufmerksame Dortmunder Abwehr schon im Keim. Moukoko setzte schließlich den Schlusspunkt (90.+1).
BVB: Mats Hummels und Marco Reus mit Problemen ausgewechselt
Ein rundum gelungener BVB-Abend also? Nicht ganz. Abwehrchef Mats Hummels musste nach 58. Minuten verletzt raus. Und für Reus ging es nach einem überharten Einsteigen von Vladimir Darida, für das er zurecht die Rote Karte sah, nicht weiter (80.). „Mats spürt nun schon seit einigen Wochen sein Knie. Das ist auch logisch nach der Belastung, die er in den vergangenen Wochen hatte“, erklärte Terzic. „Da werden wir eine genauere Diagnose abwarten, aber da sind wir zuversichtlich, dass es nichts Langwieriges ist.“ Auch bei Reus gab der Trainer erste Entwarnung. „Er wirkte optimistisch, dass es nicht ganz so schlimm ist.“
Beide haben nun erst einmal Zeit zur Regeneration. Terzic gab allen Dortmunder Profis nach intensiven Wochen mit DFB-Pokal und Europacup zwei Tage frei. Am Samstag (15.30 Uhr/Sky) erwartet den BVB beim 1. FC Köln wieder ein ähnlich defensiv ausgerichteter Gegner. Auch hier dürfte wieder Geduld gefragt sein.