Dortmund. BVB-Kapitän Reus kämpft um seine alte Form. Die Unterstützung im Klub ist groß, Trainer Terzic gibt ihm viel Spielzeit. Bremst das andere Profis?

So viel Gelegenheit zur Vorfreude hat Marco Reus in den vergangenen Wochen selten gehabt. Erstens steht dem Kapitän von Borussia Dortmund ein interessantes Bundesligaspiel bevor, am Samstag (18.30 Uhr/Sky) geht es zu RB Leipzig. „Wir freuen uns auf jeden Fall“, sagt Reus. „Gute Gegner, die auf gleichem Niveau sind wie wir, kommen uns immer zugute. Das wird ein sehr geiles Spiel.“ Zweitens hat der BVB auch hinreichend Gelegenheit, sich auf ein Fußballspiel zu freuen: Sieben Tage liegen zwischen dem Auftritt gegen den VfL Wolfsburg (2:0) und der anstehenden Partie in Leipzig, das gab es im bisherigen, aufgrund der Corona-Pandemie dichtgedrängten Saisonverlauf nur selten. „Unglaublich, dass wir mal eine Woche Zeit haben, uns vorzubereiten“, freut sich der 31-Jährige.

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Denn diese Zeit brauchen sie in Dortmund, diese Zeit braucht auch Reus. Die ersten vier Spiele unter dem neuen Cheftrainer Edin Terzic, der im Dezember vom geschassten Lucien Favre übernahm, waren eher zäh. „Es ist momentan viel harte Arbeit, die Leichtigkeit ist nicht da“, konstatiert Reus. „Ich hoffe, dass wir in den nächsten Spielen ein bisschen besser im Flow sind.“

Gegen Wolfsburg sah man phasenweise den alten Reus

Der Flow, der Fluss ist dem BVB irgendwann in den vergangenen Wochen abhandengekommen. Was einst leicht, was selbstverständlich aussah, ist nun Quälerei, ist harte Arbeit – oder geht gleich ganz daneben. So geht es den meisten Offensivkräften, so geht es aber eben auch Reus, dem Kapitän, dem Leistungsträger, dem Gesicht des Klubs. Seit Saisonbeginn sucht er nach der Leichtigkeit, nach der Form, die ihn einst auszeichnete. Zuletzt, gegen Wolfsburg, sah man phasenweise zwar wieder den alten Reus, der sich in die Räume zwischen den Abwehrspielern schleicht und von dort das Offensivspiel orchestriert, der Chancen vorbereitet oder selbst zum Abschluss kommt. Aber eben nur phasenweise. Insgesamt liegt hinter dem 31-Jährigen ein Jahr zum Vergessen – wieder einmal.

Anfang Februar verletzte er sich beim Pokal-Aus bei Werder Bremen. Muskelverletzung, vier Wochen Pause, so teilte es der BVB mit. Doch die Wochen kamen und gingen, Reus aber blieb abwesend. Die Probleme in den Adduktoren stellten sich als hartnäckig heraus, eine Sehne war entzündet, das kann dauern. Und das dauerte.

Marco Reus läuft der alten Form hinterher

Reus machte kein Spiel mehr in der abgelaufenen Saison, obwohl diese durch die Corona-Krise sogar noch viel länger lief als erwartet. Erst zur neuen Spielzeit kehrte er zurück. Seine Auftritte seitdem lagen deutlich unter dem Niveau, das man von dem Nationalspieler gewohnt ist. Drei Tore hat er in der Bundesliga bislang geschossen, ein weiteres vorbereitet. In der vergangenen Saison waren es zum gleichen Zeitpunkt acht Treffer und zwei Vorlagen. Außerdem hat Reus im Schnitt deutlich weniger Ballaktionen pro Spiel als seine Kollegen im offensiven Mittelfeld.

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Die Verantwortlichen stützen ihn öffentlich dennoch, wo es nur geht: „Marco ist ein unglaublich wichtiger Spieler. Nicht nur für den Verein und unser Team, sondern auch für Deutschland“, sagt Trainer Terzic. Und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erklärte jüngst im Kicker-Interview: „Er war monatelang verletzt. Ich sehe bei ihm, dass er sich stabilisiert. Er hat sich in den vergangenen zwei, drei Wochen deutlich verbessert.“ Der BVB-Boss mahnte aber auch: „Ich erwarte von Marco, dass er sich im Januar noch mehr zeigt.“

Julian Brandt und Giovanni Reyna müssen ausweichen

Denn hinter den Kulissen beunruhigt es die Verantwortlichen durchaus, dass Reus seine Stehauf-Qualitäten dieses Mal nicht zeigt, dass er nach einer Verletzung nicht wieder sofort Bestleistungen zeigt. Und das stellt vor allem Trainer Terzic vor ein Dilemma. Um Reus die Möglichkeit zu geben, zu alter Stärke zu finden, muss er ihn möglichst oft spielen lassen. Der Platz dafür ist im Zentrum, schon Favre hat hinter den Kulissen oft geklagt, dass er keinen anderen Platz mehr für den einst so vielseitigen Reus findet.

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Der Kapitän gehört also ins Zentrum. Dorthin, wo sich auch Julian Brandt und Giovanni Reyna am wohlsten fühlen. Sie müssen verschoben werden, auf den Flügel oder gleich auf die Bank. Die Dortmunder Sorge: Damit bremst man nicht nur diese hochbegabten Spieler, sondern die Entwicklung der gesamten Mannschaft.