Dortmund. Dortmund blamiert sich bei der 0:4-Heimpleite gegen Hoffenheim. Das entfacht die Mentalitätsdebatte erneut. Fehlt es an der nötigen Gier?

Am Sonntagmorgen versammelten sich die Profis von Borussia Dortmund noch einmal auf dem Trainingsgelände. Trainer Lucien Favre formulierte eine letzte Ansprache. Dann startete der Urlaub nach einer komplizierten, durch die Corona-Krise zehrenden Spielzeit, die mit einer blamablen Vorstellung endete. Da der BVB in seinem letzten Heimspiel bei der 0:4 (0:2)-Pleite gegen die TSG Hoffenheim vor allem vom viermaligen Torschützen Andrej Kramaric (8., 30., 48., 50.) vorgeführt wurde.

Die Dortmunder schlenderten dabei derart spannungslos über den Rasen, dass dieser Auftritt einen dunklen Schatten auf die eigentlich gute Rückrunde des Vizemeisters wirft. So dass nun schon wieder hitzig über die Mentalität der schwarz-gelben Mannschaft und die Rolle von Lucien Favre debattiert wird.

BVB-Boss Watzke schützt Trainer Favre

Während die Spieler sich in den Urlaub verabschiedeten, nahm Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke im gut 600 Kilometer entfernten München seinen Trainer aber in Schutz. „Jeder Trainer der Welt hätte das Spiel verloren. Denn es lag an der Mannschaft“, meinte Watzke im Sport1-Doppelpass. Natürlich kenne er die Vorurteile, dass es Favre an der nötigen Motivationsfähigkeit fehle. Aber: „Damit kann er in der kommenden Saison aufräumen.“

Nur fällt es mit Blick auf die vergangenen zwei Jahre schwer, die Pleite im letzten Heimspiel als Ausrutscher abzutun, zu häufig versagte die BVB-Mannschaft. In beiden Spielzeiten präsentierte sie zwei Gesichter. Mal brillierte sie titelreif wie beim souveränen 2:0-Erfolg gegen RB Leipzig vor einer Woche. Mal stümperte sie wie schon im vorletzten Heimspiel bei der 0:2-Niederlage gegen den FSV Mainz 05. Das Auf und Ab kennzeichnet die zwei Jahre unter Favre, in denen die Borussia zweimal Vizemeister wurde, was zufrieden stimmt. Zweimal aber auch gegen Werder Bremen aus dem DFB-Pokal segelte, was Watzke als „indiskutabel“ bezeichnete.

Bürki: „Bayern hat die absolute Winner-Mentalität"

Diese Schwankungen lassen die Mentalitätsdebatte immer wieder aufkeimen. Nun nährte sie Torhüter Roman Bürki zusätzlich durch seine kritischen Worte.

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„Uns hat der absolute Wille gefehlt, dieses Spiel zu gewinnen, überhaupt dagegenzuhalten“, sagte Bürki. Bayern habe die absolute Winner-Mentalität. „Vielleicht haben wir manchmal die falsche Mentalität und die falsche Einstellung.“

Der FC Bayern triumphierte in seinem letzten Saisonspiel 4:0 über den VfL Wolfsburg, obwohl die 90 Minuten für die Münchener ebenfalls keinen sportlichen Wert mehr besaßen. Der BVB hingegen enttäuschte als sicherer Vizemeister, verärgerte dadurch zudem die Wolfsburger, denn durch die drei eingesammelten Punkte überholte Hoffenheim den VfL in der Tabelle und schaffte als Sechster die direkte Qualifikation für die Europa League. „Wenn ich selber 0:4 verloren hätte, würde ich die Klappe halten“, konterte Watzke die Vorwürfe der Wölfe. Er verwies zudem darauf, dass die Bayern als Meister 2018 am letzten Spieltag ebenfalls aufgrund eines Spannungsabfalls 1:4 gegen Stuttgart verloren hätten.

BVB-Sportdirektor Zorc: „Das war eine peinliche Vorstellung“

Sportdirektor Michael Zorc wird dagegen im Gespräch mit dieser Redaktion deutlicher. „Das war eine peinliche Vorstellung. Es ist schade, dass wir eine gute Bundesligasaison mit zwei solchen Heimspielen beenden. Das zeigt aber, woran wir arbeiten müssen“, sagt Zorc. Und: „Ich kann Roman zu 100 Prozent zustimmen. Egal ob man es Mentalität, Willen oder Einstellung nennt, wir müssen daran arbeiten."

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Hoffnung kann dem BVB machen, dass Trainer Favre daran in der kommenden Spielzeit fast mit dem identischen Kader basteln kann. Mario Götzes geht. Achraf Hakimi verlässt den Klub. Bei Jadon Sancho aber gibt sich Watzke optimistisch, den in dieser Saison gefährlichsten Dortmunder Offensivspieler halten zu können. Außerdem tummeln sich im Kader ja bereits charakterstarke Führungsspieler wie Mats Hummels und Emre Can. Die Ansprüche bleiben hoch.

Favre warnte nach dem Hoffenheim-Spiel trotzdem davor, die Ziele zu hoch zu schrauben. Er meinte: „Die Bayern sind besser. Punkt.“

Das stimmt, blickt man auf die Qualität im Kader. Wenn am 30. Juli der Urlaub endet, muss der Trainer daher nicht zwangsläufig Meister werden. Aber: Es sollte nicht mehr der Eindruck entstehen, dass der Titel aus den Händen gleitet, weil die Einstellung nicht stimmt.