Dortmund. Die Diskussionen um BVB-Trainer Lucien Favre reißen nicht ab. Dennoch hat der Klub jetzt entschieden: Der Schweizer bleibt Trainer.
Offiziell wird noch immer geschwiegen. Und wenn ein Verantwortlicher von Borussia Dortmund mal etwas sagt zur Trainerfrage, dann meist, dass er nichts sagt. Oder dass es nach dem Saisonende wie immer eine Analyse geben und man sich dann zur Zukunft äußern werde. Intern aber ist die Entscheidung nach Informationen dieser Redaktion gefallen, schon vor dem abschließenden Saisonspiel gegen die TSG Hoffenheim am Samstag (15.30 Uhr/Sky): Der BVB will mit Lucien Favre in die kommende Saison gehen.
Formal ist das keine überraschende Entscheidung, denn der Vertrag mit dem Schweizer läuft ja noch bis 2021. Aber es hatte immer wieder Kritik am Trainer gegeben, extern und auch intern, gerade nach einer Schwächephase in der Hinrunde hatte er heftig gewackelt. Und nach jeder der bislang fünf Pflichtspiel-Niederlagen in der Rückrunde flammte die öffentliche Diskussion wieder auf.
Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc hätten diese mit einem klaren Bekenntnis beenden können, aber sie ließen sie laufen. Weil sie nicht als Getriebene einer öffentlichen Debatte wirken wollten. Und weil ja lange noch die Möglichkeit bestand, dass der BVB noch herausfällt aus den Champions-League-Rängen und das wichtigste Saisonziel damit krachend verpasst. Dann wäre eine weitere Zusammenarbeit keine Option gewesen. Vor allem BVB-Chef Watzke begreift eine Abschlusstabelle stets auch als ein Zeugnis – und in diesem Falle hätte Favre nicht bestanden.
Gedankenspiele mit Kovac verworfen
Nun aber sind alle sportlichen Entscheidungen gefallen, und die Abschlussnote liegt zwischen Gut und Befriedigend. Genug für die Verantwortlichen, um mit Favre weiterzumachen. Nicht, weil sie restlos überzeugt wären von dem 62-Jährigen. Sondern weil sie zu der Erkenntnis gelangt sind, dass kein Trainer am Markt ist, der ein erfolgreicheres Abschneiden garantiert. Gedankenspiele mit Niko Kovac gab es, doch sie wurden verworfen.
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Favre hat mit 2,16 den besten Punkteschnitt aller BVB-Trainer, er hat in 67 Spielen 145 Zähler geholt. Die bislang 84 Tore in der aktuellen Saison bedeuten einen Vereinsrekord. Auch sein Verhältnis zur Mannschaft ist intakt: Selbst unter jenen Profis, die wenig spielen, findet sich niemand, der seine fachlichen Qualitäten anzweifelt.
BVB-Trainer Favre ist kein großer Motivator
Aber da ist eben auch die andere Seite, die des großen Zauderers. Favre ist keiner, der durch sein öffentliches Auftreten mitreißt, er ist kein großer Motivator. Dass die Mannschaft in manchem Topspiel gegen den FC Bayern nicht an ihre Leistungsgrenze kam, dass sie zudem zweimal in Serie im DFB-Pokal an Werder Bremen scheiterte, wird ihm intern angekreidet.
Favre ist keiner, der kraftstrotzend Bäume ausreißt. Er ist einer, der die Baumrinde ganz genau studiert und dann alles sagen kann zu ihrer Beschaffenheit, ihrer Entwicklung und auch den Borkenkäfern, die darin herumkrabbeln. Aber reicht es in der heutigen Zeit, alles über sein Fachgebiet zu wissen, wenn es in Sachen Außendarstellung und Motivation mangelt? Gewinnt man dann die großen Spiele und die Titel? Genau daran haben die Bosse noch immer Zweifel. Genauso bezweifeln sie aber auch, dass ein aktuell verfügbarer Trainer die Chancen erhöhen könnte.
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Nagelsmann steht auf der BVB-Liste oben
Einen, dem sie das zutrauen, gibt es dennoch: Julian Nagelsmann, aktuell Trainer von RB Leipzig. Den heute 32-Jährigen hätte der BVB gerne schon 2018 geholt, da aber verweigerte sein damaliger Klub TSG Hoffenheim die Freigabe. Und nun hat er in Leipzig einen Vertrag bis 2023, ohne Ausstiegsklausel.
Sein Name aber steht weiterhin oben auf der Liste der BVB-Verantwortlichen. Erst einmal aber geht es darum, das Hier und Jetzt mit Favre zu gestalten. Denn schon bald muss eine weitere Frage geklärt werden: Geht man mit einem Trainer in die Saison, dessen Vertrag danach ausläuft? Oder verlängert man um ein Jahr, wie man es vor zwölf Monaten schon einmal machte?