Düsseldorf. Der BVB hat die Champions-League-Teilnahme sicher und kann die Personalplanung intensivieren. Dabei geht es auch um Favre und ein Toptalent.

Lucien Favre schrie auf, erst vor Freude, dann vor Schmerz: Der Trainer von Borussia Dortmund hatte gerade gesehen, wie Erling Haaland den Ball mit dem Kopf ins Tor von Fortuna Düsseldorf gewuchtet hatte und damit dem BVB in der fünften Minute der Nachspielzeit einen ebenso späten wie glücklichen 1:0 (0:0)-Auswärtssieg beschert hatte. Nun sprang er jubelnd in die Luft – dann aber zwickte es in der Wade. „Das war nicht so schlimm“, sagte der Schweizer später schmunzelnd. „Ich hatte am Freitag schon Probleme mit der Wade. Und heute habe ich nicht daran gedacht, habe einen Sprung gemacht und es dann wieder gespürt.“ Der BVB hat sich somit sicher für die Champions League qualifiziert. Das hilft bei der Personalplanung.

Immerhin: Bis auf Favres Malheur hatte sich der BVB in Düsseldorf schadlos gehalten. Bis auf Haalands Treffer allerdings hatte er auch wenig Denkwürdiges geliefert.

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„Wir haben gegen einen Gegner gespielt, der sich mit Zähnen und Klauen gewehrt hat“, erklärte Sportdirektor Michael Zorc tags drauf im Gespräch mit dieser Redaktion. Auf dem langen, stumpfen Rasen in der Düsseldorfer Arena taten sich die Dortmunder schwer, ein schnelles Kurzpassspiel aufzuziehen, selten fanden sie Lücken in der Düsseldorfer Abwehr – bis auf eine nennenswerte Ausnahme, als Achraf Hakimi nach einem Konter vollkommen frei aufs Tor zulief, aber lediglich Fortuna-Torhüter Florian Kastenmeier anschoss (17.). „Das war keine hundertprozentige, das war eine zweihundertprozentige Chance“, haderte Zorc.

Fehlt dem BVB die Spannung?

Ansonsten enttäuschte der BVB. Düsseldorf war dem entscheidenden Treffer nach der Pause näher, der Ex-Schalker Steven Skrzybski traf nach zwei schnellen Kontern nur den Pfosten (82./90.). Die Dortmunder dagegen wirkten, als würde so manchem Spieler die letzte Spannung fehlen angesichts der faktisch verpassten Meisterschaft – was Zorc gar nicht passte. „Das ist das falsche Denken, und das akzeptiere ich auch nicht“, sagte er. „Für uns ist es schon ein Unterschied, ob wir als Zweiter oder Vierter einlaufen. Es geht da um TV-Gelder, es geht aber auch um Prestige. Wir wollen untermauern, dass wir die Nummer zwei im deutschen Fußball sind.“

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Gänzlich unverdächtig in dieser Hinsicht zeigte sich Erling Haaland. Wegen Trainingsrückstands nach Knieproblemen wurde er erst in der 61. Minute eingewechselt. Er sammelte die meisten Torschüsse auf Dortmunder Seite – wozu zwei an diesem Tag ausreichten. Und er köpfte schließlich die Verzweiflungsflanke von Manuel Akanji ins Tor (90.+5), was die Teilnahme an der Königsklasse endgültig sicherte.

BVB bei Bellingham in der Pole Position

„Das Mindestziel in der Liga ist erreicht, das ist gut, das gibt uns Planungssicherheit“, freute sich Zorc. Und die gilt es nun zu nutzen. In den kommenden Tagen wird der BVB die Vertragsverlängerung mit Torhüter Roman Bürki vollziehen, das kündigten Bürki und Zorc noch in Düsseldorf an. Der umworbene Jungstar Jadon Sancho könnte ebenfalls bleiben. „Wir gehen weiter davon aus, dass Jadon im nächsten Jahr bei uns spielen wird“, sagte Lizenzspieler-Chef Sebastian Kehl.

Und im Rennen um das Toptalent Jude Bellingham vom englischen Zweitligisten Birmingham City befindet sich der BVB in der Pole Position, bei der Finalisierung können die Champions-League-Millionen sicher helfen – auch wenn man beim BVB damit rechnet, dass sich der Transfermarkt in diesem Sommer deutlich nach hinten schieben wird: In Spanien, Italien und England fängt man ja gerade erst wieder an zu spielen, im August kommt dann noch die Champions League.

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BVB-Trainer Favre sammelt Argumente

Öffentlich kommentieren mag man das beim BVB nicht, ebenso wenig die ständigen Diskussionen um Trainer Lucien Favre. Der Vertrag des Schweizers läuft bis 2021, und obwohl er auch im Klub nicht unumstritten ist, hat er seine Chancen, diesen zu erfüllen, in der Rückrunde deutlich verbessert. Der Auftritt in Düsseldorf war zwar zäh, aber er brachte den zwölften Sieg im 14. Rückrundenspiel. Haalands Treffer war das 82. Saisontor, was die Einstellung des Vereinsrekords bedeutet. 75 Punkte könnte der BVB am Saisonende haben, ebenso viele wie in der Meistersaison 2010/11 – überhaupt hätte diese Ausbeute in vielen Spielzeiten zum Titel gelangt, bevor sich der FC Bayern 2013 zum Abonnementmeister aufschwang.

Platz zwei hinter dem Rekordmeister, das ist aus Sicht der Bosse in Ordnung. Dass sie allerdings im DFB-Pokal zweimal in Serie an Werder Bremen scheiterten, wurmt sie mächtig. Was letztlich schwerer wiegt, muss wie immer die Analyse am Saisonende ergeben.