Dortmund. Der BVB besiegt Hertha 1:0 und steht vor dem Erreichen der Champions League. Can ragt heraus und stellt sich deutlich hinter Trainer Favre.

Emre Can sei sich seiner Qualität bewusst, er führe gerne, erklärt BVB-Sportdirektor Michael Zorc einen Tag nach dem 1:0 (0:0)-Sieg über Hertha BSC im Gespräch mit dieser Redaktion. „Emre möchte eine wichtige Position in der Gruppe einnehmen.“ Was Can am Samstagabend bewies. Auf dem Platz, als er das einzige Tor erzielte. Neben dem Platz, als er deutliche Worte formulierte, nachdem die Schwarz-Gelben einen großen Schritt in Richtung Champions League gemacht hatten.

Denn durch den 1:0-Erfolg hat der BVB nun sieben Punkte Vorsprung auf den fünften Rang, aller Voraussicht nach wird die Champions-League-Hymne auch in der kommenden Spielzeit durch das Stadion hallen. Schon am nächsten Spieltag können die Dortmunder die Qualifikation festzurren, dadurch ihr Minimalziel erreichen. Und nun, da die Verantwortlichen wissen, dass die Königsklassen-Millionen erneut auf das eigene Konto fließen werden, können sie die Zukunftsplanungen intensivieren.

BVB-Bilanz: 81 Saisontore, elf Siege in 13 Spielen

Zunächst einmal müssen sich Sportdirektor Michael Zorc, Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der Leiter der Lizenzspielerabteilung Sebastian Kehl und der externe Berater Matthias Sammer dabei darüber im Klaren werden, wie sie diese Saison, die durch die Corona-Krise durcheinandergewirbelt wurde, überhaupt bewerten. Das Team von Trainer Lucien Favre hat in der Rückrunde in elf von 13 Bundesliga-Spielen triumphiert, hat schon jetzt beeindruckende 81 Saisontore bejubelt, die Defensive schwankt nur noch selten. Trotzdem reichte die Leistung wieder nicht, um am mit sieben Punkten Vorsprung enteilten Tabellenführer FC Bayern zu kleben. Da entscheidende Begegnungen vermasselt und da gerade zu Beginn viele Punkte liegengelassen wurden.

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Es bleibt nun also die Frage, ob die Bosse ihrem bestehenden Ensemble zutrauen, auf die nächste Stufe zu springen. Und ob sie BVB-Trainer Lucien Favre vertrauen. Ob sie ihn weiter daran arbeiten lassen wollen, den Kader zur Titelreife zu formen. Beantwortet ist diese Frage noch nicht, auch wenn Zorc meint: „Wir führen keine Trainerdiskussion. Wir haben einen Vertrag.“ Ein klares Bekenntnis, mit dem Trainer weiter arbeiten zu wollen, hat jedoch noch keiner der Chefs formuliert. Zweifel verfliegen so nicht.

Allerdings verdeutlichte die Partie gegen Berlin, dass die Schwarz-Gelben auf dem richtigen Weg zu sein scheinen, dass sie zusammenwachsen.

Etwa weil sie vor dem Spiel ein weiteres gemeinsames Zeichen gegen Rassismus setzten, alle Profis knieten sich mit den Berliner Spielern auf den Rasen. Die Idee sei innerhalb der Mannschaft entstanden, berichtet Zorc. „Das finde ich gut.“

Aber auch weil sie eine eher dröge Partie letztlich souverän für sich entscheiden konnten. Die Hochbegabten im Kader können einer Partie zu jedem Zeitpunkt eine andere Wendung geben. Wie beim einzigen Tor des Tages, als Jadon Sancho den Ball auf den Kopf von Julian Brandt streichelte, der die Übersicht behielt und Emre Can freiköpfte. Der Nationalspieler schoss überlegt in die rechte Ecke (57.). Sein erstes Heimtor feierte er vor der leeren Südtribüne, die Tormusik dudelte trotzdem.

Eine Rüge für BVB-Profi Jadon Sancho

Erst im Winter wechselte Can für 25 Millionen Euro von Juventus Turin ins Revier. Schon jetzt übernimmt er Verantwortung und könnte nach der Corona-Krise ein wichtiger Faktor werden, um endlich einmal wieder vor den FC Bayern zu krakseln. Auch abseits des Rasens traut sich der 26-Jährige Verantwortung zu nehmen.

Nach der Partie unterstützte er Trainer Favre: „Das ist ein großartiger Trainer, der zu 100 Prozent zum BVB passt. Ich hoffe, dass ich noch mehrere Jahre mit ihm hier arbeiten kann.“ Can rügte Jadon Sancho für den Friseurbesuch in den eigenen Wänden, bei dem die DFL-Hygienevorschriften nicht umfänglich eingehalten wurden: „Bei solchen Sachen muss er einfach schlauer, erwachsener werden.“

Can vertrat diesmal den gelbgesperrten Mats Hummels im Dreierketten-Zentrum. Souverän, sicher. Die zuletzt starken Berliner erzeugten kaum Torgefahr. „Emre hat das sehr gut gemacht“, lobte Favre. „Du brauchst in einer Mannschaft drei, vier Leader, die sagen, man muss es so oder so machen.“

Mats Hummels kehrt beim BVB zurück

Am kommenden Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei Fortuna Düsseldorf wird Hummels in die BVB-Abwehr zurückkehren, Can könnte dann wieder ins Mittelfeld rücken. Bis dahin wird er keinesfalls in eine Friseur-Falle tappen. Denn: „Ich lasse ein bisschen wachsen.“