Essen. Die Bundesligaklubs arbeiten daran, künftig einen Teil der Fans wieder reinzulassen. Doch es gibt Risiken und es stellen sich viele Fragen.

Wer einen Vorgeschmack erhaschen möchte, wie die Bundesliga in diesem Jahr noch aussehen könnte, der sollte nach Ungarn schauen. Dort dürfen trotz der Corona-Krise wieder Fans ins Stadion trudeln, allerdings mit Abstand, drei Sitzplätzen bleiben zwischen jedem Zuschauer verwaist. Eine Maskenpflicht wurde zudem empfohlen.

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Auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) werkelt gerade an einem Plan, der es wieder möglich machen soll, Anhängern den Zugang zu den Spielen zu ermöglichen. Nach den Informationen dieser Redaktion war man beim Ligaverband bislang davon ausgegangen, dass mindestens bis Weihnachten nur Geisterspiele erlaubt sein werden. Doch da in Deutschland derzeit viele Lockerungen durchgesetzt werden, hoffen die Klubs ebenfalls auf Zugeständnisse. In der kommenden Spielzeit, versteht sich, denn bis zum 31. August sind Großveranstaltung ohnehin verboten.

BVB-Sportdirektor Zorc: Wir prüfen alle Optionen

Für die 36 Profiklubs der DFL wäre dies die Chance, doch noch Ticketeinnahmen zu generieren, zudem würde so ein wenig mehr Atmosphäre entstehen, da nicht mehr nur die Kommandos der Spieler und Trainer durch die Arenen dröhnen würden. Allerdings würden sich durch den Teilbetrieb zahlreiche neue Aufgaben und Probleme auftürmen, er birgt Risiken, lukrativ erscheint er den Vereinen trotzdem. Auch in der 3. Liga und der Regionalliga schmiedet man Pläne.

„Wir sollten erstmal froh sein, überhaupt spielen zu dürfen. Aber natürlich beschäftigen wir uns mit allen Optionen. Wir spielen alles durch, besprechen die Dinge dann aber mit der Politik“, erklärt Borussia Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit dieser Redaktion. Eine genaue Zahl, wie viele Fans unter Auflagen wieder ins Stadion könnten, hat der BVB noch nicht ermittelt.

Deutlicher wurde da schon Oliver Kahn, Vorstandsmitglied bei Bayern München. Er sprach von 10.000 bis 11.000 Zuschauern, die in der Münchener Arena den Mindestabstand einhalten könnte. Eigentlich strömen 75.000 Besucher zu den Spielen des Rekordmeisters, wenn keine Pandemie die Welt in Atem hält. „Ich bin ein absoluter Freund davon, früher oder später wieder über Zuschauer nachzudenken, aber nur im Rahmen eines sinnvollen Konzeptes“, meinte Kahn bei Sky.

Denn natürlich wäre es nicht damit getan, dass die Anhänger während der 90 Minuten genügend Luftlinie zwischen sich freilassen. Bei der An- und Abreise müssten die Hygieneregeln ebenfalls eingehalten werden. Gerade beim Einlass knubbeln sich die Leute meistens. Hinzukommen der Verkauf von Getränken und Essen, die sanitären Anlagen – überall muss genügend Abstand gewährleistet werden.

Zudem müssten die Klubs eine Regelung finden, wer überhaupt die begehrten Tickets erhält, Losverfahren sind denkbar. Und wer kümmert sich darum, dass während der Ball rollt, die Fans nicht doch immer enger zusammenrücken? Gerade wenn sich das Spielgeschehen so turbulent entwickelt, dass nur schwer kontrollierbare Emotionen freigesetzt werden, besteht ein Risiko. In Ungarn etwa wurden die Besucher von Minute zu Minute nachlässiger, trotz Mahnungen des Stadionsprechers.

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Am Ende aber hätten in Deutschland wieder die Gesundheitsämter vor Ort das letzte Wort, einige könnten den Vereinen Steine in den Weg legen, andere nicht. Die DFL wird daher auf einer ihrer nächsten Versammlungen besprechen, wie damit umgegangen werden soll, wenn die Voraussetzungen an den verschiedenen Standorten variieren.

RWO plant mit 3000 Besuchern

Noch wichtiger als für die Profiklubs der ersten und zweiten Liga wäre der Teilbetrieb eine oder zwei Etagen tiefer. Die 3. Liga und die Regionalliga leben wesentlich mehr von ihren Zuschauereinnahmen, weil die TV-Einnahmen nicht so sprudeln.

Regionalligist Rot-Weiß Oberhausen plant die kommende Spielzeit daher jetzt schon mit Kontaktbeschränkungen im Stadion Niederrhein. „Wir wollen Geisterspiele nicht akzeptieren, weil wir uns diese Kosten ohne Einnahmen nicht leisten können“, meint Präsident Hajo Sommers. Und: „3000 Zuschauer bekommen wir hin.“ Was dem Schnitt der laufenden Saison entspricht, über deren weiteren Verlauf am 20. Juni beim außerordentlichen Verbandstag des Westdeutscher Fußballverband (WDFV) entschieden werden soll. Alle gehen allerdings von einem Abbruch aus.

Wieder losgehen wird es in der Regionalliga West vermutlich erst wieder im September. Dann wird aller Voraussicht nach auch die kommende Bundesliga-Spielzeit angepfiffen. Dass sich dann wieder fast 25.000 Fans auf der Südtribüne in Dortmund aneinander schmiegen, bleibt unwahrscheinlich. Aber vielleicht stimmt immerhin wieder ein kleiner Teil der Anhänger Gesänge an – mit Abstand natürlich.