Dortmund. . Raphael Guerreiro verzückt auf der linken BVB-Außenbahn mit kunstvollen Auftritten. Fast hätte er Dortmund verlassen - nun überzeugt er.

Es lassen sich in den sozialen Medien einige Videos bestaunen, in denen Raphael Guerreiro beim Training des BVB Kunststücke vorführt. Mal streichelt er den Ball mit der Hacke, mal schlenzt er ihn ins Tor, mal fliegt er für einen Fallrückzieher durch die Luft. Kein Zufall also, dass er beim 4:0-Erfolg im Revierderby gegen Schalke 04 den linken Außenrist ähnlich kunstvoll nutzte, um seinen zweiten Treffer an diesem Nachmittag zu erzielen. Ein Tor, das Zuschauer verdient gehabt hätte, doch aufgrund der Corona-Krise schaute Guerreiro auf die leere Südtribüne, als er nach seinem Schuss auf den Rasen geklatscht war.

Guerreiro hat sich beim BVB zum Leistungsträger entwickelt

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Seine Leistung in der ersten Bundesliga-Partie nach der langen Corona-Pause lieferte weitere Beweise dafür, dass der 26-Jährige mit portugiesischen und französischen Wurzeln einer der feinsten Techniker der Bundesliga ist. Er verleiht dem BVB-Spiel eine Brillanz, die Partien eine andere Wendung geben und dafür sorgen könnte, dass sich die Dortmunder doch noch am vier Punkte enteilten Tabellenführer FC Bayern vorbeischieben. Guerreiro hat sich zu einem Leistungsträger entwickelt, obwohl er sich im vergangenen Sommer fast aus dem Revier verabschiedet hätte. Erst spät entschied er, zu bleiben, verlängerte dann aber sogar seinen Vertrag bis 2023. Nun verzückt der Europameister von 2016 auf der linken Außenbahn – auch gegen Schalke.

„Das war für mich eine Weltklasseleistung, eine glatte 1. Besser kann man diese Position nicht spielen“, sagte Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit dieser Redaktion. „Er hat sich immer wieder super von hinten herausgespielt und hat auch noch zwei Tore geschossen.“

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Vor der Corona-Krise, als sich Journalisten noch in den Kabinentrakt stellen durften, sah man Guerreiro häufig mit seinen beiden Kindern durch die Katakomben laufen. Meist mit einem Lächeln, häufig flachste er mit den Kollegen. Der 1,70 Meter große Fußballer gilt als Spaßvogel. Seine Kollegen berichten gerne, was für ein Clown er sei. Besonders häufig lacht der Außenspieler mit Dan-Axel Zagadou, was natürlich auch an der gemeinsam Sprache (Französisch) liegt.

2016 war ein besonderes Jahr für Guerreiro

Guerreiro ist in Frankreich geboren und aufgewachsen. Seine Mutter ist Französin, sein Vater Portugiese. Lange plante er, für die französische Nationalelf aufzulaufen, doch sein Debüt in der Jugend scheiterte an einer Verletzung. Später überzeugten ihn die Portugiesen, lockten ihn erst in die U21, dann in die A-Elf mit Superstar Cristiano Ronaldo. 2016 sollte daher ein besonderes Jahr für Guerreiro werden, da er im Sommer den EM-Pokal in die Luft heben durfte und anschließend seine Umzugskisten packte, um vom französischen FC Lorient zum BVB zu wechseln.

In Dortmund glänzte Guerreiro zunächst unter dem damaligen Trainer Thomas Tuchel im zentralen Mittelfeld, kämpfte später aber mit Verletzungen. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich, dass Guerreiro nicht gerade den professionellsten Lebensstil pflege, dass seine Verletzungsanfälligkeit auch an seiner ungesunden Ernährung liege. Gerade Pierre-Emerick Aubameyang und Ousmane Dembélé sollen keinen guten Einfluss gehabt haben. Beide haben sich mittlerweile aber weggestreikt. Guerreiro trägt immer noch das BVB-Trikot – und sei gereift, heißt es nun.

BVB-Nationalspieler Schulz schaut nur zu

Er profitiert zusätzlich von der Dreierkette, die Trainer Lucien Favre im Laufe der Saison einführte. Wodurch Guerreiro in der Defensive abgesichert wird, während er die Offensive ankurbeln kann. Sieben Saisontreffer hat er bereits erzielt, drei weitere vorbereitet, eine persönliche Bestmarke. Den derzeit verletzten Nationalspieler Nico Schulz verdrängte er so.

Am Montag hatte der BVB frei, heute trainiert Guerreiro wieder mit seiner Elf. Zeit also, weitere Kunststück auszuprobieren, bevor der BVB am Samstag (15.30 Uhr) beim VfL Wolfsburg wieder auf die Brillanz seines Außenspielers hofft.