Dortmund. BVB-Trainer Lucien Favre muss gegen Frankfurt die Abwehrschwäche in den Griff bekommen. Denn weitere Dämpfer kann er sich nicht leisten.

Es gibt sie noch, die guten Nachrichten bei Borussia Dortmund: Achraf Hakimi ist am Mittwoch Vater geworden, seine Lebensgefährtin Hiba Abouk brachte in Madrid den gemeinsamen Sohn Amín zur Welt. „Alle sind wohlauf“, berichtet BVB-Sportdirektor Michael Zorc am Mittag. Und, was ihn ebenfalls freut: Hakimi soll schon am Donnerstag wieder in Dortmund eintreffen und am Freitag im Bundesligaspiel gegen Eintracht Frankfurt (20.30 Uhr/Dazn) zur Verfügung stehen.

Überhaupt ist die Laune an diesem Mittwoch gut auf dem Trainingsgelände in Brackel. „Viel besser als die Lage“, sagt Zorc und lacht schallend. Die Lage, das sind zwei herbe Dämpfer innerhalb weniger Tage: erst das 2:3-Pokal-Aus bei Werder Bremen, dann die 3:4-Niederlage im Ligaspiel bei Bayer Leverkusen. Seitdem wird der Ton wieder rauer, werden die Fragen schärfer: Wie will Trainer Lucien Favre die eklatanten Abwehrschwächen beheben, wie die Flut an Gegentoren eindämmen? Und ist der Schweizer noch der richtige Mann für den BVB? Zwei Fragen, die untrennbar verbunden sind.

Favres Plan: „Arbeiten, arbeiten, arbeiten“

In der Rückrunde hat Dortmund in fünf Pflichtspielen elf Gegentore kassiert – deutlich zu viele für eine Mannschaft, die Titel gewinnen will. „Wir müssen das definitiv viel besser machen, wir haben zu viele Gegentore gekriegt, das wissen wir“, räumt Favre auch selbst ein. Deutlich weniger klar aber wird er bei der Frage, wie sich das beheben lässt.

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„Wir müssen weiter an dieser Sache arbeiten“, sagt Favre. „Es gibt keine andere Lösung als Arbeit, Arbeit, Arbeit.“

Und wie sieht der genaue Plan aus? „Arbeiten.“

Und wie? „Auf dem Platz. Man kann Videos zeigen, aber die wichtige Arbeit passiert auf dem Platz in verschiedenen Situationen: eins gegen eins, zwei gegen zwei, drei gegen drei oder fünf gegen sechs.“ Favre ist sicher: „Es braucht Zeit, aber es wird peu à peu kommen.“

Die Zahl der Gegentore steigt

Die Zahlen aber sprechen eine andere Sprache. Es werden nicht weniger Gegentore, sondern mehr: In Favres erstem Halbjahr waren es in 17 Ligaspielen 18 Gegentreffern, also 1,06 pro Partie. Bis zum Ende der Saison erhöhte sich dieser Schnitt auf 1,29. Und in der laufenden Spielzeit kassiert der BVB bislang 1,52 Gegentore pro Spiel.

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Auch auf dem Platz fehlen Favre die passenden Antworten. Er hat vieles versucht, hat wechselndes Personal auf- und in der Hinrunde von einer Vierer- auf eine Dreierkette umgestellt. Das brachte kurzzeitig mehr Stabilität, dennoch kassierte die Mannschaft zum Rückrundenstart drei Gegentreffer beim FC Augsburg (5:3) und drei im Pokal in Bremen. In Leverkusen kehrte Favre zur Viererkette zurück – und es waren sogar vier Gegentreffer.

Zorc fordert mehr Abwehr-Bewusstsein

Immer wieder patzen Abwehrspieler eklatant, aber es gibt auch systematische Probleme: Zu groß sind die Räume im Mittelfeld, zu gering der Druck auf den Gegner, zu wenig intensiv das Pressing. „Wir brauchen bei jedem einzelnen Spieler das Bewusstsein, das eigene Tor mehr zu beschützen“, fordert Zorc.

Das zu schärfen ist Aufgabe des Trainers. Am besten schon am Freitag gegen Frankfurt. Bei einer Niederlage droht das Abrutschen in der Tabelle, heraus aus den Champions-League-Rängen. Und wenn dieses wichtigste Saisonziel, die Qualifikation für die Königsklasse, in Gefahr gerät, dann werden die Dortmunder Bosse sehr schnell sehr nervös. Sie brauchen die Einnahmen aus diesem Wettbewerb, und sie brauchen das Prestige für ihre Sponsoren ebenso wie beim Kampf um Spieler.

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Mehr Robustheit gefragt

Nach wie vor sind sie in Dortmund gespalten: Einerseits wollen sie einen Trainerwechsel während der Saison unbedingt vermeiden. Andererseits ist da schon länger die Skepsis, ob der zweifellos gute Trainer Lucien Favre mit seiner vorsichtigen Haltung, mit seinem Credo von der Kontrolle, zu diesem Kader voller offensiver Draufgänger passt. Überdecken kann diese Spaltung nur der gemeinsame Erfolg.

Gegen Frankfurt brauchen die Dortmunder Zauberfüße dazu auch eine robustere Note in ihrem Spiel: Frankfurt ist in der Fair-Play-Tabelle Letzter, Dortmund Erster. „Aber dafür gibt es keine Punkte“, sagt Zorc und fordert, „dass wir neben unseren Stärken das körperbetonte Spiel der Frankfurter annehmen“. Andernfalls würde sich nicht nur die Lage, sondern sicher auch Zorcs Stimmung erheblich verdüstern.