Dortmund. . Borussia Dortmund trifft am Samstag auf den VfL Wolfsburg. Brandt könnte Reus wieder ersetzen. Doch wohin, wenn der Kapitän zurückkehrt?

Das Bild, das so viel aussagt über den eigenen Gemütszustand, veröffentlichte Julian Brandt einen Tag nach dem großen Abend in den sozialen Medien. Es zeigt ihn, den Neuzugang von Borussia Dortmund, wie er sich auf die Knie schmeißt, die Fäuste ballt, den Mund aufreißt. Kurz zuvor hatte er sein bislang wichtigstes Tor im BVB-Trikot geköpft, den 2:1-Siegtreffer im Pokal gegen Borussia Mönchengladbach, nun mussten die ganzen Emotionen nach den rumpligen ersten Monaten im Revier herausgeschrien werden. Endlich angekommen. Oder?

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Im Grunde zeigt die Personaldiskussion vor dem wichtigen Bundesliga-Heimspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den Tabellenvierten VfL Wolfsburg, bei dem Julian Brandt einige Jahre in der Jugend reifte, dass die Situation für den 23-Jährigen in seiner neuen Heimat kompliziert bleibt. Denn gegen Wolfsburg könnte Marco Reus (Muskelprobleme) zurückkehren und damit Brandt wieder den Platz im Zentrum verbauen, den dieser gegen Gladbach am Ende auf beeindruckende Art und Weise genutzt hatte.

Immer noch fehlt die Position für den Pokalhelden.

Brandt selbst ließ jedenfalls noch am Mittwochabend im Dortmunder Stadion durchblicken, dass er das Spiel gerne weiterhin im Zentrum ordnen würde und am liebsten sowieso mit Reus gemeinsam auf dem Rasen wirbeln möchte. „Das kann ich jedoch nicht beeinflussen, weil ich nicht der Trainer bin. “

Im Zweifel auf die BVB-Bank

Der rückt derzeit nicht von seinem angestammten 4-2-3-1-System ab. Lucien Favre befürchtet große Löcher im Zentrum, wenn er Brandt und Reus gemeinsam auf den Rasen schicken würde. Im Zweifel setzt er Brandt daher lieber auf die Bank, was das Selbstbewusstsein des Neuzugangs nicht gerade stärkt.

Dabei bezeichneten nicht wenige den Kauf als „Königstransfer“, als sich Borussia Dortmund Julian Brandt im Sommer per Ausstiegsklausel für 25 Millionen Euro von Bayer Leverkusen schnappte. Der Offensivspieler verfügt über Fähigkeiten, mit denen er die Zukunft prägen könnte. Beim BVB. Und in der Nationalmannschaft. Hinzukommt seine erfrischende Art. Brandt spricht nach einem Spiel so, wie junge Menschen nun mal sprechen. Was im Vergleich zu den oft hölzernen Aussagen in der Branche aber nun mal außergewöhnlich offen wirkt. Längst haben sie dies auch im Klub erkannt und stellen Brandt gerne vor die vereinseigene Kamera. Nur konnte die Lockerheit neben dem Platz nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie während der 90 Minuten häufig fehlte. Selbst gegen Gladbach stolperte Brandt zunächst mehr, anstatt zu glänzen.

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Aber: „Er hat nach der einen oder anderen unglücklichen Situationen sein Selbstbewusstsein beihalten und unser Spiel gedreht“, erklärt Sportdirektor Michael Zorc im Gespräch mit dieser Redaktion. Ihn habe es gefreut, Brandt so jubeln zu sehen. Nach den schwierigen Wochen. Nach der immer lauter werdenden Kritik. „Mir werden diese negativen Urteile heute im Zeitalter von Social Media viel zu schnell und zu hart gefällt“, erklärt Zorc. Denn: „Erinnern wir uns doch alle mal an das erste BVB-Jahr von – beispielsweise – Robert Lewandowski und Ilkay Gündogan zurück. Sie haben auch eine Eingewöhnungszeit benötigt und sind zu Weltklassespielern gereift.“

Eigentlich wird Brandt die gesteigerte Erwartungshaltung zum Verhängnis, die er selbst (wenn auch unfreiwillig) mit ausgelöst hat. Denn die Millionentransfers im Sommer gepaart mit dem ausgerufenen Ziel „Deutsche Meisterschaft“ sorgen in dieser Spielzeit für ein dünneres Nervenkostüm im Umfeld der Revierstadt.

Deswegen hat der Pokalsieg über Gladbach die ausgeheizte Stimmung auch nur etwas abgekühlt. Ein Rückschlag heute gegen Wolfsburg würde die Kritik neu entfachen. Neben Reus hofft Trainer Favre daher auf die Rückkehr von Mats Hummels (Magen-Darm) und Roman Bürki, der nach seiner Erkrankung wohl wieder das Tor hütet.

BVB-Profi Brandt: warm anziehen, Tee trinken

Julian Brandt fehlte bislang noch nicht verschupft. „Ich habe ein gutes Immunsystem“, meinte er. Außerdem müsse man sich bei dem kalten Wetter warm anziehen, „viel Tee trinken und viel schlafen“, sagte Brandt, lachte.

Ob er nun angekommen oder nicht, seine Lockerheit hat er nicht verloren.