Dortmund. Stürmer Paco Alcácer trifft mit Borussia Dortmund am Dienstagabend in der Champions League auf den FC Barcelona - seinen Ex-Klub.

Wild sprang der Mann in der gelben Jacke hin und her, zappelte nach links, zappelte nach rechts, und überschüttete seinen Nebenmann mit einem langgezogenen Wortschwall. Borussia Dortmunds Offensivspieler Jadon Sancho war erkennbar aufgedreht im Abschlusstraining einen Tag vor dem Champions-League-Spiel gegen den FC Barcelona (21 Uhr/Sky). Paco Alcácer, Ziel des Sancho’schen Redeschwalls, ließ es mit stoischer Ruhe über sich ergehen.

BVB-Kapitän Reus über Paco Alcácer: "Er ist die Ruhe selbst"

Die Szene bestätigte den Eindruck, den Marco Reus zuvor übermittelt hatte: „Er ist einfach die Ruhe selbst“, berichtete der BVB-Kapitän über den spanischen Torjäger. Dabei ist dieses Spiel kann ganz gewöhnlicher Termin für Alcácer. Es ist eine Begegnung mit der Vergangenheit. Und es ist die Chance, einiges gerade zu rücken. Denn in Barcelona erlebte er einst einen veritablen Karriereknick – und brennt nun darauf, den Verantwortlichen zu zeigen, dass sie sich doch geirrt haben in ihm.

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2016 heuerte er als vielversprechender Torjäger und Nationalspieler an, beim FC Valencia hatten sie ihn schon als jungen Spieler zum Kapitän gemacht. In Barcelona aber wurden ihm andere vorgezogen: Lionel Messi natürlich, der auch am Montag deutlich mehr Aufmerksamkeit auf sich zog, weil er nach seiner Verletzungspause erstmals in dieser Saison im Kader stehen wird. Hinzu kamen Kaliber wie Luis Suarez und Philippe Coutinho. Für Alcácer war da nur selten Platz: In zwei Jahren kam er zwar auf 50 Einsätze, die aber dauerten selten besonders lange.

Und deswegen wollte er sich dann im Sommer 2018 verändern, kam gegen Ende der Transferperiode auf den Markt. BVB-Sportdirektor Michael Zorc war sofort elektrisiert, lotste den Spanier erst leihweise ins Ruhrgebiet – zog aber nach wenigen Monaten schon die Kaufoption. 23 Millionen Euro kostete der Stürmer insgesamt, was schon jetzt als eines der besseren von vielen guten Geschäften gelten darf, die Zorc im Laufe der Jahre getätigt hat.

Paco Alcácer erzielte in 30 Bundesligaspielen 23 Tore

Alcácers Quote zumindest spricht für sich: In insgesamt 30 Bundesligaspielen bislang hat Alcácer 23 Tore erzielt – so gut war bislang nur der Ex-Bayer Roy Makaay vor 16 Jahren in die Bundesliga gestartet. Und doch blieben nach seiner ersten Saison Zweifel: Nach Jahren auf der Ersatzbank Barcelonas fehlte dem Angreifer die Fitness. Zu oft war er verletzt, zu selten hielt er über 90 Minuten durch, sodass ihm Mario Götze zeitweise den Rang als Mittelstürmer Nummer eins ablief. Doch in diesem Sommer präsentierte sich ein neuer Alcácer: Er habe einige Kilo abgenommen und sei fit wie noch nie in seiner Zeit in Dortmund, hieß es hinter vorgehaltener Hand.

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Und tatsächlich scheint der Stürmer nun, in seiner zweiten Saison in Dortmund, seine Bestform zu erreichen. Ob in der Bundesliga, im DFB-Pokal, im Supercup oder in der EM-Qualifikation mit der spanischen Nationalmannschaft: In bislang jedem Pflichtspiel hat der 26-Jährige getroffen. Fünf Tore in den ersten vier Bundesligaspielen haben bislang nur die Klublegende Lothar Emmerich (1967/68) und Pierre-Emerick Aubameyang (2015/16) geschossen. „Das kann sein“, antwortete er jüngst der Zeitung „Sport“ auf die Frage, ob er derzeit die beste Phase seiner Karriere erlebt. „Die Zahlen sprechen dafür.“

Nur zwei Paco-Alcácer-Tore in der Champions League

Doch längst sind es mehr als die nackten Zahlen, mit denen der Spanier überzeugt – sondern auch mit Aktionen, die in keiner Statistik auftauchen. Zum Beispiel beim 4:0 gegen Leverkusen. Das 1:0 schoss er auf die bekannte Paco-Alcácer-Art: Bei einer Flanke aus dem Halbfeld startete er genau im richtigen Moment in den Rücken der Abwehr und schoss per Volley sicher ein. Beim 2:0 war er entscheidender Wegbereiter, als er Jadon Sanchos Pass für den besser postierten Reus passieren ließ. „Da merkt man, dass er auf dem Platz ziemlich intelligent ist“, schwärmt der Kapitän über den Torjäger. „Er weiß immer, wo sein Nebenmann ist und in welcher Situation er sich besser zurückhalten sollte. Und er ist natürlich ein eiskalter Torjäger, der nicht viele Chancen braucht.“

Aber: Es gibt da diese eine Statistik, die nicht ganz passt zum Bild vom perfekten Torjäger. Etwas über 1000 Minuten hat er bislang in der Champions League gespielt und dabei nur zwei Treffer erzielt. Diese Quote gilt es zu verbessern gegen die alten Kollegen. „Er freut sich natürlich auf das Spiel, weil er in Barcelona schöne Jahre verbracht hat, obwohl es mit Einsatzminuten etwas gehapert hat“, berichtet Reus. „Für ihn wird es trotzdem ein schönes Erlebnis – und ich hoffe, er kann uns helfen.“

Alcácer selbst gibt sich auch vor diesem Spiel gewohnt wortkarg, spricht kaum mit Journalisten. Eine Ausnahme machte er vor ein paar Tagen für „Radio Cadena SER Catalunya“, meinte über die Zeit in Barcelona: „Die Spieler haben sich sehr gut benommen, die Fans meist auch, obwohl mich ein Teil schlecht behandelt hat“, sagte er da. „Die sich sehr gut benahmen, haben meinen Respekt verdient.“

Barca-Trainer Valverde: "Er ist ein großartiger Spieler"

Respekt in der Heimat hat auch er sich in der Fremde erarbeitet. „Er ist ein großartiger Spieler, das wissen wir“, sagt Barca-Trainer Ernesto Valverde, der ein Jahr mit ihm zusammenarbeitete. „Wir kennen ihn gut, das ist vielleicht ein kleiner Vorteil für uns.“ Wenn es aber nach Alcácer geht, wird ihn sein Ex-Trainer am Dienstag noch einmal ganz neu kennenlernen.