Köln. Der BVB hat das Auswärtsspiel beim 1. FC Köln in der letzten halben Stunde gedreht. Entscheidender Mann war der eingewechselte Julian Brandt.

Dem Mann des Abends war es erkennbar unangenehm, über sich selbst zu sprechen. Julian Brandt hatte gerade einen großen Anteil gehabt, dass Borussia Dortmund das Bundesliga-Auswärtsspiel beim Aufsteiger 1. FC Köln mit 3:1 (0:1) gewonnen hatte. Als er nach etwa einer Stunde eingewechselt wurde, lag der BVB 0:1 zurück und hatte erst eine wirklich ernsthafte Torchance gegen die forschen Kölner erspielt.

Als 30 Minuten später der Abpfiff ertönte, hatte der BVB drei Tore erzielt – weil Brandt die Partie in die gewünschte Richtung hatte kippen lassen. „Dafür sitzen wir ja auf der Bank, dass wir nachlegen können, wenn es drauf ankommt“, meinte Brandt nun. „Das war ja nicht nur ich, Achraf Hakimi hat das 2:1 gemacht, das spricht für ihn. Und auch Jacob Bruun Larsen hat nochmal Gas gegeben.“

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Das später vor allem die Einwechselspieler gelobt wurden, lag auch daran, dass die Dortmunder Startelf in Köln über weite Strecken kollektiv enttäuscht hatte. Wie zuvor angekündigt, ließ FC-Trainer Achim Beierlorzer seine Spieler aggressiv attackieren, schon am eigenen Strafraum wurden die BVB-Profis angelaufen. Vorbereitet hatten sich die BVB-Spieler darauf, das versicherten sie später glaubhaft. „Aber wir haben die vorbereiteten Lösungen dann nicht ausgespielt“, kritisierte Kapitän Marco Reus. „Und wenn wir sie gespielt haben, war es ein Fehlpass oder ein Rückpass zum Torwart. Damit ist das Selbstvertrauen natürlich nicht gestiegen und wir haben eher den sicheren Ball gespielt.“

Eigentlich sah das Konzept vor, aus der Abwehr schnell ins Mittelfeld zu spielen und dann die aufgerückten Außenverteidiger einzusetzen, weil Köln mit seiner Draufgänger-Verteidigung zwangsläufig Lücken auf den Flügeln ließ. Das aber klappte nicht, weil die Mittelfeldspieler des Aufsteigers die Abteilung Spielaufbau um Axel Witsel, Julian Weigl und Mats Hummels permanent unter Druck setzte und nie ungestört spielen ließ.

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„Ich habe ein sehr gutes Spiel meiner Mannschaft gesehen“, lobte Beierlorzer – und da ging es ihm wie den übrigen 50.000 Zuschauern. Köln hatte die ersten Chancen durch das Sturmduo Anthony Modeste und Jhon Cordoba und Köln ging auch verdient in Führung: Einen Eckball von Birger Verstraete verlängerte Ellyes Skhiri mit dem Kopf – und am langen Pfosten drückte der erstaunlich freistehende Dominick Drexler den Ball über die Linie (29.).

Es war ein Gegentreffer, der die Dortmunder spürbar verunsicherte. Einfachste Aktionen misslangen und der sonst so souveräne Torhüter Roman Bürki, der nach Verletzungspause sein erstes Saisonspiel machte, hätte ich fast ein Eigentor eingehandelt, als er gegen Cordoba ins Dribbling ging.

Aber da saß ja noch Brandt auf der Ersatzbank, im Sommer für 25 Millionen Euro von Bayer Leverkusen gekommen. Er kam nach 61 Minuten und postierte sich neben Reus als eher offensiver Mittelfeldspieler. Und er zeigte, warum der BVB viel Geld für ihn in die Hand nahm. Er fand die Räume zwischen den Kölner Ketten, die seine Kollegen so lange vergeblich gesucht hatten. Gleich nach seiner Einwechslung bereitete er eine Großchance für Marco Reus vor. Am 1:1 war er zwar nicht beteiligt, da nutzte Jadon Sacho nach einem kurz ausgeführten Eckball die erste Unachtsamkeit der gegnerischen Defensive und schlenzte den Ball ins lange Eck (70.). Nun drückte Dortmund und Köln kam nur noch selten zur Entfaltung. Die Konsequenz: Brandt passte, Lukasz Piszczek flankte – und Hakimi köpfte zum 2:1 ein (86.). Und in der Nachspielzeit schloss Paco Alcácer einen Konter noch zum 3:1 ab (90.+4).

BVB muss zu Aufsteiger Union Berlin

„Wir haben jetzt sechs Punkte aus zwei Spielen, das ist ein guter Start“, sagte Reus. „Aber spielerisch ist noch Luft nach oben.“ Und nicht nur das: „Wir müssen hart arbeiten, wir müssen immer zu 100 Prozent da sein, wir müssen den Kampf annehmen“, forderte er. „Nur spielerisch wird es nicht gehen.“ Denn am kommenden Samstag geht es wieder zu einem Aufsteiger mit fanatischem und lautstarkem Anhang, nämlich zu Union Berlin. „Da erwartet uns dasselbe“, kündigte Reus an. „Und da haben wir dann hoffentlich bessere Lösungen.“