Bern. Der Schweizer Stéphane Chapuisat wurde von den BVB-Fans in die Jahrhundertelf gewählt. Heute arbeitet er bei den Young Boys Bern.
Der frühere Bundesliga-Trainer und -Manager Felix Magath hat bekanntlich einige interessante Transfers getätigt. Eine seiner größten Entdeckungen machte er 1991. Damals verpflichtete er als Manager des Bundesligisten Bayer 05 Uerdingen den damals noch weitgehend unbekannten 22-Jährigen Stéphane Chapuisat vom FC Lausanne-Sport. Pech für die Krefelder: Der Stürmer verletzte sich gleich bei einem Hallenturnier in Essen. Als er zurückkam, stand Bayer als Absteiger fest. Doch er traf viermal in nur zehn Spielen. BVB- Trainer Ottmar Hitzfeld war so beeindruckt von Chapuisats Torriecher, dass er ihn gleich nach Dortmund lockte.
An diesem Freitag wird Chapuisat, von den meisten nur „Chappi“ gerufen, runde 50. Wer ihn spielen sah, der schwärmt noch immer: Vor dem Tor agierte er trickreich und eiskalt. In 228 Bundesliga-Spielen schoss er 106 Tore und gab 53 Vorlagen. 2009 wählten ihn die BVB-Fans anlässlich des 100-jährigen Vereinsjubiläums in die Dortmunder Jahrhundertelf. Beliebt war er aber vor allem auch aufgrund seiner bescheidenen, ruhigen Art - und weil er sich voll mit Schwarz-Gelb identifizierte: „Ich habe mich in Dortmund stets sehr wohlgefühlt“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion und erinnert sich: „Es gab im Verlauf der Jahre beim BVB immer mal wieder Anfragen. Ein Wechsel zu einem direkten Konkurrenten wie dem FC Bayern kam für mich aber nie in Frage.“
Erinnerungen an Champions-League-Sieg
Den heutigen 50. Geburtstag feiert der Chefscout von Young Boys Bern in Murten, einer kleinen idyllischen Schweizer Gemeinde. „Ich werde zusammen mit meiner Familie und meinen Freunden feiern, aber nicht im großen Rahmen", erzählt er. Zum Verschnaufen bleibt ihm kaum Zeit. Der frühere Young-Boys-Spieler, der auch als Offensivtrainer für die U19 des Verein tätig ist, hält in der Transferphase nach Rohdiamanten Ausschau. Die sollen dem Verein hohe Ablösen einbringen. Wie zuletzt Rechtsverteidiger Kevin Mbabu, der für 9,20 Millionen Euro zum VfL Wolfsburg geht, oder der in diesen Tagen nach Frankfurt wechselnde Djibril Sow, laut Chapuisat ein Spieler „mit Riesenpotenzial, schnell und vor allem laufstark“.
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In ein paar ruhigen Minuten wird der Fifa-Botschafter für SOS-Kinderdörfer aber auch an seine größten Erfolge zurückdenken - zum Beispiel an die WM-Qualifikation mit der Schweiz 1994 und natürlich auch den Gewinn der Champions League mit Borussia Dortmund 1997. „Dieser Sieg war deshalb so speziell, weil er aus dem Nichts kam. Wir waren die krassen Außenseiter“, sagt er. Den Weg ins Finale ebnete er mit einer Fallrückzieher-Vorlage zum Kopfballtor von Kalle Riedle im Halbfinalrückspiel gegen den AJ Auxerre (0:1, 3:1 n.V.). Ottmar Hitzfeld sagte mal über seinen Lieblingsspieler, dass er heute 150 Millionen Euro wert wäre. Die Komplimente gibt der Schweizer gerne zurück, er ist voll des Lobes über seinen früheren Trainer: „Ottmar war sehr menschlich und holte aus jedem Spieler das Maximale heraus. Er war früher selber Torjäger und wusste, wie man Stürmern Selbstvertrauen einimpft.“
Chapuisat: "Die Fernsehbilder sahen brutaler aus"
Zu der Zeit fanden die Spiele zwischen den Bayern und dem BVB auf absoluter Augenhöhe statt. Unvergessen bleibt „Chappis“ Verlängerungs-Tor zum 1:0 (Hinspiel 0:0) im Champions League-Viertelfinale 1998 gegen die Münchener. Zwischen den Rivalen ging es immer heiß her: Im April 1999 sprang der frühere Bayern-Torhüter Oliver Kahn dem Dortmunder beim 2:2 im Westfalenstadion mit einem Kung-Fu-Tritt entgegen. „Die Fernsehbilder sahen brutaler aus, als es wirklich war", sagt Chapuisat im Rückblick.
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Eine Szene, an der er gar nicht beteiligt war, sorgt allerdings noch heute dafür, dass der aktuelle BVB-Trainer Lucien Favre nur verhalten euphorisch auf den Namen Chapuisat reagiert. 1985 foulte Stéphane Chapuisats Vater Pierre-Albert im Trikot von Vevey-Sports den Servette-Genf-Profi Favre folgenschwer und wurde wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Für Stéphane Chapuisat ist die Geschichte inzwischen abgehakt: „Wir haben ein ganz normales Verhältnis. Ich habe ja danach noch zweimal in der Nationalmannschaft mit Lucien zusammengespielt. Dabei hatte ich nie das Gefühl, dass er ein Problem mit mir gehabt hätte. Er ist ein großartiger Trainer.“
"Chappi" verfolgt, was sich in Dortmund tut
Im Titel-Endspurt der vergangenen Saison habe der Favre-Elf „vielleicht ein wenig Erfahrung“ gefehlt, meint „Chappi“, der noch genau verfolgt, was sich in Dortmund tut. Die Transfers machen dem früheren Top-Stürmer Hoffnung, über Mats Hummels sagt er: „Solche Spieler braucht man, um Erfolg zu haben.“ Sein Ausblick ist optimistisch: „In der kommenden Saison könnte es endlich wieder mit dem Titel klappen.“
Und wie sehen zum 50. Geburtstag seine persönlichen Wünsche für die Zukunft aus? "Einfach nur weiter gesund bleiben“, sagt Stéphane Chapuisat. „Das ist das Wichtigste."