Dortmund. Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke gibt die Meisterschaft als Ziel aus. Der BVB untermauert dies fast zeitgleich mit beachtlichen Transfers.

Borussia Dortmund drängt auf den Bildschirm: Im August erscheint eine Dokumentation, für die sich Spieler, Trainer und Verantwortliche des Klubs monatelang eng begleiten ließen. Die Serie ist weitgehend abgedreht – und doch wirkte der Dienstag fast filmreif inszeniert. Als habe es ein Regisseur darauf angelegt, Worte und Ereignisse so zu verbinden, dass sie maximale Aussagekraft erzielen.

Am Morgen war es zunächst Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der eine Botschaft platzierte: „Wir werden ambitionierter auftreten“, kündigte der BVB-Geschäftsführer an. In die kommende Saison geht es mit dem Ziel, „dass wir wieder versuchen werden, um die Deutsche Meisterschaft zu spielen, ohne Wenn und Aber.“

Flankiert wurden seine Worte von einer Transfermeldung: Wie bereits berichtet, kommt Nationalspieler Nico Schulz von der TSG Hoffenheim. Der Linksverteidiger kostet nach Informationen dieser Zeitung 25 Millionen Euro Ablöse, mit allen erdenklichen Boni bleibt die Summe deutlich unter 30 Millionen.

Am Abend sickerte dann durch, dass sich auch der von vielen Top-Klubs umworbene Offensivspieler Julian Brandt für Dortmund entschieden hat, dass er die Ausstiegsklausel über 25 Millionen Euro ziehen wird, die in seinem Vertrag mit Bayer Leverkusen verankert ist. Und auch in Sachen Thorgan Hazard wird in Kürze eine Vollzugsmeldung erwartet, der Transfer ist im Wesentlichen ausverhandelt. 25 Millionen Euro fließen an Borussia Mönchengladbach.

BVB-Abkehr vom Understatement

Drei Hochkaräter für nur zehn Millionen Euro mehr, als er für Christian Pulisic bekommt – deutlicher hätte der BVB die Abkehr vom gewohnten westfälischen Understatement kaum untermauern können. Nicht nur in den schwierigen Jahren nach der Beinahe-Insolvenz 2005, auch in der jüngeren Vergangenheit hatte das Ziel ja stets gelautet: Qualifikation für die Champions League, idealerweise auf Rang zwei. Selbst als es im vergangenen Herbst neun und in der Winterpause noch sieben Punkte Vorsprung auf Rang zwei waren, blieb der Klub seiner defensiven Haltung treu. Erst als im März der komplette Vorsprung verspielt war, wurde der Ton forscher, wurde der Titel öffentlich als Ziel ausgerufen. Zu spät?

„Mit dem Wissen von heute hätten wir vielleicht nach dem Sieg bei RB Leipzig etwas offensiver auftreten sollen“, meinte Watzke – also nach dem 1:0 zum Auftakt der Rückrunde. „Aber davon müssen alle überzeugt sein.“ Und Watzke war sich seiner Sache noch nicht sicher, erst recht nicht der zauderhafte Trainer Lucien Favre. Sie wussten nicht so recht, wie die recht frisch zusammengestellte Mannschaft mit dem zusätzlichen Druck umgehen würde. Nun aber, im Zuge der Saisonanalysen mit den Klubgremien am Montag und der sportlichen Abteilung am Dienstag, wagt der BVB-Boss den Kurswechsel.

Natürlich geht es dabei auch und vor allem um eine Botschaft nach innen: Das ambitionierte Ziel soll die Sinne schärfen, erhöhen und eine größere Verbindlichkeit schaffen. Wer in Zukunft etwa zu spät zum Training erscheint, wird schnell die Frage beantworten müssen, ob er es wirklich ernst meint mit der Meisterschaft. Vielleicht lassen sich so ja ein paar zusätzliche Prozent Leistung herauskitzeln und in zusätzliche Punkte übertragen. „Es ist ein Experiment“, sagt Watzke. Ausgang ungewiss.

Mehr BVB-Korsos erwünscht

Der Impuls dazu kam dem BVB-Boss, als er nach dem letzten Saisonspiel schlaflos im Bett lag, als er sich erinnerte, wie er kurz zuvor an einigen Schildern vorbeigefahren war, die auf die Straßensperrungen für den Fall eines Meister-Korsos hinwiesen. Da ging ihm auf, dass man in den vergangenen neun Spielzeiten achtmal einen Korso geplant hatte, achtmal also im letzten Saisonspiel noch die Chance auf einen Titel hatte – eine beachtliche Bilanz. Aber: Realisiert wurden nur drei Korsos. Künftig dürfen es gerne ein paar mehr sein.