Dortmund. Dortmunds Mittelfeldspieler muss bei RB Leipzig in der Abwehr aushelfen. Es ist eine neue Chance – im Mittelfeld spielt Weigl kaum noch

Die Schlussphase der Vorbereitung begann für Julian Weigl eher unangenehm: Weil er sein Auto am Trainingsgelände abgestellt hatte, ohne es abzuschließen, räumten ihm die Kollegen den Wagen leer und verteilten seine Sachen anschließend auf dem Parkplatz. Der 23-Jährige musste erst einmal aufräumen.

Eine kniffelige Aufgabe auf ungewohntem Terrain

Auch am Samstagabend steht Weigl eine Aufgabe ins Haus, um die man ihn nicht zwingend beneiden muss: Im Spiel bei RB Leipzig (18.30 Uhr/Sky) muss er Timo Werner stoppen, den mit elf Saisontoren derzeit besten deutschen Torjäger der Bundesliga. „Das ist ein sehr gefährlicher Stürmer“, sagt BVB-Trainer Lucien Favre. Außerdem sei Leipzig auch sehr gut bei langen Bällen auf Yussuf Poulsen, Werners Nebenmann. Kurz: Weigl steht vor einer kniffligen Aufgabe – und das auf ungewohntem Terrain.

Denn das Stoppen gegnerischer Stürmer gehört eigentlich nicht zu seinen Kernaufgaben, eigentlich ist Weigl gelernter Mittelfeldspieler. Weil aber Manuel Akanji (Hüftprobleme) und Dan-Axel Zagadou (Aufbautraining nach Fußstauchung) sicher fehlen, weil Abdou Diallo noch nicht lange wieder voll trainiert und jetzt auch noch Ömer Toprak mit einer Muskelverletzung auszufallen droht, gehen dem BVB die Innenverteidiger aus.

Favre lobt Weigl als Verteidiger

Also muss Weigl übernehmen, der diese Position bereits im letzten Hinrundenspiel gegen Borussia Mönchengladbach (2:1) innehatte und auch den größten Teil der Vorbereitung im Abwehrzentrum trainierte – zur Zufriedenheit seines Vorgesetzten: „Julian war sehr gut“, lobte Favre, nachdem das letzte Testspiel gegen den niederländischen Erstligisten Feyenoord Rotterdam mit 2:1 gewonnen war.

Und gegen Leipzig gibt es jetzt die erneute Chance auf neuer Position. Denn in seinem angestammten Arbeitsbereich im zentralen Mittelfeld spielt Weigl fast keine Rolle mehr. Der Mann, der einst einen raketenhaften Aufstieg in Dortmund hinlegte, hat einen gewaltigen Abstieg hinter sich.

2016 fuhr Weigl noch zur EM

2015 kam er für nur 2,5 Millionen Euro vom Zweitligisten 1860 München, wurde unter dem damaligen Stammspieler Thomas Tuchel zum Leistungsträger und Nationalspieler, fuhr 2016 mit zur Europameisterschaft nach Frankreich.

Doch 2017 brach er sich das Sprunggelenk, die erste schwere Verletzung. Wenig später musste Tuchel gehen. Es kam Peter Bosz. Weigl fremdelte mit dem neuen System des Niederländers, fand auch unter Bosz-Nachfolger Peter Stöger nicht zu alter Stärke. Schließlich wurde er in diesem Sommer von einer Schambeinverletzung in der Vorbereitung ausgebremst – und spielt unter Favre kaum eine Rolle. Nur neun Pflichtspiele über 649 Minuten stehen in der Hinrundenbilanz, weil beim BVB die Konkurrenz im Mittelfeldzen­trum durch die Neuzugänge Thomas Delaney und Axel Witsel hochkarätig ist wie nie. Weigl darf nur ran, wenn Witsel geschont wird.

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Ein Abschied noch in diesem Winter ist derzeit dennoch kein Thema: Weigl könnte sich zwar durchaus vorstellen, dem hartnäckigen Werben von Tuchel nachzugeben, der inzwischen Paris Saint-Germain trainiert. Doch BVB-Sportdirektor Michael Zorc blockt bisher energisch ab. Der 23-Jährige wird gebraucht, als Ersatzmann für Witsel – oder, wie jetzt, als Abwehr-Notnagel gegen Werner. Der hat noch nie gegen Dortmund getroffen. Und Weigl muss nun dafür sorgen, dass das so bleibt.